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FEIGENBAUMGLEICHNIS
Jesus gebrauchte ein Gleichnis, das die
physiologischen Abläufe in einem Feigenbaum
während des Frühjahrs beschreibt, um zu
veranschaulichen, was vor seiner Wiederkunft
geschieht. In
Mt 24,32 sagt Christus seinen Zuhörern,
sie würden erkennen, dass der Sommer nahe
sei, wenn der Zweig des Baumes weich werde
und Blätter hervortreibe.
Einige behaupten, dass das Ausschlagen des
Feigenbaums von der Neugründung des Staates
Israel (im Jahre 1948) spreche, und sehen
diese als Ereignis im Vorfeld der
Wiederkunft Christi an. Einige Sachverhalte
liefern jedoch überzeugende Argumente gegen
diese Auslegung.
Nirgendwo spricht
Mt 24-25 von der Rückkehr Israels nach
Palästina. Ja, wir finden Israels Heimkehr
an keiner Stelle im Matthäusevangelium
erwähnt! Jesu Ölbergrede schildert in ihrer
fortlaufenden Aufzählung zukünftiger
Ereignisse eine Zeit nach Israels Rückkehr
und beschreibt die Angehörigen des Volkes
als schon im Land befindlich.
Außerdem sagt Lukas in seinem Evangelium,
dass wir den Feigenbaum
und all die anderen Bäume ansehen sollen
(
Lk 21,29 ). Es ist also nicht nur an
einen, sondern an viele Bäume gedacht. Somit
spricht Christus allgemein von Bäumen und
dem, was im Frühjahr in ihnen vor sich geht,
und nicht von einem besonderen Feigenbaum,
der Israel darstellt.
In
Mt 24 beschreibt der ausschlagende
Feigenbaum nicht Israel, sondern vielmehr
elf Zeichen, die Jesus in
Kapitel 24,4-24 offenbart. Neun davon
werden bereits in der ersten Hälfte der
Trübsal zu erleben sein, während zwei
weitere in der zweiten Hälfte auftreten.
Dieses Gleichnis verdeutlicht uns also
Folgendes: So wie neue Blätter in jedem
Frühjahr das Herannahen des Sommers
ankündigen, zeigen die von Christus
geoffenbarten Zeichen seine Wiederkunft an.
In
Mt 24,33 wendet Jesus das Gleichnis vom
Feigenbaum auf seine Jünger an, indem er
sagt, dass auch sie, wenn sie dies alles
sehen, erkennen sollen: Seine Wiederkunft
ist nahe bzw. steht unmittelbar bevor. Seine
damaligen Zuhörer erlebten die Erfüllung all
dessen, was er geoffenbart hatte, nicht
mehr. Dies bleibt denen vorbehalten, die
während der Trübsal leben.
Was wird diese künftig lebende Gruppe
jüdischer Gläubiger sehen? Worauf bezieht
sich »dies alles«? Damit sind alle Zeichen
der ersten und zweiten Hälfte der Trübsal
gemeint, einschließlich des Gräuels der
Verwüstung (
24,15-22 ) und des Auftretens
wunderwirkender, falscher Propheten und
Christusse (
24,23-26 ).
Somit veranschaulicht das Ausschlagen des
Feigenbaums Zeichen
in der Trübsal, und wir können nicht
sagen, dass er ausschlägt, bevor nicht
alle diese Zeichen wirklich zu sehen
sind. Dies schließt nicht nur 1948 als
Zeichen der Trübsal und der Wiederkunft
Jesu, sondern auch alles andere Geschehen
vor der Trübsal als Ausschlagen des
Feigenbaumes aus. Der Feigenbaum hat noch
nicht begonnen auszuschlagen, weil der
Anfang von all diesem noch nicht da ist.
Dennoch gilt: Wenn das Ausschlagen des Baums
dann tatsächlich anfängt - d. h. wenn
alle Zeichen sichtbar werden - sollen
wir wissen, dass Jesu zweites Kommen nahe
ist bzw. unmittelbar bevorsteht. Das dritte
Evangelium drückt es so aus: »So erkennt
auch ihr ... dass das Reich Gottes nahe ist«
(
Lk 21,31 ).
Was lehrt uns daher der Feigenbaum im Blick
auf das Ende des Zeitalters? Wenn all das,
was Christus in
Mt 24,1-23 offenbarte, zu geschehen
beginnt, ist es, als würden die Triebe eines
Feigenbaums im Frühjahr neue Blätter
bekommen. So wie die neuen Blätter anzeigen,
dass der Sommer unmittelbar bevorsteht,
besteht die Bedeutung der Zeichen darin,
dass die Wiederkunft wirklich nahe ist. In
Mt 24 wird weder gesagt noch angedeutet,
dass die Neugründung des Staates Israel im
Jahre 1948 oder zu irgendeinem anderen
Zeitpunkt das Ende des Zeitalters erkennen
lässt. Was Matthäus wirklich sagt, ist
folgendes: Die elf Zeichen werden auf die
Wiederkunft Christi hindeuten.
Christus bezeichnet in
Mt 24,34 die Generation näher, welche
diese Zeichen erleben wird. Eine der
wichtigen Wendungen, die in diesem Vers
ausgelegt werden müssen, ist der Ausdruck
»dieses Geschlecht«. Was ist mit einem
Geschlecht bzw. einer
Generation gemeint? Der Begriff kann
Folgendes bezeichnen: (1) eine
Sippe bzw.
Verwandtschaft - einen Personenkreis
also, der von einem gemeinsamen Vorfahren
abstammt, d. h. eine Menschenrasse. Dennoch
finden wir im Neuen Testament kein
eindeutiges Beispiel dafür, dass er so
verwendet wird. (2) Eine Generation im Sinne
von
Zeitgenossen - von Menschen, die etwa
zur gleichen Zeit geboren werden und leben (
Mt 11,16; Apg 2,40 ). (3) Da wir den
Gedanken an ein Zeitalter normalerweise mit
einer Generation von Menschen verbinden,
finden wir den Gebrauch des Begriffs
manchmal in Zusammenhang mit einem
Zeitrau m. Dabei tritt dann in den
Hintergrund, dass es um Menschen geht (
Eph 3,21; Kol 1,26 ).
Weil Jesus von den Juden spricht, die all
die Zeichen der Endzeit sehen werden, ist es
am besten, »Geschlecht« als Synonym für
solche zu verstehen, die zur Zeit der
Trübsal leben. »Dieses« Geschlecht umfasst
demnach all jene Juden, die während der
Siebzigsten Woche Daniels leben. Sie sehen
alle elf Zeichen von
Mt 24,4-24 . Mit anderen Worten: Nur
diejenigen, die
alle Knospen des Feigenbaum treiben bzw.
die Zeichen sehen, sind »diese Generation«.
Die Generation der Trübsal wird keineswegs
in ihrer Gesamtheit sterben. Vielmehr wird
hervorgehoben, dass sie während des gesamten
siebenjährigen Zeitraums trotz der
furchtbaren Ereignisse weiterleben wird.
Jesus meinte damit nicht, dass jeder
einzelne Angehörige des Volkes Israel
überlebt. Für über die Hälfte von ihnen wird
dies nicht der Fall sein. Dennoch wird diese
Generation in ihrer Gesamtheit die ganzen
sieben Jahre durchleben, bis dies alles in
Erfüllung geht.
Christus bekräftigt als Nächstes seine Lehre
mit einer Garantieerklärung, indem er sagt:
»Der Himmel und die Erde werden vergehen,
meine Worte aber sollen
nicht vergehen« (
24,35 ). Und schließlich lässt er
zuletzt zum Wohle seiner Jünger eine Aussage
bezüglich dieses Tages und dieser Stunde
folgen (
24,36 ). Worauf es dem Herrn ankommt,
ist der Gedanke, dass niemand weiß, wann der
Feigenbaum ausschlagen wird, und dass daher
niemand (vor dem Ausschlagen) weiß, wann
Christi Kommen unmittelbar bevorsteht.
Im Kontext von
Mt 24 kommt das Wort »Tage« viermal vor
(
24,19; 24,22 [zweimal] und
24,29 ), und zwar jedesmal im Plural, um
die Tage der Trübsal zu bezeichnen. Nun
steht »Tag« zum ersten Mal in der Einzahl
und bezeichnet den Zeitpunkt der Wiederkunft
Christi (
24,36 ). Es ist ein Tag, an dem Gott die
Himmelslichter über dem Planeten Erde
erlöschen lässt (
24,29 ), die Herrlichkeit der Schechina
strahlend sichtbar wird und wie ein
zuckender Blitz Christi Wiederkunft
ankündigt (
24,30 ; vgl. V.
27 ) und die Engel die Erde abernten (
24,31 ).
Wann wird dieser Tag anbrechen? Niemand weiß
es, keiner, nicht einmal die Engel, so
lehrte Christus. Wir müssen uns jedoch an
Folgendes erinnern: Sobald sich die
Trübsalsgeneration in der Siebzigsten Woche
Daniels befindet, können wir nicht mehr
sagen, dass niemand es weiß. Denn jene dann
lebenden Menschen kennen die genaue Anzahl
der Jahre (
Dan 12,7; Offb 11,9.11; 12,14 ), Monate
(
Offb 11,2; 13,5 ) und sogar der Tage (
Offb 11,3; 12,6 ).
Sie werden dies aufgrund göttlicher
Offenbarung wissen.
Dan 12,5-13 lässt erkennen, dass es zwar
die Engel jetzt nicht wissen, wohl aber dann
die göttlich Belehrten; sie brauchen nur zu
zählen. Der Countdown beginnt, wenn der
Antichrist mit Israel einen Bund schließt (
Dan 9,27 ).
Wenn Jesus sagt, dass es niemand weiß,
bezieht er sich daher auf Menschen, die in
der Zeit leben, bevor der Countdown beginnt.
Diejenigen, die vor der Trübsal leben,
können es nicht wissen. Dementsprechend ist
es vor der Trübsal unmöglich, Zeitpunkte für
diese Drangsalszeit oder für die Wiederkunft
festzulegen. Solche Versuche stellen nur
Mutmaßungen dar.
Wir fassen zusammen: So wie das Ausschlagen
der Feigenbäume im Frühjahr den Sommer
ankündigt, sind nach der Lehre Jesu die elf
Zeichen, die eine zukünftige, jetzt noch
nicht lebende Generation von Juden sehen
wird, für diese Generation Hinweise auf
Christi nahe bevorstehende (in sieben Jahren
erfolgende) Wiederkunft. Alle Zeichen treten
in der Trübsal ein, nicht davor.
Siehe auch:
Ölbergrede.
George E. Meisinger
Walter Bauer, F. W. Gingrich und Frederick
Danker,
A Greek-English Lexicon of the New Testament
(Chicago: University of Chicago Press,
1979); Arnold Fruchtenbaum,
Footsteps of the Messiah (Tustin,
Kalif.: Ariel Press, 1984); John F.
Walvoord,
Matthew - Thy Kingdom Come (Chicago:
Moody Press, 1974).
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