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Es war
die Zeit der Wiedertäufer zwischen 1520-1530, zu denen sich auch die
Hutterer zählten. Viele Menschen mußten ihr Leben lassen, weil sie
es für nötig erachteten, sich „wieder“ oder ein zweites Mal
taufen zu lassen und damit ihre Kindstaufe nicht anerkannten. Diese
Wiedertäufer sprachen von dem „Suhlbad“ der Kindstaufe. Somit
verstießen diese Menschen aber bewußt gegen das erlassene Gebot von
Kaiser Karl V., der auf dem Reichstag 1529 zu Speyer folgendes
festlegte: „keiner so einmal nach christlicher Ordnung getaufft
worden ist / (darf) sich widerumb oder zum zweytenmal taufen lassen /
bey Straff des Tods…“
So starben bis 1530 über 2000 Täufer den Märtyrertod. Aber zwischen
12000 und 15000 Brüdern und Schwestern gelang die Flucht nach Mähren,
wo man ihnen Schutz gewährte.
Hier tauchte auch zum erstem Mal der Name Jakob Hutter, ein Hutmacher
aus dem Südtiroler Dorf Moss bei Bruneck im Pustertal auf. Er hatte
auf seinen Wanderungen die Schweizer-Brüder kennengelernt und sich
ihnen angeschlossen. Schon bald traf man auf eine Gruppe von
Gleichgesinnten, welche zudem noch die Gütergemeinschaft
praktizierten (siehe Apg. 2,44). Was seit dem auch das typische
Kennzeichen der Hutterer wurde. Alles wurde im Blick auf die
Gemeinschaft getan. (Später bekundete man durch die Aufnahme in die
Brudergemeinschaft (durch Taufe) für alle sichtbar, daß nicht mehr
das „Ich“, sondern daß „Wir“ zählte.)
In drei Jahren gelang es Jakob Hutter, die vertriebenen Brüder und
Schwestern aus den verschiedenen Gemeinschaften zu einen, die dann
viele Jahrhunderte und manchen mächtigen Verfolger überdauern
sollte.
Im Anfang war diese Bewegung noch sehr missionarisch veranlagt, wurde
dann nach Rußland (um 1670) vertrieben, wo man 100 Jahre ohne äußere
Bedrängnis lebte, bis der Nationalismus das Zarenreich erreichte und
die allgemeine Wehrpflicht eingeführt wurde. Da die Hutterer
friedliche Menschen sind, die niemals zur Waffe greifen würden,
entschlossen sie sich 1874 nach Kanada umzusiedeln, wo sie sich über
die Jahre auch stark vermehrten. Ein Bruderhof besteht aus max. 125
Personen und eine Familie hat durchschnittlich 10,5 Kinder. Wird die
Gemeinde größer wird neues Land erworben und ein neuer Bruderhof
gebaut – sog. Kolonien. Diese gibt es jetzt sowohl in Kanada wie
auch in Amerika.
Sie
leben streng nach ihrem Verständnis von der Bibel, wobei das
Gemeinschaftsleben durch Regeln und Ordnungen ihrer Väter bestimmt
wird (in vielen vielen überlieferten Bänden, welche immer wieder neu
abgeschrieben werden). So sind die Gepflogenheiten seit 470 Jahren
fast identisch. So tragen z.B. die Männer schwarze Einheitskleider,
und die Frauen lange Röcke bis zu den Knöcheln und den ganzen Tag
ein Kopftuch und sind mit häuslichen Arbeiten beschäftigt. Die Männer
besorgen die Landwirtschaft und üben handwerkliche Berufe aus. Jeder
Hutterer hat den gleichen „Besitz“, wenn man Kleidung, Wohnung mit
Bett und einer Truhe als Besitz bezeichnen kann. Bei den Hutterern
wird christlicher Kommunismus gelebt. Dies ist vielleicht auch der größte
Anziehungspunkt für Christen, die im Materialismus groß geworden
sind. Die Hutterer sind durchweg sehr fleißige, zufriedene Menschen,
denen Geld so gut wie nichts bedeutet.
Durch ihre Abgeschiedenheit von der Welt sind sie nicht so sehr den
Versuchungen vieler Christen ausgesetzt (sie gehen höchstens mal zum
Arztbesuch in die Stadt), die „inmitten eines verdrehten und
verkehrten Geschlechts“ als Himmelslichter leuchten wollen. Auch
irdische Wünsche kommen durch mangelnde Vergleichsmöglichkeiten
nicht so schnell auf. Trotzdem ist auch bei den Hutterern die sündige
Natur nicht ausgeschaltet. Und so kann man feststellen, daß wenn
diese Menschen dann mal gesehen haben, was die Welt „bietet“, ihr
Fall manchmal schlimmer ist als bei den anderen Christen, die ständig
von diesen bösen Dingen umgeben sind.
Ein Hutterer hat auch wesentlich weniger Möglichkeiten, auf „dumme
Gedanken“ zu kommen, da sich das Leben in der Gemeinschaft abspielt.
Es wird gemeinsam gegessen. Es wird gemeinsam gebetet. Es wird
gemeinsam hart gearbeitet. Es bleibt also kaum Zeit, um einer sündigen
Sache nachzugehen.
Hier muß man klar sagen, daß dies vielleicht eine der größten
Herausforderungen unserer Zeit ist, daß Christen wie Nicht-Christen
soviel Freizeit haben, wie in keiner anderen Zeit jemals zuvor. Und daß
die Einsamkeit auch noch nie so groß war wie heute. Immer weniger
besuchen sich die Christen untereinander, immer mehr steht das persönliche
oder wenigstens das Familienleben im Vordergrund und man hat kaum noch
Zeit füreinander. Fragen wir uns, wo wir überhaupt noch Kontakt
haben mit unseren Glaubengeschwistern! Kann man eigentlich von einer
lebendigen Gemeinde reden, wenn man sich lediglich zu den
Gottesdienststunden trifft?
Doch eigentlich ist das, was diese Hutterer tun, modernes Eremitentum.
Nun, die Schrift kennt eine derartige Absonderung nicht. Der Herr hat
diejenigen, die Er berufen hat, zu sich gerufen. Die Gläubigen sind
seit diesem Moment nicht mehr VON der Welt, wohl aber noch IN der
Welt. Die Jünger zur Zeit des Herrn Jesus waren genauso Menschen
ihrer Zeit (vor und nach ihrer Bekehrung), wie wir es heute im Jahr
2001 ebenfalls sind. Erwartet der Herr von uns, daß wir, weil wir
jetzt Christen geworden sind, einen Lebensstil einer anderen
vergangenen Zeit annehmen sollen?
Der Grund für solche Bestrebungen liegt darin, daß man den Einflüssen
der Welt und der Zeit entfliehen will – und welcher Christ hätte
diesen Wunsch nicht schon gehabt? Vielleicht mag es durch solches Zurückziehen
in gewisser Weise auch für eine Zeit gelingen. Allerdings ist dies
nur in einem weiten Land wie z.B. den USA möglich. In Europa oder gar
in Deutschland scheint uns dies nicht realisierbar, oder die Mauern
eines solchen Ortes müßten extrem hoch sein.
Ein weiterer Gedanke ist hier auch der, daß durch ein solches Zurückziehen
man sich nicht nur von den Bestrebungen der Welt absondert, sondern
auch von den anderen Gläubigen, die einen solchen extremen Schritt
nicht für nötig halten, die ganz deutlich sehen, daß wir inmitten
dieser Welt (Philipper 2,15) ein Zeugnis sein sollten. So trennt man
sich also auch von Gläubigen und verurteilt sie eigentlich damit und
gibt den Gedanken des einen Leibes auf, zu Gunsten eines
abgeschotteten Systems, einer scheinbaren Elite-Einheit inmitten der
Christenheit – man möchte so etwas sein wie ein Überrest im Überrest.
Allerdings kann man diese Gefahren auch in anderen heutigen
christlichen Gruppierungen feststellen.
Damit kommen wir zu einem weiteren Gedanken. Zu jeder Zeit gab es
solche Bestrebungen, sich zurückzuziehen. Denken wir nur an das Mönchtum
im Mittelalter. Vielleicht mag man sich manchen verderblichen Einflüssen
entziehen können, aber vor den Neigungen des Herzens können wir uns
nicht entziehen oder fliehen. Und so hat es schon die Geschichte
gezeigt, daß nach schon kurzer Zeit an solchen Orten Sünde erkennbar
war und manchmal sogar Sünde (Ausschweifung, Unzucht, Hurerei,
Inzest, Heuchelei uvm.), die noch schrecklicher als vorher zum
Vorschein kam. Vor diesen Gefahren sind auch die Hutterer nicht
gefeit.
Solche Bestrebungen wie die der Hutterer sind verlockend - besonders
auch für das religiös angehauchte Fleisch. Denn hier kann man nach
außen hin etwas tun. Man kann ganz fromm und für den Herrn
abgesondert erscheinen. Man kann alle Regeln befolgen - ohne daß das
Herz nur irgendwie mitmacht oder mitmachen braucht. Aber der Herr will
es genau anders herum. Der Herr möchte die Hingabe unserer Herzen.
Der Herr will unsere Herzen ganz ausfüllen, damit wir dann aus dieser
Fülle unserer Herzen leben und ein Zeugnis geben . Der Herr Jesus hätte
uns ja auch direkt nach unserer Bekehrung zu sich in den Himmel holen
können. Das hat er nicht getan. Warum nicht? Er möchte, daß wir
seine Zeugen sind. Er möchte, daß wir unter weltlichen Arbeitnehmern
ein Zeugnis sind von ihm, in dem wir andere Arbeitnehmer sind, die
z.B. nicht mobben oder den Chef hintergehen. Er möchte, daß wir
unter den vielen, vielen „kaputten“ Ehen, ein wenig von Ihm von
Seiner Treue, Liebe und Hingabe zeigen, indem wir „bessere“
Eheleute sind. Er möchte, daß wir gerade unter den vielen
zerbrochenen Familien, wo Eltern die Kinder und Kinder die Eltern
nicht mehr verstehen, etwas von Ihm von Seiner Fürsorge auf der einen
Seite und Seinem Gehorsam auf der anderen Seite zeigen. Er ist jetzt
nicht mehr auf dieser Erde. Aber er hat Seine Zeugen hier. Wir wollen
zunächst uns selbst aber auch unsere Leser ermuntern, Ihn dadurch zu
ehren und zu verherrlichen, daß wir gerade in einer bösen Umgebung
etwas von Ihm offenbaren. Dann wird auch ein mündliches Zeugnis
effektiv sein und Menschen, die um uns her ins ewige Verderben rennen,
erreichen.
Zum Schluß noch ein Hinweis: Es gibt ein sehr interessantes Buch von
einem Reporter, der für ein Jahr die Hutterer in Kanada besucht hat,
um bei ihnen zu leben. Er hat sich allen Dingen unterworfen und hat
alles für ein Jahr mitgemacht. Er hat ganz Erstaunliches für ihn
auch Faszinierendes erlebt. Er berichtet viel Lobenswertes von den
Hutterer aber auch manches Fragwürdige. Leider hat sich dieser
Reporter trotz tiefer Eindrücke nicht zu dem lebendigen Gott bekehrt.
Dennoch macht dieses Buch den Eindruck, ehrlich und authentisch
geschrieben zu sein und bringt einem den Lebensstil der Hutterer näher.
Es heißt: „Das vergessene Volk“ von Michael Holzach (ISBN
3-423-10051-6).
Mit herzlichen Grüßen
Das SoundWords-Team
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