Messianische Christologie (1)
Teil 3
Eine Studie der hebräischen Prophetie über das
erste Kommen des Messias
3. Teil
Dr. Arnold G. Fruchtenbaum FUNDAMETNUM /2000 /1
Messianische Christologie (1) Teil 3
Eine Studie der hebräischen Prophetie über das erste Kommen des
Messias
3. Teil
Dr. Arnold G. Fruchtenbaum FUNDAMETNUM /2000
Jeremia 23, 5-6 - Der Messias als König
Jer 23,5 Siehe, Tage kommen, spricht Jehova, da ich dem David einen
gerechten Spross erwecken werde;
und er wird als König regieren und verständig handeln, und Recht und
Gerechtigkeit üben im Lande.
Jer 23,6 In seinen Tagen wird Juda gerettet werden und Israel in
Sicherheit wohnen;
und dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird: Jehova,
unsere Gerechtigkeit (2)
Diese Verse befassen sich vor allem mit dem zweiten Kommen des Messias,
aber sie enthalten einen Aspekt, welcher auch auf das erste Kommen
hindeutet.
Vers 5 spricht von einem Mann, der ein Sohn Davids sein
wird, der regieren und als König herrschen wird.
Die Königsherrschaft des Messias ist erst im Anzug, aber dieser
Vers spricht klar vom Messias als von einem Nachkommen Davids
und hebt sein Menschsein hervor,
in Vers 6 dagegen wird diesem Mann ein Name gegeben, der Gott allein
zusteht: Jahwe. In modernen Übersetzungen steht meistens HERR, wenn
im Hebräischen die vier Buchstaben JHWH stehen,
die man Jahwe liest (Hebräisch: mn\ von rechts nach links sind es die
Buchstaben jod, he, waw, he).
In allen hebräischen Schriften [das AT] wird der göttliche Name JHWH nur
für Gott allein verwendet,
und doch wird dem Mann, von dem Vers 5 spricht, in Vers 6 eindeutig der
Name von Gott gegeben.
Diese Tatsache stellt uns wieder vor die klare Auffassung vom Messias
als
Gott Mensch.
___________________________
( 1)
Der folgende Beitrag wurde von der Redaktion aus dem Englischen
übersetzt.
Der erste Teil dieser Ausführungen erschien in FUNDAMENTUM 2/1997,
der zweite Teil in 3/1998.
Vorliegender 3. Teil rundet die Ausführungen zu den messianischen
Aussagen in den prophetischen Büchern ab.
Eine Fortsetzung dieser Reihe wird sich in loser Folge anschliessen
(2)
Wenn nicht anders vermerkt, werden die Bibelverse gemäss der
Elberfelder 1905/27 wiedergegeben.
Eines der Argumente des rabbinischen Judentums, um diese Lehre zu
widerlegen, ist, dass es durch die Bibel hindurch Beispiele von Namen
gibt, welche den Namen Gottes enthalten. So zum Beispiel bedeutet
der Name
Jeremia «Jahwe wird gründen» oder
«Jahwe wird stürzen».
Ein weiteres Beispiel Ist der Name
Jesaja: «Jahwe ist Rettung».
Und so gibt es viele andere Namen, welche «Jahwe» enthalten.
Wir müssen uns jedoch
bewusst werden, dass in keinem dieser Fälle alle vier Buchstaben
JHWH gefunden werden können. Normalerweise werden nur zwei
Buchstaben
gebraucht, manchmal drei, aber nirgends alle vier für den Namen
Gottes, wo er in Beziehung zu einem menschlichen Wesen steht. Trotzdem
spricht Jer 23, 5 klar von einem Mann, einem menschlichen Nachkommen
des Königs David, und in 23, 6 ist ihm ein Name gegeben, welcher
einzig und allein der Name für Gott ist.
Dies ist etwas, welches in der Tat nicht von den alten Rabbinern
diskutiert
wurde, welche diesen Schriftabschnitt immer als messianisch betrachtet
haben. Es ist erst später geschehen, dass Rabbiner versuchten, auf
andere
Weise zu argumentieren. Vier Zitate von rabbinischen Schriften können
hier aufgezeichnet werden.
In dem Midrasch zu Spr 19, 21 (etwa 200 - 500 n. Chr.) steht:
Rabbi Hunah sagt: «Acht Namen werden dem Messias gegeben.
Diese heissen
Yinnon,
Shiloh,
David,
Menachem,
JHWH,
unsere Gerechtigkeit,
Tsemach,
Elias.»
Der fünfte der aufgelisteten Namen ist Jahwe,
der Name Gottes, und dieser basiert auf den Worten aus Jer 23, 6.
Der siebente Name ist Tsemach (oder Zweig), und dieser basiert auf Jer
23, 5.
In dem Midrasch zu Klagelieder 1,16 steht:
Welches ist der Name des Messias? Rav Ava ben Kahanna sagt: «JHWH ist
sein Name»,
und das wird nachgewiesen durch das «dies wird sein Name sein»
aus Jer 23, 6.
Im Talmud (Babha Bathra Tractate 75b) steht:
Shmuel ben Nachman sagt im Namen des Rabbi Johanan: «Drei werden
nach dem Namen des Heiligen, gebenedeiet sei er, benannt, und zwar:
die Frommen, der Messias ... denn es heisst: Und dies wird sein Name
sein mit dem man ihn benennen wird: Der HERR ist unsere Gerechtigkeit
(Jer 23, 6)...»
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Vgl. Lazarus Goldschmidt (Hrsg.), Der Babylonische Talmud, Bd. VI, S.
1142, Leipzig:
Otto Harrassowitz, 1906.
In dem Midrasch zu Ps 21,1 steht:
«Gott nennt den Messiaskönig mit seinem eigenen Namen, aber wie lautet
sein Name? Die Antwort lautet; 'JHWH ist ein Kriegsmann', und betreffs
des Messias lesen wir: 'JHWH unsere Gerechtigkeit, das ist sein
Name'.» ( 3)
(3)
Vgl. Lazarus Goldschmidt (Hrsg.), Der Babylonische Talmud, Bd. VI, S.
1142, Leipzig: Otto Harrassowitz, 1906.
Und so kann festgestellt werden, dass in alten rabbinischen Schriften,
und
selbst im Talmud, Jer 23, 6 sich auf den Messias bezieht, und dass
diesem
Messias der Name Jahwe gegeben worden ist.
Jeremia 23, 5-6 lehrt:
- Der Messias wird Gott-Mensch sein.
- Der Messias wird Jahwe selber sein; Jahwe sollte Mensch werden.
- Der Messias soll ein Nachkomme von David und deswegen ein
König sein. Jeremia bestätigt den Bund Gottes mit dem Geschlecht
Davids
(vgl. die Erörterungen zu 1. Chr 17,10b-14).
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Micha 5,1 - Bethlehem Ephrata
Mi 5,1 Und du, Bethlehem-Ephrata, zu
klein, um unter den Tausenden von Juda zu sein,
aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll; und
seine Ausgänge sind von der Urzeit,
von den Tagen der Ewigkeit her.
Dieser Vers ist eine Ergänzung zu Jes 7, 14. Es hat sich schon
gezeigt,
dass sehr viele Schriftstellen sowohl auf die göttliche als auch auf
die
menschliche Natur des Messias hinweisen. Das wird bereits in Gen 3
und
4 deutlich und geht weiter bis zur Prophetie Michas. Micha war ein
Zeitgenosse
Jesajas. Er prophezeite zur selben Zeit wie Jesaja, aber in
einer anderen Gegend Judäas.
In Jes 7, 14 lesen wir, dass der Messias
von einer Jungfrau geboren werden soll. Hier, in Micha 5, 1 lesen
wir,
wo diese Geburt sein wird. Der Messias soll nicht in Jerusalem
geboren werden,
wie man es eigentlich erwarten könnte, sondern in Bethlehem.
Das wird vielleicht in Jes 11, 1 angedeutet, aber hier wird es
deutlich gesagt.
Es ist von Bethlehem Ephrata die Rede, das damit unterschieden wird
von einem anderen Bethlehem in Galiläa.
Bethlehem Efrata ist das Bethlehem Davids und Judas und liegt südlich
von Jerusalem.
Von dem, der geboren werden soll, wird gesagt, dass er «mir
hervorgeht».
Er wird geboren, um einen besonderen Auftrag zu erfüllen,
eine spezifische Absicht Gottes. Was seinen menschlichen Ursprung
betrifft, so wird
von ihm gesagt, dass er In Bethlehem geboren wird, aber was seinen
göttlichen Ursprung betrifft, so wird von ihm gesagt, dass er «von der
Urzeit» ist, «von den Tagen der Ewigkeit her». Die hebräischen Wörter
für «von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her» sind Wörter, mit
denen man die vergangene Ewigkeit ausdrücken kann. Sie werden in Bezug
auf Gott, den Vater, z.B. in Ps 90, 2 gebraucht. Was also auf Gott, den
Vater, zutrifft, das trifft nach dieser Aussage auch auf den zu, der in
Bethlehem geboren werden soll. Diese Wörter werden auch in
Spr 8, 22.23 benutzt, wo die Stimme der Weisheit spricht.
Wir haben also wieder eine Textstelle vor uns, die zeigt, dass der
Messias Mensch sein muss - geboren zu einem bestimmten Zeitpunkt an
einem bestimmten Ort -, dass er aber doch seit Ewigkeiten existiert und
daher
göttlich sein muss.
Micha 5,1 lehrt:
- Der Messias muss In Bethlehem, der Stadt Davids, geboren werden.
- Der Messias muss sowohl göttlich als auch menschlich sein, weil er
von Ewigkeit her existiert.
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Sacharja 9, 9-10 - Er reitet auf einem Esel
Sach 9,9 Frohlocke laut, Tochter Zion; jauchze, Tochter Jerusalem!
Siehe, dein König wird zu dir kommen: gerecht und ein Retter ist er,
demütig, und auf einem Esel reitend, und zwar auf einem Füllen, einem
Jungen der Eselin.
Sach 9,10 Und ich werde die Wagen ausrotten aus Ephraim und die Rosse
aus Jerusalem, und der Kriegsbogen wird ausgerottet werden. Und er wird
Frieden reden zu den Nationen; und seine Herrschaft wird sein von Meer
zu Meer, und vom Strome bis an die Enden der Erde.
Die dritte Kategorie messianischer Prophetie ist - wie in der
Einleitung
erwähnt - die Art, bei der Prophetien über das erste und das zweite
Kommen des Messias ohne erkennbare Trennung zusammengefasst
werden. Sach 9, 9-10 ist ein Beispiel dafür. Vers 9 bezieht sich auf das
erste Kommen und Vers 10 auf das zweite. Das kann man von anderen
Texten der Schrift her erschliessen, es wird aber aus dem Text selbst
nicht ersichtlich.
Das Erste Kommen
Der Hintergrund für diese Verse ist eine Invasion Israels durch einen
ausländischen König, die in den Versen 1-8 prophezeit wird. Diese Verse
wurden durch Alexander den Grossen erfüllt. Aber in Vers 9 finden wir
als Kontrast zu diesem einfallenden Heidenkönig eine Bezugnahme auf
einen zukünftigen jüdischen König. Israel wird gesagt, es solle
jauchzen, weil «dein König», also Israels König, kommt, nicht «gegen
dich», sondern «zu dir». Jerusalem soll laut jubeln, denn dieser König
wird im Gegensatz zu Alexander sein:
1. gerecht Sein Kennzeichen ist Gerechtigkeit, was auch durch Jer 23,
5-6 betont wird. Dagegen starb Alexander der Grosse sinnlos betrunken.
2. ein Retter In Gegensatz dazu steht Alexander, der kam um zu erobern.
3. niedrig und demütig Niedrig hat hier den Sinn, dass er erniedrigt
wurde, durch Bedrückung. Der Messias wurde in der Tat niedergedrückt.
Alexander kam jedoch mit Prunk und Macht.
Weiterhin wird dieser König im Gegensatz zu Alexander dem Grossen auf
seinem weissen Ross auf einem Esel reiten. Genauer gesagt, er soll auf
dem Füllen eines Esels reiten - einem Tier, das noch nicht zugeritten
war, auf dem noch niemand vorher geritten war. Die Erfüllung dieser
Prophetie finden wir in den Evangelien des Neuen Testamentes beim
triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem zu Beginn der letzten Woche seines
Lebens (Mt 21, 1-11). Dies kennzeichnete sein offizielles Auftreten als
messianischer König. Jesus beauftragt seine Jünger, nach Bethphage zu
gehen und ein Füllen zu finden, das noch nie zuvor geritten wurde. Den
Aspekt des Wunders darf man dabei nicht übersehen. Normalerweise hätte
das Tier bocken müssen, als Jesus es bestieg: aber statt ihn abzuwerfen,
fügte es sich ihm.
Das zweite Kommen
Vers 10 befasst sich mit den Ereignissen des zweiten Kommens, bei dem
alle Kriegswaffen aus dem Land entfernt werden. Aber dies liegt nicht im
Bereich dieser Studie.
Die rabbinische Sicht:
Hier sehen wir sehr deutlich die beiden Linien messianischer Prophetie
Seite an Seite in der gleichen Textstelle. Zuerst wird der Messias be
schrieben als niedrig und unterdrückt, aber dann, gleich im nächsten
Satz, wird er als König gesehen, dessen Herrschaft sich bis an die Enden
der ganzen Erde erstreckt. Wenn die Rabbis in alter Zeit diese beiden
sich «widersprechenden» Prophetien betrachteten, versöhnten sie diese
mit einander, indem sie sagten, dass es zwei verschiedene Messiasse
geben werde. Zuerst würde der Messias kommen, den sie den Sohn Josephs
nannten, um die Textstellen zu erfüllen, die vom Leiden sprechen. Dann
würde ihm der Messias, der Sohn Davids folgen, der erobernde Messias.
Eine alte rabbinische Quelle sagt:
Rabbi Joseph, der Sohn Levis, nimmt daran Anstoss, dass an einer Stelle
geschrieben steht: «Siehe, jemand wie der Menschensohn kommt mit den
Wolken des Himmels», aber dass an einer anderen Stelle geschrieben
steht: «niedrig und auf einem Esel reitend». Die Lösung ist folgende:
Wenn sie gerecht sind, dann kommt er mit den Wolken des Himmels, sind
sie aber nicht gerecht, dann wird er niedrig kommen, auf einem Esel
reitend.'* Das ist eine alternative rabbinische Interpretation, um die
beiden Linien messianischer Prophetie zu erklären. Sie besagt, dass
entweder die eine Linie der Prophetie erfüllt wird oder die andere, aber
nicht beide. Wenn Israel gerecht ist, wird der Messias auf den Wolken
reitend kommen, aber wenn es sündig ist, dann wird er auf einem Esel
reitend kommen. Die Schrift verlangt jedoch ganz klar die Erfüllung
beider Typen der Prophetie.
Die Sicht des Neuen Testamentes ist viel einfacher als die beiden oben
wiedergegebenen rabbinischen Ansichten. Es lehrt, dass es einen einzi
gen Messias gibt, aber dass er zweimal kommt: zuerst um zu sterben, und
dann ein zweites Mal, um zu herrschen. Auf diese Weise erfüllt er alle
prophetischen Äusserungen über ihn.
Sacharja 9, 9-10 lehrt: - Das erste Kommen des Messias wird
gekennzeichnet sein durch Niedrigkeit. - Die offizielle Präsentation als
messianischer König wird dann sein, wenn er durch Jerusalem reitet, und
zwar auf einem Eselsfüllen.
________________________________
Vgl. Sanhedrin 97b im Talmud, a.a.O.
48 Messianische Christologie
Sacharja 11,1-17 - Die beiden Hirten
Sach 11,1 Tue auf, Libanon, deine Tore, und Feuer verzehre deine Zedern!
Sach 11,2 Heule, Zypresse! Denn die Zeder ist gefallen, denn die
Herrlichen sind verwüstet. Heulet, Eichen Basans! Denn der unzugängliche
Wald ist niedergestreckt.
Sach 11,3 Lautes Heulen der Hirten, denn ihre Herrlichkeit ist
verwüstet; lautes Gebrüll der jungen Löwen, denn die Pracht des Jordan
ist verwüstet!
Sach 11,4 Also sprach Jehova, mein Gott: Weide die Herde des Würgens,
Sach 11,5 deren Käufer sie erwürgen und es nicht büßen, und deren
Verkäufer sprechen: Gepriesen sei Jehova, denn ich werde reich! und
deren Hirten sie nicht verschonen.
Sach 11,6 Denn ich werde die Bewohner des Landes nicht mehr verschonen,
spricht Jehova; und siehe, ich überliefere die Menschen, einen jeden der
Hand seines Nächsten und der Hand seines Königs; und sie werden das Land
zertrümmern, und ich werde nicht aus ihrer Hand befreien. –
Sach 11,7 Und ich weidete die Herde des Würgens, mithin die Elenden der
Herde; und ich nahm mir zwei Stäbe: den einen nannte ich Huld, und den
anderen nannte ich Bande, und ich weidete die Herde.
Sach 11,8 Und ich vertilgte drei Hirten in einem Monat. Und meine Seele
wurde ungeduldig über sie, und auch ihre Seele wurde meiner überdrüssig.
Sach 11,9 Da sprach ich: Ich will euch nicht mehr weiden; was stirbt,
mag sterben, und was umkommt, mag umkommen; und die Übrigbleibenden
mögen eines des anderen Fleisch fressen.
Sach 11,10 Und ich nahm meinen Stab Huld und zerbrach ihn, um meinen
Bund zu brechen, den ich mit allen Völkern gemacht hatte.
Sach 11,11 Und er wurde gebrochen an jenem Tage; und also erkannten die
Elenden der Herde, die auf mich achteten, daß es das Wort Jehovas war.
Sach 11,12 Und ich sprach zu ihnen: Wenn es gut ist in euren Augen, so
gebet mir meinen Lohn, wenn aber nicht, so lasset es; und sie wogen
meinen Lohn dar: dreißig Silbersekel.
Sach 11,13 Da sprach Jehova zu mir: Wirf ihn dem Töpfer hin, den
herrlichen Preis, dessen ich von ihnen wertgeachtet bin! Und ich nahm
die dreißig Silbersekel und warf sie in das Haus Jehovas, dem Töpfer
hin.
Sach 11,14 Und ich zerbrach meinen zweiten Stab, die Bande, um die
Brüderschaft zwischen Juda und Israel zu brechen. –
Sach 11,15 Und Jehova sprach zu mir: Nimm dir noch das Gerät eines
törichten Hirten.
Sach 11,16 Denn siehe, ich erwecke einen Hirten im Lande: der
Umkommenden wird er sich nicht annehmen, das Versprengte wird er nicht
suchen, und das Verwundete nicht heilen; das Gesunde wird er nicht
versorgen, und das Fleisch des Fetten wird er essen und ihre Klauen
zerreißen.
Sach 11,17 Wehe dem nichtigen Hirten, der die Herde verläßt! Das Schwert
über seinen Arm und über sein rechtes Auge! Sein Arm soll gänzlich
verdorren, und sein rechtes Auge völlig erlöschen.
Das ganze Kapitel 11 behandelt in gewisser Hinsicht das erste Kommen und
die Ereignisse, die es begleiten. Das Kapitel ist in drei Teile
gegliedert. Verse 1-3 beschreiben eine grosse Verwüstung, die über das
ganze Land Israel von Norden nach Süden kommt. Dies wurde in dem ersten
und zweiten Aufstand gegen Rom in den Jahren 70 n. Chr. und 135 n. Chr.
erfüllt. Verse 4-14 beschreiben die Ereignisse des ersten Kommens und
die Ablehnung des wahren Hirten (Messias), was zur Vernichtung von 70 n.
Chr. führte. Verse 15-17 beschreiben die Wahl eines falschen Hirten, die
zur Vernichtung von 135 n. Chr. führte.
Die Verwüstung des Landes (Verse 1-3)
Die in den Versen 1-3 beschriebene Art der Verwüstung geschah nur im
Jahr 70 n. Chr. als Folge des ersten jüdischen Aufstandes gegen Rom. Man
könnte sagen, dass die Prophetie dieser ersten drei Verse dann voll
ständig im Jahr 135 erfüllt wurde, als das Land bei dem zweiten Aufstand
völlig verwüstet wurde. Der jüdische Tempel wurde oft bezeichnet als ein
Zedernort oder als ein Zedernhaus (1. Könige 5, 5-6). Daher ist die in
den Versen 1 und 2 beschriebene Zerstörung wahrscheinlich eine
Anspielung auf die künftige Zerstörung des Tempels, und zwar des
Tempels, an dessen Wiederaufbau man zur Zeit der Prophetie Sacharjas
noch arbeitete. In Vers 3a wer den die Hirten, das bedeutet die
jüdischen Führer, aufgefordert zu klagen wegen des Ruins ihrer
Herrlichkeit. Als Jerusalem und der Tempel zerstört wurden, ist ihre
Herrlichkeit wahrhaftig ruiniert worden. Schliesslich konzentriert sich
Vers 3b auf die Zerstörung im Jordantal. Diese wird auch in Jer 12, 5;
49, 19 und 50, 44 erwähnt. Der Rest dieses Kapitels handelt von den zwei
Gründen für diese Zerstörung, mit der Ablehnung des wahren Hirten und
der Annahme des falschen Hirten.
Die Ablehnung des wahren Hirten (Verse 4-14)
Der Auftrag des Propheten
In den Versen 4-6 wird dem Propheten Sacharja ein Auftrag gegeben.
Ihm wird eine Rolle übertragen, die er als Botschaft an das Volk spielen
soll. Die Rolle, die er spielen soll, ist die des Messias bei seinem
ersten Kommen. Der Messias wird hier In der Person eines Hirten
dargestellt, der
50 Messianische Christologie
seine Herde versorgt. Die Herde (Vers 4) steht symbolisch für Israel.
Die Schafe werden von ihren Eigentümer (symbolisch für Rom) umgebracht,
und sogar «ihre eigenen Hirten» (symbolisch für die jüdischen Führer)
«haben kein Mitleid mit ihnen». In Vers 5 ist die Herde, das Volk
Israel, vom Menschen im Stich gelassen worden, aber weiter unten, in
Vers 6, ist sie auch von Gott verlassen worden. Gott sagt, dass er
bewirken will, dass er jeden einzelnen Menschen «in die Hand seines
Königs geraten lässt». Das scheint auf den ersten Blick ein wenig
verwirrend zu sein, weil ja Israel zur Zeit der römischen Besatzung
keinen König hatte. In den Evangelien lesen wir aber, dass Pontius
Pilatus, als Jesus (der wahre Hirte) vor ihm vor Gericht stand, dem Volk
erklärte: «Hier ist euer König». Aber die Pharisäer verwarfen Jesus und
schrien: «Wir haben keinen König ausser dem Kaiser» (Joh 19, 15). Weil
der Messias als König abgelehnt wurde und nur der Kaiser als König
anerkannt wurde, hat Gott sie diesem König zum Gericht überlassen. Im
Krieg mit den Römern sind 70 n. Chr. insgesamt 1, 1 Millionen Juden
getötet und 97.000 in die Sklaverei geführt worden.
Die Ausführung des Auftrags
In den Versen 7-11 führt Sacharja seinen Auftrag aus. In Vers 7
füttert er die zum Schlachten bestimmte Herde, aber vor allem «die
Armen» (oder die Elenden). «Die Armen und Elenden» sind ein häufiger
Ausdruck bei den Propheten und beziehen sich immer auf den gerechten
Überrest Israels. Wenn Israel als Ganzes viele Male in seiner Geschichte
rebellisch und gesetzlos gewesen ist, blieb dennoch immer eine kleine
Gruppe Ge rechter, gläubiger Menschen, in Israel übrig, die als «der
Rest Israels» bezeichnet wurde.
Der Messias wird zwar kommen, um ganz Israel zu dienen, aber es wird
eine besondere Betonung auf seinem Dienst an dem glaubenden Überrest
innerhalb Israels liegen. Die Erfüllung davon sehen wir in Mt 9, 35.36.
Sacharja benutzt zwei Stäbe für seinen Dienst. Dem einen wird der Name
«Freundlichkeit» gegeben und dem anderen «Verbindung». Der Stab
«Freundlichkeit» diente zur Verteidigung der Herde, und der Stab
«Verbindung» sollte die Herde zusammenhalten und ihre Einheit bewahren.
In Vers 8 sieht sich Sacharja der Opposition dreier anderer Hirten gegen
über. Im Zusammenhang mit Jesu Dienst stehen diese drei Hirten
symbolisch für die Pharisäer, die Sadduzäer und die Schriftgelehrten,
die Schlüsselfiguren der jüdischen Führung zur Zelt des ersten Kommens.
Eine der Folgen von Jesu Dienst war die Vernichtung dieser drei Gruppen.
Der Grund für ihre Vernichtung ist die in Vers 8 beschriebene gegen-
Messianische Christologie 51
seitige Gegnerschaft. Die Erfüllung dieser Prophetie ist vor allem zu
sehen in Jesu Anprangerung der religiösen Führer Israels, wie sie in Mt
23, 1-37 beschrieben ist. Zweitens kann die feindselige Einstellung der
Führer Jesus gegenüber darin gesehen werden, wie sie seine Hinrichtung
planen und Judas Ischarioth bestechen, ihn zu verraten.
Obgleich Vers 7 den treuen Hirten der Herde beschrieb, gibt es in
Vers 9 ein urplötzliches Aufhören mit der Fütterung der Schafe. Im
Dienst Jesu wurde dieser Teil der Prophetie durch die in Mt 12, 22-45
geschilderten Ereignisse erfüllt. Dieses Kapitel beschreibt den
entscheidenden Wende punkt in Jesu Dienst: die Verneinung seiner
Messianität wegen angeblicher dämonischer Besessenheit. Vor dieser
Ablehnung hatte Jesus öffentlich seinen Anspruch verkündet, der Messias
zu sein. Nach seiner Ablehnung aber machte Jesus keine solchen Ansprüche
mehr und verbot jedem (den Jüngern und denen, die er heilte), darüber zu
reden, dass er der Messias ist. Vor seiner Ablehnung lehrte Jesus das
Volk (fütterte er die Herde) offen und klar (z.B. mit der
'Bergpredigt'). Nach der Ablehnung ging Jesus plötzlich und unmittelbar
zu dem ausschliesslichen Gebrauch von Gleichnissen über, um die Wahrheit
vor den Massen zu verbergen. Ihn der Besessenheit anzuklagen bildete die
«unvergebbare Sünde», und von dem Augenblick an war das Gericht von 70
n. Chr. unvermeidbar. In dem Augenblick, wo die unverzeihliche Sünde
begangen wird, hört Jesus auf, die Herde als Ganze zu füttern und
befasst sich nur mit einzelnen Menschen dieser Nation. In Vers 10 nimmt
Sacharja, wenn mit dem Füttern aufgehört wird, den Stab mit dem Namen
«Freundlichkeit» und zerbricht ihn. Dies symbolisiert, dass Gott den
Schutz über Israel aufhebt, und dass das Gericht von 70 n. Chr.
unvermeidbar wird. (Die Erfüllung davon ist in Luk 19, 41-44 und 21, 24
zu sehen.) Es ist zu beachten, dass «Völker» im Plural steht und so die
Heidennationen meint. Israel ist jetzt den Angriffen der Heiden
gegenüber verwundbar, und der Angriff der Römer im Jahre 70 war in der
Tat vernichtend.
In Vers 11 sehen die Elenden der Herde, das heisst der gläubige
Überrest, das Zerbrechen des Stabes «Freundlichkeit» als Wort Gottes und
verstehen dessen Bedeutung. Während des Dienstes Jesu haben die
jüdischen Gläubigen auch in der Tat verstanden, dass Gericht kommen
würde, dass es aus der Hand Gottes kam und dass es unvermeidbar war. In
Luk 21 hatte Jesus ihnen Anweisung gegeben, aus Jerusalem zu flie hen,
wenn die Zeit der Zerstörung kommen würde. Dort heisst es In den Versen
20-24:
20 Wenn ihr aber Jerusalem von Heerscharen umzingelt seht, dann er
kennt, dass seine Verwüstung nahe gekommen ist! 21 Dann sollen die in
52 Messianische Christologie
Judäa auf die Berge fliehen und die, die in seiner Mitte sind, daraus
entweichen, und die, die auf dem Land sind, nicht dort hineingehen. 22
Denn dies sind Tage der Rache, dass alles erfüllt werde, was geschrieben
steht. 23 Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Ta gen!
Denn grosse Not wird auf der Erde sein und Zorn gegen dieses Volk. 24
Und sie werden fallen durch die Schärfe des Schwertes und gefangen
weggeführt werden unter alle Nationen; und Jerusalem wird zertreten
werden von den Nationen, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sein
werden.
Als 66 n. Chr. die Römer Jerusalem belagerten, erkannten die
Gläubigen in der Stadt, dass die Zeit des Gerichtes gekommen war, dass
sie nicht an den Kämpfen teilnehmen, sondern in die Berge flüchten
sollten. Später in diesem Jahr wurde die Belagerung zeitweilig
aufgehoben und die gesamte jüdisch-christliche Gemeinschaft aus
Jerusalem und dem ganzen Lande Israel (etwa 100.000 Menschen) verliessen
Israel und fanden Zu flucht In Pella, östlich des Jordan. Im Jahre 68
wurde die Belagerung wie der aufgenommen, und 70 kam die endgültige
Zerstörung.
Der Hauptpunkt ist hier, dass die «Eiendesten der Herde», diejenigen,
denen ein besonderer Schwerpunkt im Dienst des Messias galt, verstanden,
dass Gottes Schutz aufgehoben war, dass die Nation unter dem Gericht
stand. Und daher handelten sie in Übereinstimmung mit Jesu Worten in Luk
21. Weil sie gläubig den Worten ihres Messias gehorchten, verlor keiner
der jüdischen Gläubigen das Leben, wurde kein jüdischer Gläubiger In die
Sklaverei geführt.
Der Preis für den guten Hirten
Verse 12-14 beschreiben den Wert, wie man die Arbeit des guten Hirten
einschätzte. In Vers 12 tritt der gute Hirte auf die Führer Israels zu
und verlangt seinen Lohn, dass er bezahlt werde gemäss dem, wie sie ihn
wert schätzen. Man zahlt ihm dreissig Silberstücke. Heute könnte dies
vielleicht als ein vernünftiger Betrag erscheinen, aber es war in
Wirklichkeit ein Zeichen für Verachtung. Unter dem mosaischen Gesetz
waren dreissig Silberstücke die Entschädigung für einen toten Sklaven
(Ex 21, 32). Die Arbeit des guten Hirten wird daher so beurteilt, dass
sie der eines toten Sklaven entspricht. Dreissig Silberstücke bezahlt zu
bekommen, war beleidigender als gar nichts zu bekommen. Die Worte von
Vers 13 sind hier ausserordentlich wichtig. Es ist zwar Sacharja, dem
die dreissig Silberstücke ausgezahlt wurden, aber wer ist im
Eigentlichen beleidigt? «Da sprach der HERR zu mir: Wirf ihn dem Töpfer
hin, den herrlichen [= Sarkasmus] Wert, den ich ihnen wert bin!» Es ist
der HERR, der der gute
Hirte ist. Es ist der HERR, dessen Werk so verachtet wird, dass es
ihnen nur die dreissig Silberstücke wert ist. Und so wird deutlich, dass
Sacharja bloss ein Schauspieler ist, der eine prophetische Rolle spielt
(ein übliches Mittel in der Heiligen Schrift, um Prophetien
weiterzugeben), und dass diese Rolle von JHWH selbst erfüllt wird, wenn
er Mensch wird, wie es in vorausgegangenen Prophetien gesagt wurde.
Sacharja wird dann gesagt, er solle die dreissig Silberstücke nehmen
und fortwerfen, und zwar in das Gebiet des Töpfers auf dem Tempelareal.
Diese Worte fanden ihre Erfüllung, als Judas Ischariot dreissig Silber
stücke von den jüdischen Führern ausbezahlt bekam, um Jesus zu verraten.
Später tat Judas das, was Sacharja tat; er warf die Münzen in das
Tempelareal.
All dies wird in Mt 26, 14-16 und'27, 3-10 beschrieben. Es ist zu
beachten, dass die dreissig Silberstücke Judas von den Hohenpriestern
bezahlt wurden, die das Geld wohl aus dem Tempelschatz genommen hatten.
Dieses Geld war für den speziellen Zweck bestimmt, Opfer zu kaufen.
Obgleich sie sich dessen gar nicht bewusst waren, taten die Priester
gerade das: Sie kauften ein Opfer. Jesus sollte das endgültige Opfer für
die Sünde sein.
Die Antwort auf die im Vers 13 gezeigte Verachtung steht in Vers 14.
Sacharja nimmt den zweiten Stab, «Verbindung» genannt, und zerbricht
ihn. Auch dies ist wieder eine prophetische Handlung und bedeutet dieses
Mal, dass die Herde zerstreut und die Einheit Israels zerstört werden
soll.
Während des Krieges gegen die Römer von 66 - 70 n. Chr. entstanden
verschiedene Gruppierungen unter den Zeloten, die begannen, sich ge
genseitig zu bekämpfen. Sie vernichteten sich gegenseitig die
Nahrungsvorräte und brachten sich gegenseitig um. Letztendlich war es
der Streit unter den Bürgern in Jerusalem, der bewirkte, dass es so
leicht an die Römer fiel. Die Zerstörung der Einheit führte daher zur
Zerstreuung der Herde. Die grosse Zerstreuung der Juden hat in der Tat
70 n. Chr. begonnen.
Während die Führung den guten Hirten in den Versen 4-14 verwirft,
akzeptiert sie im nächsten Abschnitt, Verse 15-17, stattdessen einen tö
richten und ungerechten Hirten.
Der törichte Hirte (Verse 15-17)
In Vers 15 wird Sacharja gesagt, er solle eine zweite Rolle spielen:
nicht die eines guten Hirten, wie vorher, sondern dieses Mal die eines
törichten Hirten, welcher der Herde nichts als Schaden bringt. Im Jahre
132 führte Simon bar Kochba den zweiten jüdischen Aufstand gegen Rom an.
Er wurde von vielen der Rabbis unterstützt, aber am bedeutsamsten ist,
dass mitten im Aufstand der Oberrabbi, Rabbi Akiba, erklärte, bar Kochba
sei der Messias. Am Anfang des Aufstandes hatten die christlichen Juden
auch zum Schwert gegriffen und sich an dem beteiligt, was ursprünglich
die Verteidigung des Landes war. Mit Rabbi Akibas Erklärung wurde jedoch
der Aufstand eine messianische Bewegung, und die gläubigen Juden wurden
gezwungen, sich aus dem Kampf zurückzuziehen, weil sie bar Kochba nicht
als Messias unterstützen konnten. Das hatte zur Folge, dass Rabbi Akiba
mit verschiedenen jüdischen Räten eine lange Liste von Gesetzen erliess,
die jede Art von Verbindung mit jüdischen Gläubigen im Land verbot. Die
Römer kehrten schliesslich nach der ihnen von bar Kochba zugefügten
Niederlage zurück und begannen eine Politik der verbrannten Erde. Als
bar Kochba 135 n. Chr. zu seinem letzten Kampf antrat, lag buchstäblich
das ganze Land verbrannt da; kaum etwas wuchs noch, und die Menschen
verhungerten in Scharen. So wurde die in Sach 11, 1-3 angekündigte
Zerstörung in einem noch grösseren Ausmass erfüllt als im Jahre 70.
Sacharja 11,1-17 lehrt:
- Das erste Kommen des Messias wird abgelehnt, vor allem von der
jüdischen Führung.
- Während die Nation als Ganzes den Messias ablehnt, wird es einen
kleinen Überrest gläubiger Menschen geben, die ihn annehmen.
- Die Führung von Israel wird ihn für 30 Silberstücke verkaufen. -
Die Folgen dieser Ablehnung werden zweifach sein. Erstens wird der
Schutz aufgehoben und Israel für heidnische Angriffe verwundbar gemacht.
Zweitens wird die Einheit von Israel genommen und Israel zerstreut.
- Weil sie sich vom wahren Messias abgewendet haben, werden sie so
töricht sein und einen falschen Messias akzeptieren. -Wenn die in Sach
11, 1-3 beschriebene Zerstörung im Jahre 70 n. Chr. stattgefunden hat,
dann muss der Messias vor 70 n. Chr. ge kommen sein.
Messianische Christologie 55
Sacharja 12,10 - Der Messias wird endlich anerkannt
Aber über das Haus David und über die Bewohnerschaft von
Jerusalem giesse ich den Geist der Gnade und des Flehens aus, und sie
werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben, und werden über ihn
wehklagen, wie man über den einzigen Sohn wehklagt, und werden bitter
über ihn weinen, wie man bitter über den Erstgeborenen weint
Das ganze 12. Kapitel von Sacharja handelt von den Ereignissen des
zweiten Kommens des Messias und ganz besonders von der Schlacht von
Harmageddon. (Dieses Thema liegt zwar ausserhalb dieser Untersuchung,
aber ich habe darüber in The Footsteps Of The Messiah auf S. 214 und
233-235 geschrieben.) Vers 10 ist jedoch sehr wichtig für das Studium
der Prophetien zum ersten Kommen. Der Messias wurde von der jüdischen
Führung bei seinem ersten Kommen verworfen, und es ist eine absolute
Voraussetzung für sein zweites Kommen, dass die jüdischen Führer ihre
ursprüngliche Ablehnung bereu en und Gott um seine Wiederkunft bitten.
Sacharja beschreibt die tiefe Trauer, welche die jüdischen Führer einmal
über den Tod des Messias bei seinem ersten Kommen erfahren müssen. Im
Kontext dieser unserer Studie werden hier drei Punkte betont:
1. Eine weitere Bestätigung, dass der Messias von den Führern der
Juden abgelehnt werden wird.
2. Uns ist schon von Jesaja mitgeteilt worden, dass der Messias
sterben würde, aber jetzt wird uns gesagt, dass es ein gewaltsamer Tod
sein wird: er wird durchstochen.
3. Es ist der HERR, der hier spricht und sagt: «Sie werden auf mich
blicken, den sie durchbohrt haben» - es ist also JHWH, den sie
durchbohrt haben. Uns wird also wieder gesagt, dass der Messias Gott
selbst sein wird. Das Wort für «durchbohrt» bedeutet «durchbrochen».
Dies wurde bei Jesu Kreuzigung erfüllt, als ein römischer Soldat ihm den
Speer in die Seite stiess, wie es in Joh 19, 31-37 aufgezeichnet ist.
Sacharja 12,10 lehrt:
- Das erste Kommen des Messias wird von den Führern Israels ab
gelehnt.
- Der Messlas wird einen gewalttätigen Tod sterben, durch Durch
bohren.
- Der Messias wird beides sein, Gott und Mensch
56 Messianische Christologie
Sacharja 13, 7 - Der gute Hirte
Wach auf, Schwert, gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein
Gefährte ist!, spricht der HERR der Heerscharen. Schlage den Hirten,
dass die Schafe sich zerstreuen! Und ich werde meine Hand den Kleinen
zuwenden. (Besser nach der Lutherübersetzung: gegen die Kleinen)
Sach 13, 7 ist eine Zusammenfassung des ganzen Kapitels 11 von
Sacharja in einem Vers. Der Hirte von 13, 7 ist der gute Hirte von 11,
4-14.
Dieser Vers stellt wiederum fest, dass der Messias ein Gottmensch
sein wird. Die Menschheit des Messias ist offensichtlich: «... und gegen
den Mann ...» Die Worte, die folgen, sind im Englischen oder Deutschen
nie richtig übersetzt worden, und daher wird die Göttlichkeit des
Messias nicht so deutlich. Was als «mein Gefährte» übersetzt wird, ist
in Wirklichkeit im Hebräischen «der mir Gleichgestellte». (5)
Der Vers sollte also eigentlich gelesen werden: «und gegen den
Menschen, den mir Gleichgestellten». Und um mit Gott gleich zu sein,
muss der Messias auch wirklich Gott sein. Das mag aus der Übersetzung
nicht so deutlich werden, aber im hebräischen Original ist es sehr klar.
Dieser Vers betont auch die Tatsache, dass der Tod des Messias
gewaltsamer Natur ist, und sagt wiederum, dass sein Tod der Grund für
die Zerstreuung Israels sein wird. Der Hirte wurde 30 n. Chr.
geschlagen, als Jesus gekreuzigt wurde, und die Schafe wurden 70 n. Chr.
zerstreut, als Israel vertrieben wurde. Diese Worte werden auch in Mt
26, 31.32 auf die Jünger Jesu bezogen, aber vor allem beziehen sie sich
auf die Zerstreuung von 70 n. Chr. Nach Vers 7b müssen auch die Kleinen,
das unschuldige gemeine Volk, leiden, weil die Führer Israels den
Messias, den guten Hirten, verworfen haben.
Sacharja 13, 7 lehrt:
- Der Messias wird ein Gott-Mensch sein.
- Der Tod des Messias wird gewaltsamer Natur sein.
- Der Tod des Messias wird Grund für die Zerstreuung Israels sein.
5 im Englischen: equal. Das hebräische Wort 'ämei wird im hebr.
Lexikon KB 3 mit «Gemeinschaft», «Volksgenossenschaft» übersetzt, und
Sach 13, 7 wird wörtlich als «der Mann meiner Volksgemeinschaft», freier
mit: «der Mann, der mir nahesteht», wiedergegeben.
Messianische Christologie 57
Maleachi 3,1 - Der Bote des Königs
Siehe, ich sende meinen Boten, damit er den Weg vor mir her bereite.
Und plötzlich kommt zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht, und der
Engel des Bundes, den ihr herbeiwünscht, siehe, er kommt, spricht der
HERR der Heerscharen.
Nur zwei Prophetien In der hebräischen Heiligen Schrift handeln vom
Vorläufer des Messias.
Die erste steht in Jes 40, 3-5 und die zweite hier in Mal 3, 1.
Der Vorläufer vom zweiten Kommen des Messias wird in Mal 4, 5-6 ganz
klar als der Prophet Elia identifiziert.
Der Vorläufer des ersten Kommens aber wird nie bei Namen genannt,
weder hier noch in Jesaja.
Nur im Neuen Testament wird er als Johannes der Täufer geoffenbart.
Es heisst in Mt 11, 7a.10.11:
7 Als die aber hingingen, fing Jesus an, zu den Volksmengen zu reden
über Johannes: ... 10 Dieser ist es, von dem geschrieben steht: «Siehe,
ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, der deinen Weg vor dir
bereiten wird.» 11 Wahrlich, ich sage euch, unter den von Frauen
Geborenen ist kein Grösserer aufgestanden als Johannes der Täufer; der
Kleinste aber im Reich der Himmel ist grösser als er.
Maleachi ist der letzte der alttestamentlichen Propheten. Seine
Prophetie war die letzte Offenbarung Gottes für 400 Jahre. Sein Name
bedeutet im Hebräischen «mein Bote» oder «mein Engel». Das hebräische
Wort für «mein Bote» in Vers 3, 1 lautet in der Tat malachi. Die nächste
prophetische Stimme, die in Israel 400 Jahre später gehört werden
sollte, wird die Stimme von malachi sem, von «meinem Boten», Johannes
dem Täufer. Der Rest von Vers 1 spricht vom ersten Kommen des Messias.
Er sagt, dass der Messias plötzlich in seinen Tempel kommen wird.
Dies ist der zweite Tempel, von Serubbabel gebaut und von Herodes dem
Grossen erneuert. Es war dieser Tempel, zu dem Jesus bei zwei
Gelegenheiten kam, um ihn von den Geldwechslern zu reinigen (Joh 2,
13-22; Mt 21, 12.13). Der Text sagt ausdrücklich «zu seinem Tempel».
Dieser Tempel gehört dem Messias. Er hat volle Rechte an diesem Tempel
und kann damit tun, wie es ihm gefällt. Als Jesus ihn reinigte, übte er
seine Herrschaft, seine Autorität, sein Recht als Eigentümer aus. Die
Verse 2-5 dieses Abschnitts sprechen dann davon, dass der Messias bei
seinem zweiten Kommen das Volk reinigt.
Maleachi 3,1 lehrt:
- Dem ersten Kommen des Messias wird ein Herold vorausgehen.
(Fortsetzung folgt)
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