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Siehe auch:   Entschuldigung

Lieber Hans-Peter,

zum Glück benutze ich das Internet so gut wie nie und höre nur von anderen, dass sich einige Brüder zu unserer "Nachbetrachtung" zu ProChrist geäußert haben. Vielleicht ist der in der Anlage beigefügte Antwortbrief auch für Eure Diskussion hilfreich - ich überlasse es Dir, ob Du ihn veröffentlichst.

In unserem Herrn Jesus verbunden,

Dein Wolfgang


 

Wolfgang Bühne                        05.08.03

Ingemert 1

58540 Meinerzhagen

 

„Übrigens, Brüder, alles was  wahr, alles was würdig, alles was rein, alles was lieblich ist, alles was wohllautet, wenn es irgend eine Tugend und wenn es irgend ein Lob gibt, dieses erwäget ... und der Gott des Friedens wird mit euch sein.“ (Phil. 4,8)

 

Liebe Geschwister,

wie zu erwarten war, haben wir auf unseren Artikel „Selbstkritische Nachgedanken zu ProChrist“ in „Fest&treu“ 2/2003 viele Briefe und Reaktionen bekommen. Bis auf zwei Ausnahmen werden darin Enttäuschung, Unsicherheit, Sorge und Vorwürfe in Bezug auf unseren vermeintlichen Kurswechsel und alle möglichen Vermutungen und Unterstellungen ausgedrückt.

Es ist schon erstaunlich,  welch einer Ausdrucksweise sich manche Geschwister dabei bedienen – man ist sie sonst aus politischen Kreisen zu hören gewohnt.

Leider ist es mir aus zeitlichen Gründen einfach nicht möglich, jeden Brief ausführlich zu beantworten und auf jeden Vorwurf und jede Vermutung einzugehen. Da die Argumente und Anschuldigungen sich in den Briefen weitgehend wiederholen, möchte ich in diesem Schreiben auf die wesentlichen Punkte eingehen und bitte um Verständnis, dass ich nicht jeden Brief  persönlich beantworten kann.

 

„Ihr seid dem Widerstand in den Rücken gefallen!“ – „Kniefall vor der Ikone Parzany“

 

Wie schon mehrfach erwähnt möchte ich hier noch einmal wiederholen, dass wir mit Jens Grapow in der Beurteilung von ProChrist einig sind und seinen Mut und seine Arbeit sehr schätzen. Wir werden weiterhin zu ProChrist und ähnlichen Aktionen klar Stellung beziehen, wenn der bisherige Kurs sich nicht ändert und werden in diesem Zusammenhang auch den wichtigen Dienst von Jens Grapow so gut wir können unterstützen.

Wir denken nicht daran, Menschen gefallen zu wollen und es hat bisher in dieser Sache kein Treffen, Gespräch oder Briefwechsel mit U. Parzany gegeben. Aus dem Kreis der Verantwortlichen von ProChrist hat sich einzig Dr. Utsch nach der idea-Meldung kurz am Telefon gemeldet, und ich habe ihm noch einmal deutlich gesagt, dass unsere Entschuldigung in keiner Weise unsere Beurteilung von ProChrist als Vernetzung usw. relativiert. Ansonsten ist bis heute keine Reaktion weder von ProChrist noch von der DEA und anderen unterstützenden Werken gekommen.

Es war ausschließlich eine verlagsinterne Entscheidung, die wir getroffen haben, weil in dem Buch von Jens Grapow einige Urteile über U. Parzanys Verkündigung und Motive ausgesprochen wurden, die wir nicht belegen können und deren Tragweite wir leider vor der Veröffentlichung nicht bedacht haben.

Wir fühlten uns sowohl vor U. Parzany  als auch vor Jens Grapow schuldig und sahen es als unsere Pflicht, vor Gott und Menschen diese Schuld zu bekennen.

Damit erklären wir das Buch von Jens Grapow keineswegs als „Müll“, wie es uns vorgeworfen wurde, sondern in einigen wenigen Punkten (was die Verkündigung und Motivation von Parzany betrifft) aus unserer Sicht für nicht gerechtfertigt.

 

„Die geschäftliche Entschuldigung mag dem Umsatz von CLV dienlich sein“ – „Ihr seid vor den Machtverhältnissen auf dem frommen Buchmarkt eingeknickt...“

 

Diese Vorwürfe sind wirklich sehr absurd, denn wenn wir wirklich ein Interesse daran hätten, uns anzupassen, Geschäfte zu machen und uns irgendwelchen Verlagsblöcken anzubiedern, hätten wir das Buch erst gar nicht  herausgegeben und noch viel weniger zurückgezogen. Geschäftspolitisch gesehen ist ein solches Verhalten ganz sicher Umsatz schädigend! Ein erheblicher Teil unserer Buchproduktion setzt sich kritisch mit charismatischen, ökumenischen, liberalen und okkulten Strömungen innerhalb der Evangelikalen Bewegung auseinander. Glaubt man wirklich allen Ernstes, dass man damit dem Geschmack und Lesebedürfnis der Evangelikalen entgegenkommt?

Unsere Bücher werden teilweise von Buchhändlern und Versandbuchhändlern  boykottiert. Wir respektieren das, haben aber bisher deswegen unser Programm nicht geändert und haben das auch in Zukunft nicht vor. 

Unserem Herrn sei Dank sind wir in der glücklichen Lage, weder auf finanzielle noch auf verlagspolitische Aspekte Rücksicht nehmen zu müssen und so können wir vor dem Herrn entscheiden, welche Bücher wir veröffentlichen wollen und welche nicht – was natürlich nicht bedeutet, dass wir keine Fehler machen.

 

„Sie geben bewusst oder unbewusst der ganzen Aktion ProChrist einen gewissen Heiligenschein und versuchen die Verkündigung von Parzany irgendwie in ein gutes Licht zu rücken.“

 

Man höre und staune! An welcher Stelle unserer „Nachbetrachtung“ geben wir der Aktion ProChrist einen Heiligenschein? Ich stehe nach wie vor zu meinem Nachwort und zu dem, was Jens Grapow über die Vernetzung und die Hintergründe von ProChrist geschrieben hat.

Was die Verkündigung von Parzany betrifft haben wir versucht, die aus unserer Sicht unrichtige Beurteilung zu korrigieren.:

Jens Grapow hat die Verkündigung Parzanys bei ProChrist 2000 in Bremen an zwei Abenden miterlebt und analysiert und kommt zu dem Urteil, dass es sich um ein „verkürztes Evangelium“ handelt (S. 44)  und „dass ProChrist gefährlich nahe an ein anderes Evangelium herankommt.“ Der Leser bekommt daher den Eindruck, dass in Parzanys Verkündigung wesentliche Elemente fehlen und sogar die Gefahr der Irreführung besteht. Genau das sind die schwerwiegenden Aussagen, die nach unserer Überzeugung nicht zutreffen und womit wir uns schuldig gemacht haben. Ich habe die Predigten Parzanys von ProChrist 2003 gelesen und wenn ich auch bedaure, dass Parzany im Vergleich zu früheren Predigten an Eindeutigkeit verloren hat und vieles nicht gesagt hat, was er vor diesem Publikum meiner Überzeugung nach hätte sagen müssen, so wurde doch an jedem Abend „... in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden gepredigt“ (Luk. 24,47) und jeder Besucher wurde dringend gebeten, täglich die Bibel zu lesen und das Gespräch mit Gott zu suchen.

Deswegen haben wir die Beurteilung der Predigten Parzanys korrigiert, weil wir uns – wie ich glaube – mit überzogenen Aussagen schuldig gemacht haben.

 

„Sie haben uns hinters Licht geführt und die Wirkung des Buches kaputt gemacht. Viele Christen, die durch ProChrist in arge Bedrängnis gerieten, sehen sich durch Sie verraten.“

 

„Die Kraft liegt in der Wahrheit!“ hat Spurgeon bekanntlich oft gesagt. Das, was Jens Grapow in diesem Buch ans Licht gebracht oder als Wahrheit ins Licht gestellt hat, hat seine Wirkung gehabt und wird es auch  weiter tun.

Ist die ganz normale, christliche Pflicht, eine als falsch erkannte Behauptung zu berichtigen und sich für Unrecht zu entschuldigen, ein Grund zur Empörung geworden?

Ob wir mit unseren Hinweisen und Korrekturen „hinters Licht“ geführt haben und zu „Verrätern“ geworden sind, oder ob wir zumindest versucht haben, der Wahrheit die Ehre zu geben, das möge Gott beurteilen.

 

Abschließend möchte auch ich einige Fragen formulieren und einige Eindrücke weitergeben, die mich nachdenklich gemacht haben:

 

      -    Ist Ulrich Parzany in unseren Augen ein „Feind“, den wir abschießen müssen?

 

-         Ist jeder, der Parzanys Gabe als Evangelist und seinen Einsatz, Menschen für den Herrn zu    

-         gewinnen, dankbar anerkennt, ein „Verräter“, der dem „Widerstand in den Rücken fällt“?

 

-         Reiben wir uns erfreut die Hände, wenn jemand, den wir kritisch sehen,  einen Fehler        

 

-         macht, der unsere Vorurteile bestätigt, oder schmerzt es uns und treiben uns diese Fehler in die Fürbitte für diesen Bruder und versuchen wir ihm eine geistliche Korrektur zu sein?

 

Ich glaube, dass Ulrich Parzany – und mit ihm eine Anzahl Brüder aus verschiedenen Werken der DEA – durch ProChrist usw. die Evangelikalen in eine neo-evangelikale Oekumene führt und damit – ähnlich wie damals Billy Graham – eine folgenschwere Weichenstellung vollzieht, vor der man nicht deutlich genug warnen kann.

Aber ich glaube nicht, dass Parzany diesen gefährlichen Weg mit diesem Ziel eingeschlagen hat, sondern dass er auf diesem Weg der Kompromisse viele Katholiken, liberale Protestanten usw. mit dem Evangelium erreichen möchte und dass er sehr wohl zwischen Religiosität und Wiedergeburt zu unterscheiden weiß.

 

Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist, ob wir unseren Brüdern und Schwestern eine glaubwürdige und von Gottesfurcht und Bruderliebe geprägte Korrektur sein können und wollen.

 

Und dann noch etwas:

 

Ist es nicht möglich, dass wir uns im Umgang miteinander, auch da wo wir Gefahren verschieden beurteilen, einer „Streitkultur“ bedienen, die von Achtung und Liebe geprägt ist?

Entspricht es der Gesinnung unseres Herrn, wenn wir uns militanter Ausdrücke bedienen und uns gegenseitig als Verräter, Weicheier, Wackelkandidaten usw. beschimpfen?

Sollten wir uns nicht gerade bei Meinungsverschiedenheiten bemühen „nichts aus Parteisucht“ zu tun und „in Demut einer den anderen höher zu achten, als sich selbst“ (Phil. 2,3)?

Vielleicht können wir bei aller Auseinandersetzung mit ProChrist auch einmal unsere Gesinnung und Motivation überprüfen, inwieweit wir darin  Christusähnlichkeit erkennen lassen.

 

Mit herzlichen Segenswünschen

  

PS:

Ausgerechnet heute, nachdem ich diese Zeilen geschrieben hatte, traf eine erste Reaktion von Ulrich Parzany bei mir ein, die ich mit seiner Genehmigung als Kopie beifüge.