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Frage 1169 Die Krankenheilung nach Jakobus 5 (als Pdf)
Die Krankenheilung nach Jakobus 5
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Bernd Grunwald
Ist die
Krankenheilung nach Jakobus 5
eine zeitgemäße Praxis
für die Gemeinde ?
Inhaltsverzeichnis:
1. Der Bibeltext
......................................................................................................................
2
2. Ein Zitat
.............................................................................................................................
2
3. Einführung in die Thematik
..............................................................................................
2
4. Die Unterscheidung der Zeit in "Tag" und "Nacht"
............................................................ 3
5. Grundsätzliches zur Übertragbarkeit von Jakobus 5 auf heutige
Situationen .................... 5
6. Schwierige Stellen im Text
................................................................................................
7
ist jemand krank
...........................................................................................................
7
jemand unter euch
........................................................................................................
7
Die Ältesten der Gemeinde
..........................................................................................
7
Mit Öl salben
................................................................................................................
8
im Namen des HERRN
.................................................................................................
9
im Namen des HERRN salben
.....................................................................................
9
Das Gebet des Glaubens
...............................................................................................
10
Das Bekennen der Sünden
............................................................................................
11
7. Schlussfolgerungen
..............................................................................................................
12.
Die Krankenheilung nach Jakobus 5
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1. Der Bibeltext
Jak. 5,14-18 (Elberfelder 1985):
(14) Ist jemand krank unter euch? Er rufe die Ältesten der Gemeinde zu sich, und
sie mögen über
ihm beten und ihn mit Öl
salben im Namen des Herrn. (15) Und das Gebet des Glaubens wird
den Kranken retten, und der
Herr wird ihn aufrichten, und wenn er Sünden begangen hat, wird
ihm vergeben werden. (16) Bekennet nun einander die Vergehungen und betet
füreinander,
damit ihr geheilt werdet; viel vermag eines Gerechten Gebet in seiner Wirkung.
(17) Elia war
ein Mensch von gleichen Gemütsbewegungen wie wir; und er betete ernstlich, daß
es nicht
regnen möge, und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate. (18)
Und wieder
betete er, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor.
2. Ein Zitat
"Dieser Abschnitt ist einer der am meisten umstrittenen Abschnitte
des Briefes und vielleicht des gesamten NT." (W. Mac Donald)
3. Einführung in die Thematik
Der Heilsplan Gottes mit der Menschheit beinhaltet verschiedene Zeitabschnitte,
in denen er
auch im Blick auf die Heilung von Krankheiten unterschiedlich handelt. Die
Schrift kennt sogar
Zeiten, in denen die Menschheit völlig frei von Krankheiten ist
(1.Mo.1-3/Offenb.21,4). Es
kommt also darauf an, zu erkennen, in welchem Zeitabschnitt von Gottes Heilsplan
wir leben.
Ohne Verständnis dieser Grundlage erhalten wir keine befriedigenden Antworten
auf unsere
Fragen, die sich zwangsläufig aus der Lektüre des obigen Bibeltextes ergeben.
Ohne
Unterscheidung der einzelnen Abschnitte von Gottes Handeln mit uns Menschen
werden wir die
biblischen Aussagen durcheinander werfen und anfällig sein für jeden Wind der
Lehre und jede
Art von Verführung. Gerade auf dem Gebiet der Krankenheilung gibt es nämlich
jede Menge
Scharlatanerei und Betrug. Vieles wird fromm verpackt und höchst überzeugend
präsentiert.
Doch wer die Bibel zu lesen
und recht zu teilen (2.Tim.2,15) sich bemüht, wird wissen, dass die
Gabe der Krankenheilungen uns Christen heute nicht mehr gegeben ist. Ihn kann
kein noch so
überzeugend präsentierter Erfolgsbericht von irgendeiner der vielen
Heilungsveranstaltungen
beeindrucken. Wer das biblische Wort allerdings nicht recht teilt bzw.
unterscheidet, hat keinen
objektiven Beurteilungsmaßstab. Er ist mehr oder weniger gezwungen, blindlings
alles zu
glauben, was man ihm erzählt..
Die Krankenheilung nach Jakobus 5 Seite 3 von 12
4. Die Unterscheidung der Zeit in "Tag" und "Nacht"
Zweifellos war mit dem Kommen des HERRN Jesus auf diese Erde eine ganz besondere
Zeit in
Gottes Heilsplan angebrochen. Gottes Wirken wurde in Jesus Christus offen
sichtbar. Es begann
auf der Hochzeit zu Kanaa (Joh.2,11). Es wurden große Zeichen und Wunder
vollbracht
(Joh.9,32). Diese besondere Zeit der Zeichen und Wunder gehört aber schon lange
der
Vergangenheit an. Wir leben heute in der sog. nachapostolischen Zeit. Der HERR
selbst
unterscheidet die Zeit seines Wirkens und die Zeit des Wirkens der Apostel auf
dieser Erde von
einer danach kommenden Zeit, in der niemand wirken kann:
"Und als er vorüberging, sah er einen Menschen, blind von Geburt. Und seine
Jünger fragten
ihn und sagten: Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, daß er blind
geboren wurde?
Jesus antwortete: Weder dieser hat gesündigt, noch seine Eltern, sondern damit
die Werke
Gottes an ihm offenbart würden. Wir müssen die Werke dessen wirken, der mich
gesandt hat,
solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann. Solange ich in
der Welt bin,
bin ich das Licht der Welt." (Joh. 9,1-5)
Der Herr Jesus sprach hier von zwei verschiedenen Zeiträumen. Das demonstrierte
er anhand
eines sehr anschaulichen Beispiels (bzw. Bildes), nämlich der jedermann
vertrauten Abfolge von
Tag und Nacht. Der Herr Jesus meinte folgendes: Es wird eine Zeit kommen,
genannt "die
Nacht", in der niemand ein Heilungswunder im Auftrag Gottes wirken kann. Dieses
Verständnis
geht klar aus dem Zusammenhang hervor: es ging hier um die Heilung eines
Blindgeborenen.
Ihn zu heilen, war ein Werk Gottes. Solche Werke zu wirken, also Heilungswunder
zu wirken,
war nur in einem begrenzten Zeitraum möglich, nämlich am "Tag", wenn genügend
"Licht"
vorhanden ist. Offensichtlich war die Macht, (oder die Gabe), andere zu heilen,
den Christen nur
in dem ersten Zeitraum, nämlich am "Tag", in der Zeit, wo genügend "Tageslicht"
vorhanden ist,
gegeben. Solange der HERR in der Welt war, war ER das "Licht der Welt", d.h.: so
lange
dauerte der "Tag" auf jeden Fall an. Irgendwann nach Seiner Himmelfahrt würde
eine andere
Zeit kommen. Diese Zeit bezeichnete der HERR als "Nacht". Und: in der "Nacht"
wird es
nicht möglich sein, in der selben Weise zu wirken, wie dies am "Tag" der Fall
war. Das ist
eine klare Aussage. Wer in dieser Aussage des HERRN eine andere Bedeutung sucht,
wird das
vom HERRN hier verwendete Bild mit einem weiteren Bild erklären müssen
(abgesehen davon,
dass dies zu zweitrangigen, oft sogar willkürlichen Interpretationen führt,
besteht hier keine
Notwendigkeit für derlei fragwürdige, exegetische Umwege). Wenn wir die
Apostelgeschichte
und die Briefe lesen, dann stellen wir fest, dass es nach der Himmelfahrt des
HERRN noch eine
Zeit lang "Tag" war. Es geschahen noch sehr viele Zeichen und Wunder durch die
Hände der
Apostel, aber schon bald war diese Zeit vorbei und am Ende der Apostelzeit war
es z.B. dem
Apostel Paulus nicht mehr möglich, den Timotheus oder den Epheser Trophimus zu
heilen. Er
mußte ihn krank in Milet zurücklassen (2.Tim.4,20). Und das, obwohl er mal eben
die Ältesten
von Ephesus nach Milet hätte herüber rufen können. Das tat er übrigens
tatsächlich, allerdings
nicht, um über einem Kranken zu beten, sondern um sich von den Ältesten zu
verabschieden
(Apg.20,17). Am Anfang der Apostelzeit genügte ein Taschentuch oder der Schatten
der
Apostel, um die Kranken zu heilen, und am Ende dieser Zeit konnten sie, die
einst so
vollmächtige Heiler waren, offensichtlich nichts mehr in dieser Hinsicht tun.
Dem Timotheus
gab Paulus nur noch den Rat, nicht nur Wasser, sondern auch ein wenig Wein zu
trinken wegen
seiner häufigen Magenbeschwerden..
Die Krankenheilung nach Jakobus 5 Seite 4 von 12
Manche vermuten auch, die Gabe der Krankenheilungen sei den ersten Christen nur
zu dem
Zweck gegeben worden, dem Glauben noch Fernstehende zu heilen, denn: "Beim Lesen
der
Evangelien und der Apostelgeschichte fällt auf, dass durchweg nur solche geheilt
wurden, die
noch nicht dem HERRN nachfolgten." (Zitiert aus: Die Wegweisung 1998, Seite 485)
Wie dieser Befund auch zu werten ist, wir sehen jedenfalls, dass mit dem Ende
der Apostelzeit
der "Tag", von dem Jesus in Joh. 9 sprach, zu Ende ging, und der zweite
Zeitabschnitt, von dem
Jesus sprach, die "Nacht", begann. Diese "Nacht" dauert bis heute an, denn es
ist noch immer so,
wie einst Petrus schrieb, dass wir auf das Wort Gottes achten, wie auf eine
Lampe, die an einem
dunklen Ort leuchtet, bis "der Tag", der nächste "Tag", der neue Morgen,
anbricht.
Wir leben noch heute in dieser "Nacht". Übernatürliche Heilungen, wenn Gott sie
schenkt,
werden heute nicht durch Menschen gewirkt. Niemand hat heute die Macht, im Namen
Gottes
oder im Namen des HERRN einen anderen Menschen zu heilen. Auch eine Kirche oder
eine
Ältestenschaft hat diese Macht nicht. Solange es "Nacht" ist – und die "Nacht"
ist erst vorbei,
wenn Jesus wiederkommt – solange schenkt Gott niemandem die Gnadengabe der
Heilungen.
Weder einem Einzelnen noch einer Gruppe von Leuten. Es mag heutzutage Leute
geben, die auf
übernatürliche Art heilen können – nur – von Gott ist diese Macht nicht.
Natürlich könnte Gott auch heute noch so handeln und heilen, wie wir es in den
Evangelien in
vielen Berichten lesen. Gott ist auch heute noch derselbe. Er verändert sich
nicht. Er wirkt auch
heute noch Wunder und übernatürliche Heilungen. Das ist unbestritten. Doch die
Frage ist, ob er
auch heute noch durch bevollmächtigte Menschen heilt wie zur Zeit Jesu und
seiner Apostel. Die
Antwort auf diese Frage dürfen wir nicht außerhalb der Bibel suchen. Wer eine
zutreffende
Antwort finden will, der muss sie in der Bibel suchen. Eine andere Möglichkeit –
etwa die der
Erfahrung – kann und darf es zur Beantwortung dieser Frage nicht geben. Wer der
Erfahrung den
Vorzug vor dem biblischen Wort gibt, der hat sich schon verführen lassen – er
kann kaum noch
die richtige Antwort erkennen.
Fazit:
Im Blick auf die vom HERRN in Joh.9,4 erwähnte Unterscheidung der Zeiten und die
hier
angestellten Überlegungen sollte es eigentlich kein Problem sein, zu erkennen,
dass wir uns
heute schon lange nicht mehr in apostolischer Zeit befinden und dass es heute
keine Apostel
mehr gibt, die solche Heilungswunder tun könnten. Wir können und dürfen nicht
annehmen, als
wäre heutzutage alles genau so wie es in der Apostelzeit war. Nur so können wir
uns vor übelster
Verführung schützen und nur so können wir erfahren, was für uns heute dran ist,
wenn wir krank
sind oder krank werden..
Die Krankenheilung nach Jakobus 5 Seite 5 von 12
5. Grundsätzliches zur Übertragbarkeit von Jakobus 5 auf heutige Situationen
Leider nicht alle, aber doch viele wiedergeborene Christen glauben, dass die
Geistesgabe der
Krankenheilung auf die Zeit der Apostel begrenzt war und uns heute nicht mehr
gegeben ist.
Was aber Jakobus 5 betrifft, so denken sicherlich die meisten, dass dies eine
Schriftstelle ist, die
für die nachapostolische Zeit gegeben wurde, eine Stelle also, die für uns heute
uneingeschränkt
gilt und verbindlich regelt, wie man sich verhalten soll, wenn man krank ist.
Doch Vorsicht. Hier
dürfen wir nicht vorschnell urteilen. Wir müssen uns zunächst mit einigen Fakten
beschäftigen.
(a) der Jakobusbrief richtet sich in erster Linie an Angehörige des Volkes
Israel (Jak.1,1)
Das Volk Israel ist das irdische Volk Gottes, das Gott sich für sein besonderes
Handeln
unter allen anderen Völkern auserwählt hat. Von Gott gewirkte Zeichen und Wunder
geschahen daher nahezu ausschließlich im Zusammenhang mit diesem Volk. Der
kanaanäischen Frau,
die den Herrn Jesus um Heilung ihrer besessenen Tochter bat, sagte
der HERR: "Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses
Israel". Und: "Es
ist nicht schön, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hunden hinzuwerfen"
(Mt.15,24.26). Hieran wird deutlich: Heilungswunder, wenn Gott sie tat, waren
den
Angehörigen des Hauses Israel zugedacht. Nur das Volk Israel hat diesbezügliche
Verheißungen (2.Mo.23,25/5.Mo.7,15). Den Nationen, wozu auch diese Frau gehörte,
waren keine Heilungsverheißungen gegeben. Wenn Gott hier und da dennoch auch an
Nichtjuden ein Heilungswunder vollbrachte, dann war das nicht auf ein
Schriftwort oder
eine Verheißung zurückzuführen, sondern allein auf die große Barmherzigkeit
Gottes.
Ähnliches beobachten wir in der Apostelzeit, z.B. Apg.5,12-16: Die in der
Apostelge-schichte
berichteten Krankenheilungen geschahen – von einigen Ausnahmen abgesehen –
überwiegend unter dem Volk der Juden. Der Jakobusbrief ist an Israeliten
gerichtet und
die hier gegebenen Anweisungen sind an diese Leute gerichtet, an Gläubige aus
diesem
Volk, nicht an uns. Natürlich ist dieser Brief auch zu unserer Belehrung
gegeben, aber
wir müssen berücksichtigen, dass es sich hier um Anweisungen an Angehörige des
Volkes Israel handelt, einem Volk, dem im Blick auf die Heilung von Krankheiten
andere
Verheißungen gegeben sind als uns. Wir dürfen diese Tatsache nicht einfach
unbeachtet
lassen. Wer hier aber keinen Unterschied macht, wird diese Anweisungen
möglicher-weise
1:1 auf Nichtjuden übertragen wollen und sich so eine eigene, allerdings sehr
fragwürdige Heilungspraxis aneignen. Die Kirchengeschichte kennt genügend
derartiger
Fehlentwicklungen, bis hin zum sogenannten Sakrament der Krankensalbung bzw. der
"letzten Ölung", eine extrem schriftwidrige Lehre und Praxis der katholischen
Kirche,
deren Wurzeln sich aber in dieser Schriftstelle, hier im Jakobusbrief, befinden.
(b) Der Jakobusbrief ist wahrscheinlich der älteste Brief des NT. Spätere
(jüngere) Briefe
enthalten andere Aussagen zum Thema Krankheit.
Einer der jüngeren Briefe ist z.B. der erste Korintherbrief. In Korinth waren
viele
Christen krank (1.Kor.11,30). Ihre Krankheit war sogar eindeutig eine Folge
ihrer Sünde!
Sie hatten sich durch unwürdiges Verhalten beim Abendmahl des Leibes und Blutes
des
HERRN schuldig gemacht. Deshalb waren sie krank. Doch mit keiner Silbe wird
erwähnt, dass etwas Übernatürliches unternommen wurde, um sie zu heilen.
Offensichtlich wurde an Ihnen weder die Gabe der Krankenheilung ausgeübt noch
wurden die Anweisungen des Jakobus befolgt, denn sonst wären sie ja wieder
gesund
geworden und wären nicht gestorben. Die Korinther dürften sowohl die
apostolische
Gabe der Krankenheilung (1.Kor.12) als auch die Anweisungen des Jakobus gekannt.
Die Krankenheilung nach Jakobus 5 Seite 6 von 12
haben. Dennoch wurde hier wahrscheinlich weder das eine noch das andere
praktiziert.
Falls sie es doch praktiziert hatten, war jedenfalls das gewünschte Resultat
nicht
vorhanden. Wie auch immer sie handelten: die Bibel sagt, dass es eine Menge
kranker
Christen in Korinth gab und dass ein nicht unerheblicher Teil dieser Gläubigen
an ihrer
Krankheit starb. Dieser Umstand ist sicher vergleichbar mit unserer heutigen
Situation, in
der es ebenfalls kranke und sterbende Christen gibt, denen weder ein
vollmächtiges Wort
eines angeblich begabten Heilers noch das Gebet der Ältesten und Salbung mit Öl
zur
körperlichen Genesung verhilft. Traurige Beispiele misslungener Heilungsversuche
gibt
es leider viel zu viele.
(c) Der erste Korintherbrief hat im Blick auf Gläubige aus den Nationen eine
höhere
Relevanz als der Jakobusbrief.
Während sich der Jakobusbrief zunächst ausschließlich an Juden richtete, war der
erste
Korintherbrief von vorneherein an "alle, die an jedem Ort den Namen unseres
Herrn
Jesus anrufen", gerichtet. Für Gläubige aus den Nationen sind daher die Aussagen
des
ersten Korintherbriefes vorrangig.
Diese Hinweise liefert uns die Schrift. Wir dürfen sie in unseren Überlegungen
keineswegs außer
Acht lassen.
Fazit:
Es ist klar, dass der Jakobusbrief an das jüdische Volk gerichtet ist. Inwieweit
dieser Umstand
die Übertragung einzelner Aussagen dieses Briefes auf Heidenchristen
einschränkt, muss durch
Vergleich von Schrift mit Schrift untersucht und entschieden werden. Das
Schweigen der
übrigen Briefe des NT zur von Jakobus vorgeschriebenen Praxis der Krankenheilung
einerseits
und die in den Briefen des NT bezeugten, natürlichen Krankheitsverläufe der
Gläubigen
andererseits sind unverkennbare Indizien, die gegen eine Übernahme dieser
jüdischen Praxis
sprechen.
Nach diesen grundsätzlichen Überlegungen wollen wir uns nun dem Text selbst
zuwenden und
uns vor allem mit den strittigen Aussagen beschäftigen..
Die Krankenheilung nach Jakobus 5 Seite 7 von 12
6. Schwierige Stellen im Text
ist jemand krank
Die Meinungsverschiedenheit der Exegeten beginnt bereits mit der Frage, welche
Krankheiten
gemeint sein könnten. Der gesamte Textabschnitt wird von vorneherein aus zwei
verschiedenen
Blickwinkeln betrachtet und entsprechend unterschiedlich interpretiert.
Nachstehend ist je ein
Vertreter dieser beiden Blickwinkel angeführt:
(1) George P. Waugh (WDBL):
Es handelt sich um körperliche Krankheiten, unabhängig von ihrer Ursache.
(2) W. Mac Donald (Komm. zum NT):
Es handelt sich hier nur um Krankheiten, die als Folge einer Sünde (Sünden)
auftreten.
Diese Einschränkung (2) relativiert das Problem der ansonsten "garantierten"
Genesung (V.15a).
Doch: Sünde ist hier nicht Bedingung bzw. Voraussetzung für eine Heilung,
sondern eine
zusätzlich mögliche Last. Dies wird durch das "und" im Text deutlich (V.15b).
Sünden-vergebung
ist aber in jedem Fall unbedingte Heilungsvoraussetzung (V.16).
Hinweis (zur "garantierten" Genesung): "Beachten wir, dass das Ergebnis
überhaupt nicht
fraglich ist: Das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten (es ist sicher),
und der HERR wird
ihn aufrichten." (Frederic Charles Jennings, Our Hope, zitiert von A.C.Gaebelein,
Kommentar
zum NT, S.648)
jemand unter euch – wer?
Gemeint sind die Juden in der Diaspora (Jak.1,1). Dazu gehören auch Ungläubige.
Manche Ausleger sind der Meinung, dieser Text richte sich ausschließlich an
gläubige Christen
und begründen dies mit dem Hinweis auf Vers 14: "unter euch". Doch dieser
Hinweis besagt,
dass hier die Hellenisten (Apg.6,1) gemeint sind, ein Teil des zwölfstämmigen
Volkes Israel,
denn lt. Jak.1,1 sind sie die Adressaten dieses Briefes. Diese Leute waren
Juden, die im Ausland
lebten im Gegensatz zu den "Hebräern", den Einwohnern des Landes Juda. Sicher
wird dieser
Brief überwiegend nur von an Christus gläubigen Hellenisten gelesen und beachtet
worden sein,
die "ungläubigen" Hellenisten haben ihn vermutlich abgelehnt. Jakobus war sich
dessen wohl
bewusst. Dennoch ist sein Brief an alle Juden in der Zerstreuung, d.h. außerhalb
des direkten
Einflussbereiches der jüdischen Christengemeinde in Jerusalem gerichtet.
Wahrscheinlich
wurden auch nicht christusgläubige Juden besucht, wenn sie krank waren und Hilfe
anforderten.
Die Ältesten der Gemeinde
Für "Gemeinde" steht hier im Grundtext das griechische Wort "Ekklesia" ( ).
Dieses
Wort meint an vielen Stellen des NT die christliche Gemeinde. Doch es gibt
Ausnahmen: es wird
nämlich auch für das Volk Israel benutzt (Apg.7,38) und sogar für einen Haufen
zusammengelaufener Randalierer (Apg. 19,40). Das Wort "Ekklesia" ist ein
neutrales Wort und
meint einfach eine Versammlung ohne nähere Bestimmung. Es muss also nicht immer
eine
christliche Gemeinde meinen. Hier im Jakobusbrief kann es sowohl eine
christliche als auch eine
jüdische Versammlung meinen. Beide Möglichkeiten sollten in Betracht gezogen
werden. Bis
zur endgültigen Trennung vom Judentum war es für christusgläubige Juden üblich,
die jüdischen
Zusammenkünfte in der örtlichen Synagoge zu besuchen. Jakobus schreibt darüber
in Kap.2,2-4..
Die Krankenheilung nach Jakobus 5 Seite 8 von 12
Deshalb gibt es guten Grund, anzunehmen, dass Jakobus in Kap.5,14 die Ältesten
einer
jüdischen Synagoge bzw. einer jüdischen Gemeinschaft meint. Dagegen wird jedoch
eingewendet, dass "ungläubige", jüdische Älteste unmöglich ein Gebet des
Glaubens sprechen
könnten. Gott würde ein solches Gebet niemals erhören. Deshalb müsse die hier
erwähnte
Gemeinde eine rein christliche sein. Im Blick auf unsere heutige Zeit ("Nacht")
ist dieser
Einwand sicher zutreffend, doch es muss hier bedacht werden, dass Jakobus zu
einer Zeit
("Tag") schrieb, in der Gott diesem Volk noch in Langmut zugeneigt war und Segen
erwies. Erst
die Ereignisse des Jahres 70 n.Chr. beendeten diese Phase. Bis dahin aber war es
noch möglich
(wahrscheinlich sogar üblich), dass jüdische Älteste entsprechend wirksame
Gebete des
Glaubens sprachen. Es ist daher nicht zwingend, die hier erwähnten Ältesten der
Gemeinde in
jedem Fall als wiedergeborene Christen zu identifizieren. Das Wort "Ekklesia" in
Jak.5,14 kann
– auch vom Kontext her – die Mitglieder einer jüdischen Synagogengemeinschaft
meinen. Doch
auch die Ansicht, Jakobus erwähne hier eine rein christliche Gemeinde, hat ihre
Berechtigung.
Wir wollen bedenken: Beides kann hier gemeint sein.
Mit Öl salben – warum?
Die Schrift kennt 3 mögliche Anwendungsbereiche/Funktionen:
(1) medizinische, heilende bzw. schmerzlindernde Funktion
mit (Mk.6,13) und ohne (Lk.10,34) besondere Vollmacht
[George P. Waugh, H.Bräumer, A. Remmers, M.J.Arentsen]
(2) kosmetische bzw. pflegende Funktion (Mt. 6,17/26,7/Lk. 7,46)
als antiker Ausdruck der Nächstenliebe in Anteilnahme und
äußerem Beweis der Wertschätzung des Kranken
[J.Ronald Blue, Daniel R. Hayden]
(3) rituelle bzw. symbolische Funktion (nicht im NT, nur im AT)
(im AT nur bei Priestern und Königen)
[MacDonald, R.A.Torrey, A.Köberle, Alexander Strauch]
Dementsprechend werden auch im Blick auf Jakobus 5 die verschiedenen Ansichten
vertreten:
(1) George P. Waugh (Was die Bibel lehrt):
Das Salben mit Öl ist eine medizinische Handlung, stellvertretend für den
allgemeinen Gebrauch
von Heilmitteln (Medikamenten). Argumente:
- Es war allgemein Sitte, einen kranken Menschen für Heilzwecke mit Öl
einzureiben
(Lk. 10,34).
- Die Reihenfolge: erst das Einreiben mit Öl, dann das Gebet (siehe Grundtext:
Verben
stehen im Aorist).
Zur Reihenfolge siehe Grundtext (Jak.5,14b):
¢ ¡ ¡^ µ ^ ½ .
sie sollen beten über ihm, gesalbt habend ihn mit Öl im Namen des Herrn!.
Die Krankenheilung nach Jakobus 5 Seite 9 von 12
(1) Arend Remmers (Geistesgaben oder Schwärmerei? Seite 64):
"Öl wurde im Altertum als Medizin gebraucht. ... Das hier verwendete griechische
Wort [Anm.:
für "salben"] (aleipho) wird im NT nur für äußerliche, körperliche Salbung
verwendet, während
ein anderes Wort (chrio) für das Salben von Seiten Gottes gebraucht wird."
(1) M.J.Arentsen (Hilfe & Nahrung, 1978):
"Öl ist in der Schrift ein Bild vom Heiligen Geist als Salbung, aber daran
sollten wir hier nicht
denken. Es ist ein wörtliches Salben mit Öl gemeint. Man wußte, dass Öl auf
Wunden
schmerzlindernd wirkt und vielfach dachte man, dass Öl imstande sei, körperliche
Krankheiten
zu heilen. Deshalb wurde es bei den Juden zur Gewohnheit, mit Öl zu salben."
(1)/(2) A.C. Gaebelein (Kommentar zum NT):
Die Salbung der Kranken mit Öl war [Anm.: im Judentum bzw. im Orient] eine
allgemeine
Praxis, wie man aus dem Talmud belegen kann.
(2) Daniel R. Hayden (zitiert von J. Ronald Blue im Walvoord-Bibelkommentar,
Bd.5, S.440)
"Jakobus schlägt also keine zeremonielle oder rituelle Salbung als göttliches
Heilmittel vor,
sondern spricht hier von der üblichen Praxis, Öl als ein Zeichen der
Ehrerbietung, aber auch zur
Erfrischung und bei der Pflege einzusetzen."
(3) W. MacDonald (Kommentar zum NT):
Er sieht das Salben mit Öl nicht als medizinische bzw. kosmetische Behandlung
an, sondern als
eine rituelle, zeichenhafte Handlung. Argument: "im Namen des Herrn".
im Namen des HERRN – was bedeutet das?
- Im Auftrag des HERRN bzw. anstelle des HERRN handeln bzw. reden (Jak.5,10).
- Im Namen des HERRN handeln heißt, so handeln wie der HERR selber handeln
würde,
wenn er persönlich anwesend wäre.
im Namen des HERRN salben – wie ist das zu verstehen?
salben im Namen des HERRN wird außer in Jakobus 5 sonst nirgends im NT bezeugt.
Es
kann folgendes meinen:
a) ein Handeln in Übereinstimmung mit dem Willen des HERRN (Kol.3,17) bzw. in
Kenntnis des Willens Gottes. Der Zusatz "im Namen des HERRN" meint: es soll
geschehen "in Übereinstimmung mit dem Willen des HERRN". Ein solches Handeln
setzt die sichere Kenntnis seines Willens voraus.
b) eine zeichenhafte Handlung, die auf besondere, zeitlich begrenzte, heute
nicht mehr
vorhandene Vollmacht hinweist (Mk.6,7.13/Joh.9,4). So verstanden gehört Jak.5,14
wahrscheinlich in die Kategorie der vollmächtigen Krankenheilungen etc., die in
der
Apostelzeit "im Namen des HERRN" vollbracht wurden (Apg.3,6/4,30/16,18)..
Die
Krankenheilung nach Jakobus 5 Seite 10 von 12
zu b) wollen wir bedenken: Mk.6,13 ist
die einzige Schriftstelle, die als Parallelstelle
(vergleiche stets Schrift mit Schrift!) zur Verfügung steht. Die Vollmacht der
Jünger in
Mk.6,13 ist unbestritten. Sie wird in Jak.5,14 in dem Zusatz "im Namen des
HERRN"
ebenfalls gefunden. Der Kontext (Jak.5,10) stützt diese Sicht.
M.J.Arentsen zu Jak.5,14-16 (Hilfe & Nahrung, 1978):
"Es ist sehr gut möglich, dass Gott tatsächlich jüdische Vorschriften gegeben
hat, die bis
zu dem Zeitpunkt gültig waren, wo jeder irdischen, jüdischen Erwartung durch die
Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n.Chr. der Boden entzogen wurde."
c) eine zeichenhafte Handlung mit geistlicher Bedeutung (Öl = Symbol für den
Heiligen
Geist, der die Heilung schenkt), die auch ohne besondere Vollmacht oder Kenntnis
des
Willens Gottes durchgeführt wird.
zu c) wollen wir bedenken: Diese Auffassung ist im NT nicht nachweisbar.
Außerdem:
Es wäre sicher inkonsequent, wenn einerseits die Salbung mit Öl als eine
geistlich-rituelle
bzw. symbolhafte Handlung aufgefasst und praktiziert, andererseits aber die
Kopfbedeckung der Frau als von Gott gegebenes Zeichen der Macht (1.Kor.11,10)
abgelehnt bzw. nicht gelehrt und auch nicht praktiziert würde.
Fritz Laubach (ethos 6/01, Seite 25):
"Heute besteht vielleicht in manchen Kreisen die Gefahr, in einem falsch
verstandenen
«Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes» die Salbung mit Öl an einem Kranken
auszuführen (ihm Öl auf seine Stirn zu streichen), ohne darüber biblisch
begründete
Auskunft geben zu können. Auf diese Weise würde die Salbung den Charakter einer
magischen Handlung gewinnen."
Hinweis: Das Handeln der Ältesten "im Namen des HERRN" (Jak.5,14) geschieht bzw.
geschah
offensichtlich in der selben Autorität wie das Reden der Propheten (Jak.5,10).
Es geschah
ebenfalls "im Namen des HERRN". Jakobus unterscheidet hier nicht. Wir wollen
diesen
Autoritätsanspruch deshalb nicht durch unbedachtes, nicht sicher begründbares
"Salben mit Öl
im Namen des HERRN" mindern.
Vieles, was heutzutage angeblich "im Namen des HERRN" geschieht, hat leider nur
wenig,
manchmal gar nichts mit dem HERRN zu tun. Der HERR selbst hatte seinerzeit
bereits darauf
hingewiesen (Mt.7,21-23).
Das Gebet des Glaubens – was ist das Gebet des Glaubens?
Der Zusatz "des Glaubens" hat nichts mit dem "Maß" unseres Glaubens zu tun. Es
kommt ganz
sicher nicht darauf an, ob wir viel oder wenig Glauben haben. Der typische
Vorwurf: "Du hast zu
wenig Glauben, deshalb kann Gott dich nicht heilen" ist nichts weiter als eine
üble Ausrede nach
misslungenen Heilungsversuchen.
Das Gebet des Glaubens ist auch nicht ein besonders vollmächtiges Gebet. Es hat
nichts damit zu
tun, ob die Ältesten nun besonders gute "Männer des Gebets" sind oder nicht..Die
Krankenheilung nach Jakobus 5
Seite 11 von 12
Das Gebet des Glaubens ist ein ernstliches Gebet (Jak.5,16.17). Es ist ein Gebet
nach den
Verheißungen bzw. nach dem Willen Gottes. Beleg: das Gebet Elias. Er wusste,
dass Gott Regen
geben wollte (1.Kö.18,1). Deshalb konnte er dem Willen Gottes bzw. der
Verheißung Gottes
gemäß beten. Ein Gebet, was dem Willen Gottes entspricht, das erhört Gott. Wenn
ein Gebet
nicht dem Willen Gottes entspricht, erhört er es i.d.R. auch nicht.
Das Gebet des Glaubens ist aber auch das Gebet eines Gerechten (V.16). Hiobs
Freunde (die
Ungerechten) hätten ebenso wie Hiob beten können. Doch Gott hätte ihr Gebet
nicht
angenommen (Hiob 42,8.9).
Das Bekennen der Sünden - warum?
Es ist notwendige Voraussetzung für eine Heilung. Die Krankheit an sich ist
nicht in jedem Fall
eine direkte Folge der Sünde, aber wenn Sünde begangen wurde, dann ist ihr
Bekenntnis
unbedingt notwendig. Deshalb ist jede Krankheit und jede Bitte um Heilung mit
einer
ernsthaften Selbstprüfung verbunden..
Die Krankenheilung nach Jakobus 5 Seite 12 von 12
7. Schlussfolgerungen
(a) Jakobus hat seine Anweisungen zur Heilung der Kranken nicht für uns, sondern
für
Angehörige des Volkes Israel geschrieben. Sie haben im Blick auf die Heilung von
Krankheiten
eine besondere Verheißung Gottes. Die von Jakobus beschriebene Zeremonie der
Heilung, die
auch eine Salbung mit Öl im Namen des HERRN beinhaltet, ist wahrscheinlich nicht
für die
"Nacht", in der wir uns heute befinden, und wahrscheinlich überhaupt nicht für
Christen aus den
Nationen bestimmt.
(b) Das Schweigen der übrigen Briefe des NT zur von Jakobus vorgeschriebenen
Praxis der
Krankenheilung und die in den Briefen des NT bezeugten, natürlichen
Krankheitsverläufe der
Gläubigen weisen ebenfalls in diese Richtung.
(c) Unter den hier vorgestellten, verschiedenen Möglichkeiten schriftgemäßer
Interpretation der
von Jakobus beschriebenen Zeremonie findet sich keine, die eine in jeder
Hinsicht bedenkenlose
Übertragung dieser jüdischen Praxis auf heutige Situationen zulässt.
(d) Die heutige Praxis der "Krankenheilung nach Jakobus 5" scheint sich daher
mehr auf eine
fragwürdige "Erfahrungstheologie" als auf die Schrift zu gründen.
(e) Doch dürfen und sollen auch wir im Krankheitsfalle mitleiden (1.Kor.12,26)
und füreinander
beten (Phil.4,6/1.Tim.2,1/Jak.5,16). Das kann in jeder Form (allein, zu zweit,
als Gruppe, als
Gemeinde etc.) geschehen. Wenn es dem Willen des HERRN entspricht, wird er das
Gebet / die
Gebete erhören und heilen. Sollte unvergebene Schuld vorliegen oder bewusst
werden, muss sie
bekannt, bereut und vergeben werden.
Bernd Grunwald