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Judas Walvoord

Judas (Edward C. Pentecost)


EINFÜHRUNG


Verfasserfrage


Der Verfasser des Judasbriefes, des letzten Briefes des Neuen Testaments, eröffnet sein Schreiben mit der schlichten Selbstauskunft: "Judas, ein Knecht Jesu Christi und Bruder des Jakobus" (V. 1 ).

Wer war dieser Judas? Es gibt drei Möglichkeiten. Entweder war er (a) ein Halbbruder Christi, (b) der Apostel Judas oder (c) ein Gemeindevorsteher der Urkirche in Jerusalem. Dieser letztere Judas war zusammen mit Paulus, Barnabas und Silvanus nach Antiochia gesandt worden ( Apg 15,22 ). Sein Beiname war Barsabbas - er war also möglicherweise ein Bruder des Josef Barsabbas, einer der beiden Nachfolger des Judas Iskariot ( Apg 1,23 ). Dann wäre er in der Kirche wohlbekannt gewesen. Es gibt jedoch kaum weitere Hinweise, daß er der Verfasser des Judasbriefes ist.

Was die Frage betrifft, ob der Apostel Judas diesen Brief geschrieben hat, so scheint Vers 17 darauf hinzudeuten, daß der Verfasser des Briefes sich selbst nicht zu den Aposteln zählte. Es könnte allerdings auch Bescheidenheit gewesen sein, die ihn zu dieser Formulierung bewogen hat. Andererseits hätte er wahrscheinlich im Blick auf die Wichtigkeit dessen, was er in seinem Brief behandelt, seine apostolische Autorität in die Waagschale geworfen und sich mit den anderen Aposteln gleichgesetzt, wenn er tatsächlich ein Apostel gewesen wäre.

Am plausibelsten ist also die These, daß es sich bei dem Verfasser des Judasbriefes um einen Halbbruder Jesu handelt, einen Sohn der Maria und des Josef, der nach Jesus geboren wurde. Der Begriff "Knecht" wäre in diesem Fall besonders passend, denn die Brüder Jesu glaubten zuerst nicht an seine Gottessohnschaft ( Joh 7,5 ), sondern bekehrten sich erst später, nachdem ihnen der auferstandene Christus begegnet war ( Apg 1,14 ). Judas scheint sich deshalb nicht einmal für wert gehalten zu haben, sich einen "Bruder" Christi zu nennen, er bezeichnet sich nur als seinen "Knecht".

Sein Bruder Jakobus, auf den er sich bezieht, war also ebenfalls ein Halbbruder des Herrn ( Mt 13,55; Mk 6,3 ). Jakobus spielte eine führende Rolle in der Jerusalemer Gemeinde ( Apg 15,13 ) und war außerdem der Verfasser eines Briefes, der seinen Namen trägt ( Jak 1,1 ).

Aus dem Judasbrief sprechen Zuneigung und Verständnis, aber auch Sorge um die Adressaten und eine gewisse Autorität. Judas wollte ursprünglich über ein freudiges Thema schreiben, nämlich "von unser aller Heil" ( Jud 1,3 ), sah sich dann jedoch durch die Umstände gezwungen, diesen eher düsteren Brief zu verfassen. Seine Liebe zu den Gläubigen, die er von immer größeren Feindseligkeiten umgeben sah, veranlaßte ihn, statt der geplanten freundlichen Worte eine ernste Warnung an seine Leser zu richten.



Stil


Judas schreibt einen sehr dynamischen Stil und gebraucht zahlreiche Metaphern (z. B. "Hirten", "Wolken" und "Bäume", V. 12 ; und "Wellen" und "Sterne", V. 13 ).

Er baut seine Gedanken häufig in Triaden auf, von denen nicht weniger als 18 im ganzen Brief gezählt wurden. Besonders auffallend ist die Dreigliedrigkeit in der Einleitung: "Judas ...Knecht ... Bruder" (V. 1 ), in der Anrede: "an die Berufenen, die geliebt sind ... und bewahrt" (V. 1 ), im Gruß: "Barmherzigkeit ... Frieden ... Liebe" (V. 2 ), bei der Beschreibung der Apostaten: "Gottlose ... mißbrauchen die Gnade unseres Gottes ... verleugnen ... Jesus Christus" (V. 4 ), beim Beispiel derjenigen, die schon früher vom rechten Glauben abgefallen sind und verurteilt wurden: "Volk ... aus Ägypten ... Engel ... Sodom und Gomorra und die umliegenden Städte" (V. 5 - 7 ), und schließlich in der Beschreibung der häretischen "Träumer": "die ihr Fleisch beflecken, jede Herrschaft verachten und die himmlischen Mächte lästern" (V. 8 ) und in der Fortsetzung dieser Schilderung: "sie gehen den Weg Kains und fallen in den Irrtum des Bileam um Gewinnes willen und kommen um in dem Aufruhr Korachs" (V. 11 ).

Um die Abscheulichkeit der Apostaten besonders deutlich zu machen, verläßt Judas sein Triadenschema und reiht Metapher an Metapher. Er bezeichnet sie als "Schandflecken ... (die) sich selbst weiden ... Wolken ohne Wasser ... kahle, unfruchtbare Bäume ... wilde Wellen ... umherirrende Sterne" (V. 12 - 13 ).

In erneuten Trilogien schildert er, daß sie "murren und hadern mit ihrem Geschick ... leben nach ihren Begierden", daß "ihr Mund stolze Worte redet" und sie "um ihres Nutzens willen ... den Leuten schmeicheln" (V. 16 ). "Diese sind es, die Spaltungen hervorrufen, niedrig Gesinnte, die den Geist nicht haben" (V. 19 ). Seine Leser fordert er auf: "Erbarmt euch ... andere reißt aus dem Feuer ... anderer erbarmt euch" (V. 22 - 23 ).

Immer wieder bezieht sich der Verfasser des Judasbriefes auf das Alte Testament. Er spricht vom Exodus Israels (V. 5 ), vom Tod der vielen Israeliten in der Wüste (V. 5 ), von Sodom und Gomorra (V. 7 ), dem Leichnam Moses (V. 9 ), von Kain (V. 11 ), Bileam (V. 11 ), Korach (V. 11 ), Henoch (V. 14 ) und Adam (V. 14 ).



Datierung


Über die Datierung des Judasbriefes gehen die Ansichten auseinander, da Judas weder die Gemeinde, an die sein Brief gerichtet ist, noch die bestimmte häretische Gruppierung, über die er schreibt, genauer identifiziert. Die meisten Exegeten setzen die Entstehung des Schreibens jedoch zwischen dem Jahr 67 und 80 n. Chr. an. Wahrscheinlich wurde Judas von Petrus beeinflußt, der seinen zweiten Brief um 67 - 68 n. Chr. verfaßte. (Petrus kündigte darin das bevorstehende Auftreten von Irrlehrern an [ 2Pet 2,1;3,3 ], Judas dagegen stellt fest, daß die falschen Lehrer sich bereits in die Gemeinde "eingeschlichen" haben [ Jud 1,4 ].) Außerdem begann die antinomistische gnostische Häresie, gegen die sich Judas in seinem Brief möglicherweise wendet, im 1. Jahrhundert bereits ihren Einfluß geltend zu machen.



Zweck des Briefes


Der ganze Judasbrief steht unter einem einzigen Hauptgedanken: "Hütet euch vor den Apostaten!" Übereinstimmend mit dieser Warnung richtet Judas an seine Leser die Aufforderung, "für den Glauben zu kämpfen" (V. 3 ). Die gnostische Häresie war auf dem Plan erschienen. "In einer noch relativ unentwickelten Form sind hier bereits alle wichtigen Elemente zu finden, die für den späteren Gnostizismus kennzeichnend waren - die Betonung der Erkenntnis, die von jeglichem Anspruch auf Moralität losgelöst wurde, die Arroganz gegenüber den 'nichterleuchteten' Gemeindevorstehern, das Interesse an der Dämonenlehre, der Geist der Spaltung und die Laszivität" (Michael Green, The Second Epistle General of Peter and the General Epistle of Jude , S. 39).

Die ersten Gnostiker, vor denen Judas warnt, leugneten die Gottheit Christi (V. 4 ), ergaben sich einer sündhaften Freizügigkeit (V. 4.8.16 ), lehnten sich gegen die Autorität auf (V. 8.11 ), gaben ihren Begierden nach (V. 16.18 ), waren nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht (V. 11.12.16 ), übten einen zersetzenden Einfluß aus (V. 19 ), ließen an nichts ein gutes Haar (V. 16 ) und waren hochmütige Prahler (V. 16 ).

Die Gnostik lehrt, daß der Geist gut und die Materie böse ist. Daher muß der geistige und geistliche Bereich uneingeschränkt gefördert werden und der Mensch muß die Freiheit besitzen, seinen diesbezüglichen Neigungen in jeder Hinsicht nachzugehen. Doch die Gnostiker gestatteten sich daneben auch alle Freiheiten des Fleisches. Der Kern dieser Apostasie war also, daß sie die Gnade Gottes für Ausschweifung und Laszivität mißbrauchte. Judas warnte die Gläubigen deshalb vor dem zweifachen Abfall von Gott, der in dem falschen Verhalten und der falschen Lehre dieser Häresie steckte.



Adressaten


Aus dem Ton des ganzen Briefes geht hervor, daß seine ursprünglichen Empfänger palästinische Judenchristen waren, die sich zu lokalen Gemeinden zusammengeschlossen hatten. Die reichlich vorhandenen Anspielungen auf das Alte Testament und außerbiblische Literatur weisen darauf hin, daß sie diese Beispiele ohne weitere Erklärungen verstanden. Die Erwähnung von Ägypten, Sodom und Gomorra, Mose, Kain, Bileam, der Rotte Korach, von Henoch, Adam und den gefallenen Engeln sprechen alle dafür, daß die Leser des Judasbriefes mit den alttestamentlichen Geschichten und auch mit der apokryphen Literatur vertraut waren.



Anwendung


Der Judasbrief ist eine ernste Warnung an alle Christen, denn sie alle sind der gleichen Lehre verpflichtet und damit auch in Gefahr, denselben praktischen Irrtümern zu erliegen, von denen hier die Rede ist. Obwohl das besondere Anliegen des Schreibens - die Warnung vor dem Abfall von Gott - es zunächst einmal vor allem für die Judenchristen des 1. Jahrhunderts interessant machte, gilt seine Botschaft doch gleichermaßen für Christen von heute. Alle Gläubigen müssen ja die Fallgruben erkennen und meiden lernen, die darin liegen, die Herrschaft Christi zu leugnen, sich fleischlichen Begierden hinzugeben, keinerlei Autorität anzuerkennen, die Gemeinschaft zu zersetzen und ein nur auf den eigenen Vorteil bedachtes Leben zu führen.



GLIEDERUNG


I. Grußwort (V. 1 - 2 )

II. Warnung vor den Apostaten (V. 3 - 4 )

III. Warnung vor der Gefahr der Apostasie (V. 5 - 16 )

     A. Abtrünniige in der Vergangenheit (V. 5 - 7 )
          1. Das Volk Israel in Ägypten (V. 5 )
          2. Die gefallenen Engel (V. 6 )
          3. Die Leute von Sodom und Gomorra (V. 7 )

     B. Abtrünnige in der Gegenwart (V. 8 - 16 )
          1. Sie erkennen keinerlei Autorität an (V. 8 - 10 )
          2. Sie sind einen Irrtum verfallen (V. 11 )
          3. Sie verkünden falsche Lehren (V. 12 - 13 )
          4. Sie denken nur an sich selbst (V. 14-16 )

IV. Anweisungen für die Vermeidung des Abfalls (V. 17 - 23 )

     A. Die Erinnerung an die Lehren der Apostel (V. 17 - 19 )
     B. Gebet und Erbauung (V. 20 - 21 )
     C. Barmherzigkeit (V. 22 - 23 )

V. Sieg über den Abfall (V. 24 - 25 )



AUSLEGUNG


I. Grußwort
(V. 1-2 )


Jud 1,1


Der Verfasser des Briefes führt sich mit schlichten Worten als Judas, ein Knecht Jesu Christi und Bruder des Jakobus ein. Er pocht also nicht auf seine Autorität, sondern ist damit zufrieden, "Knecht" ( doulos , "Sklave") Jesu Christi zu sein. (Zur Identität dieses "Judas" vgl. die Einführung .)

Sein Schreiben ist an die Berufenen, die geliebt sind in Gott, dem Vater, und bewahrt für Jesus Christus , gerichtet. Diese dreiteilige Beschreibung des Gottesvolkes ist ein Beispiel für die vielen Triaden des Briefes. Die erste Wendung - "an die Berufenen" - bezieht sich auf die Vergangenheit: Gottes souveränen Ruf zur Rettung durch die Gnade, in der er die Menschen erwählt (vgl. Röm 1,6; Röm 8,30; 1Kor 1,24; Eph 4,4; 2Pet 1,3 ). Der Ausdruck "die geliebt sind in Gott, dem Vater" betrifft die Gegenwart. Die Verbform "geliebt" besagt, daß die Liebe Gottes sich in der Vergangenheit zeigte, daß sie jedoch auch in der Gegenwart weiterbesteht. Die dritte Formulierung - "bewahrt für Jesus Christus" - gilt der absolut gewissen Zukunft der Christen, denn Gott wird die, die ihm vertrauen, bis zu Christi zweitem Kommen bewahren ( 1Thes 5,23; 2Tim 1,12; 1Pet 1,5; Jud 1,24 ). Die Berufung ist das Werk des Heiligen Geistes, die Liebe kommt vom Vater (vgl. 2Kor 13,13 ), und die Bewahrung vollbringt der Sohn. Judas schließt in sein Grußwort also die ganze dreieinige Gottheit ein. Das Wissen um ihre Berufung, die Liebe Gottes und ihre Bewahrung gibt den Gläubigen Gewißheit und schenkt ihnen in Zeiten des Abfalls Frieden.

Jeder einzelne Aspekt in dieser Anrede scheint im ganzen Brief fortzuwirken: Die Berufung klingt erneut auf in den Worten "unser aller Heil" (V. 3 ), von der Liebe Gottes ist in Vers 21 nochmals die Rede, und die Worte "wartet auf die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben" (V. 1 ; vgl. V. 4 ) schlagen den Bogen zurück zu der Bewahrung, die in Vers 1 angesprochen wurde.



Jud 1,2


Die göttlichen Segnungen Barmherzigkeit und Frieden und Liebe , die den Adressaten im Grußwort des Judasbriefes zugesprochen werden, sind den Christen, die in der freizügigen Atmosphäre der Irrlehre leben, ganz besonders notwendig. Die Barmherzigkeit Gottes kann sie in schwierigen Zeiten erhalten ( Hebr 4,16 ), sein Friede läßt sie inmitten des Bösen, das sie umgibt, ruhig sein ( Röm 15,13; Phil 4,7 ), und seine Liebe kann sie schützen und in Gefahren bewahren ( Röm 5,5; 1Joh 4,12.15-16 ).

Der Gruß gibt zugleich Aufschluß über den Charakter des Briefschreibers. Seine Wortwahl enthüllt sein tiefes Mitgefühl und die Sorge, die er für seine Adressaten empfindet. Er wünscht ihnen, daß sie das ganze Ausmaß der "Barmherzigkeit und des Friedens und der Liebe" Gottes kennenlernen. Diese tiefe Zuneigung zu seinen Lesern veranlaßt Judas zu einer Warnung vor denen, die in die Gemeinde eindringen, um sie zu zerstören, und die nichts von der Barmherzigkeit, dem Frieden und der Liebe Gottes wissen.



II. Warnung vor den Apostaten
(V. 3-4 )


Jud 1,3-4


Judas wünschte sich zwar eigentlich, von etwas sehr viel Angenehmerem - von unser aller Heil - schreiben zu können, doch er sieht sich gezwungen, in diesem Brief zunächst ein sehr viel dringenderes - und in seinen Auswirkungen schreckliches - Thema aufzugreifen. Es sind offenbar Umstände eingetreten, die ein sofortiges Handeln seinerseits erfordern. Es geht dabei um ein in der frühen Christenheit bekanntes Problem, und Judas mahnt seine Leser denn auch zu einer entschlossenen Haltung.

Er kommt sogleich zur Sache: Deshalb hielt ich's für nötig, ... daß ihr für den Glauben kämpft . Judas ist besorgt, weil sich gottlose Leute bei ihnen eingeschlichen haben. Sie hatten sich der Gemeinde angeschlossen und gaben vor, zu ihr zu gehören, während sie ihr eigentlich feindselig gegenüberstanden.

Judas wendet sich in seinem Schreiben an die, die Glauben und Heil besitzen. Seine Worte sind eine Warnung an die Gläubigen, sich vor den Abtrünnigen zu hüten, die in die Ortsgemeinden eingedrungen sind und die Glaubensgrundlage, auf die die Kirche erbaut ist, zerstören werden, wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gibt.

"Der Glaube", den Gott ein für allemal den Heiligen überliefert hat, ist die Wahrheit, die von den Aposteln gelehrt wurde. Der Begriff "Glaube" bezieht sich hier wie auch in Gal 1,23 und 1Tim 4,1 auf bestimmte Glaubensinhalte. Die falschen Lehren der Abtrünnigen müssen den Kampfgeist der Gläubigen auf den Plan rufen ( epagOnizesthai , "hart kämpfen"). Sie sollen jene Wahrheiten, die gottlose Kräfte in der Gemeinde zu zerstören versuchten, mit allen Mitteln verteidigen. Die Grundaussage dieser Passage wie auch des ganzen Judasbriefes lautet: "Laßt uns festhalten an dem Bekenntnis" ( Hebr 4,14 ).

Die in die Gemeinden eindringenden Libertinisten waren offenbar Außenseiter, die die Kirche zu vergiften drohten und deshalb aus ihr entfernt werden mußten. Sie waren keine irrenden Anhänger Christi, sondern nicht zum Christentum gehörige Eindringlinge, die den Gläubigen ihren Glauben nehmen wollten.

Das Urteil über diese Menschen, das schon längst ... geschrieben ist , bezieht sich vielleicht auf bestimmte alttestamentliche Prophezeiungen (z. B. Jes 8,19-22; Jer 5,13-14 ). Doch auch im Neuen Testament wird solchen Leuten ein schlimmes Ende vorhergesagt (z. B. 2Thes 2,6-10; 2Pet 2,3 ).

Zwei Merkmale charakterisieren die Gottlosen ( asebeis , "Frevler"; vgl. Jud 1,15 ): Sie pervertieren die Gnade Gottes, und sie lehnen den Sohn Gottes ab.

Unter dem Vorwand der christlichen Freiheit deuten sie die göttliche Gnade als Freibrief für Ausschweifung , um sich ungehindert ihren fleischlichen Begierden hingeben zu können. Ihr Libertinismus hat die Gnade in barbarische Zügellosigkeit verkehrt. Die Antinomisten behaupteten, daß es richtig sei, den Begierden des Fleisches nachzugeben, weil das Fleisch nicht von Gott geschaffen sei. Es ist nicht überraschend, daß diese praktische Perversion von einer ebenso großen Perversion der Lehre begleitet war, nämlich der Leugnung der Person und Vollmacht Jesu Christi.



III. Warnung vor der Gefahr der Apostasie
(V. 5 - 16 )


Zunächst warnt Judas seine Leser vor der Gefahr der Abirrung von der rechten Lehre, indem er ihnen drei Beispiele früherer Apostaten schildert, die ein schreckliches Ende fanden (V. 5 - 7 ). Danach beschreibt er das Gericht, das den Irrlehrern, die jetzt aufgetreten sind, bevorsteht (V. 8-16 ).



A. Abtrünnige in der Vergangenheit
(V. 5 - 7 )


1. Das Volk Israel in Ägypten
(V. 5 )


Jud 1,5


Das Stichwort Ägypten ruft den Lesern die Tatsache in Erinnerung, daß die meisten Israeliten, die aus Ägypten flohen, keinen wirklichen Glauben hatten. Nicht umsonst kam eine ganze Generation wegen ihres Unglaubens in der Wüste um (vgl. Hebr 3,16-19 ).



2. Die gefallenen Engel
(V. 6 )


Jud 1,6


Ein Teil der Engel blieb in seinem ursprünglichen Wirkungsbereich und war Gott gehorsam. Andere dagegen lehnten sich auf und (bewahrten) ihren himmlischen Rang nicht , sondern (verließen) ihre Behausung und werden nun für das Gericht des großen Tages ... mit ewigen Banden in der Finsternis (festgehalten) .

Es ist nicht ganz klar, auf welche alttestamentliche Quelle sich Judas hier bezieht. Manche Exegeten sehen eine Verbindung zu 1Mo 6,1-4 und betrachten die "Gottessöhne", die mit den "Töchtern der Menschen" zusammen auf der Erde lebten, als die Engel, die "ihren himmlischen Rang" im Ungehorsam gegen Gott aufgaben. (Vgl. dagegen den Kommentar zu 1Mo 6,1-4 .) Andere sind der Meinung, daß Judas das apokryphe Buch Henoch heranzog. Da er seine Quelle nicht angibt, bleiben wir jedoch auf Vermutungen angewiesen. Die Art und Weise, in der er von den Engeln spricht, gibt jedenfalls Grund zu der Annahme, daß das hier Gesagte den Lesern bekannt war und keiner weiteren Erklärung bedurfte.



3. Die Leute von Sodom und Gomorra
(V. 7 )


Jud 1,7


Der dritte historische Beleg, das Geschehen in Sodom und Gomorra und den umliegenden Städten , dient als abschreckendes Beispiel dafür, was Menschen widerfährt, die sich von Gott abwenden und ihren Begierden folgen. Das Schicksal der Ungläubigen in diesen beiden Städten ( 1Mo 19,1-29 ) ist ein Vorgeschmack auf das Schicksal derjenigen, die Gottes Wahrheit leugnen und seine Warnungen in den Wind schlagen. Das strafende Feuer, das auf die verderbten Bewohner von Sodom und Gomorra herabfiel, versinnbildlicht zugleich das ewige Feuer der Hölle, das die falschen Lehrer zu spüren bekommen werden.



B. Abtrünnige in der Gegenwart
(V. 8 - 16 )


1. Sie erkennen keinerlei Autorität an
(V. 8 - 10 )


Jud 1,8


Nach den Beispielen aus der Vergangenheit wendet sich Judas den Irrlehrern zu, die in den Gemeinden aufgetaucht sind, wobei er die Reihenfolge seiner historischen Beispiele in Vers 5 - 7 abwandelt. Diejenigen, die ihr Fleisch beflecken , sind wie die Einwohner von Sodom und Gomorra. "Beflecken" ist miainousin , wörtlich "beschmutzen, verderben" (das Verb kommt sonst nur noch in Tit 1,15 und Hebr 12,15 vor). Diejenigen, die jede Herrschaft verachten , sind wie die ungläubigen Israeliten, die die Vollmacht des Mose und die Autorität Jahwes anzweifelten. Diejenigen, die die himmlischen Mächte lästern , erinnern an die gefallenen Engel. Alle drei hier geschilderten Verhaltensweisen enthüllen eine innere Haltung, die sich in ausschweifendem Lebenswandel (vgl. Röm 1,24.26-27; Eph 4,19 ), geistiger Insubordination und mangelnder religiöser Ehrfurcht äußert. Sie sind Träumer , die sich unrealistischerweise vormachen, daß ihr Denken und ihre Lebensweise die Menschen zufrieden machen kann.



Jud 1,9


Michael, der Erzengel , wurde gesandt, um den Leichnam des Mose zu bestatten. Doch nach jüdischer Überlieferung (das pseudepigraphische Buch über die Himmelfahrt des Mose) rechtete der Teufel mit dem Engel um den Leichnam des Mose , beanspruchte ihn also offensichtlich für sich. Trotz seiner Macht und Autorität wagte Michael nicht, sich Satan zu widersetzen. Er stellte die Sache Gott anheim, indem er sagte: Der Herr strafe dich! Auch die falschen Lehrer, von denen Jus spricht, haben keinen Respekt vor irgendwelcher Autorität oder vor den Engeln. Ihre arrogante Lästerung himmlischer Wesen (V. 8 ) steht in Kontrast zum Verhalten des obersten Engels Michael, der es nicht wagte, Satan, den obersten der gefallenen Engel, zu lästern.



Jud 1,10


Während Michael es nicht wagte, den Teufel anzuklagen, lästern die Abtrünnigen alles, wovon sie nichts verstehen. Damit sind vielleicht ihre Schmähreden gegen die Engel gemeint (V. 8 ). Mit ihrer Erkenntnisfähigkeit ist es nicht weit her; sie folgen lediglich ihrem animalischen Instinkt. Ihre ganze Vernunft ist so beschaffen wie die von unvernünftigen Tieren . Statt zu begreifen, was über ihnen ist (die Engel), verstehen sie nur, was unter ihnen ist (die Tiere). Mit diesem Argument führt Judas den gnostischen Anspruch auf eine besondere, höhere Erkenntnis ad absurdum. Ihr Wissen, das "ihr Fleisch befleckte" (V. 8 ), ist im Grunde genommen so selbstzerstörerisch wie die Sünde von Sodom.



2. Sie sind einem Irrtum verfallen
(V. 11 )


Jud 1,11


Auch hier wendet Judas das Stilmittel der Triade an. Die Apostaten irren in dreifacher Hinsicht, deshalb: Weh ihnen!

Sie gehen den Weg Kains. Das kann entweder bedeuten, daß sie wie Kain (a) sich im Ungehorsam gegen Gott ihre eigene Religion zurechtzimmerten, (b) andere mit Neid und Mißgunst betrachteten oder (c) sie bis aufs Blut haßten (vgl. 1Joh 3,12 ).

Sie fallen in den Irrtum des Bileam. Bileam ermutigte die Menschen unter dem Vorwand, Gott zu dienen, zur Sünde und versuchte gleichzeitig, aus ihrem Irrtum Profit zu schlagen ( 2Pet 2,15-16; 4Mo 22,21-31 ). In ähnlicher Weise stifteten die Irrlehrer zur Zeit des Judas andere aus Geldgier zur Sünde an, ohne das Gefährliche ihres Tuns zu bemerken.

Sie kommen um in dem Aufruhr Korachs. Korach zettelte einen Aufstand gegen Mose und Aaron an, deren von Gott gegebene Vollmacht er nicht anerkannte ( 4Mo 16 ). Seine Auflehnung galt im Grunde genommen also Gott selbst. Ebenso lehnen sich die Menschen, von denen Judas hier spricht (vielleicht bestimmte Gemeindevorsteher), gegen Gottes Autorität auf und werden schließlich ebenso plötzlich vernichtet werden. Ihr Ende ist so gewiß, daß Judas davon im Präsens spricht, als sei es bereits eine Tatsache.



3. Sie verkünden falsche Lehren
(V. 12 - 13 )


Jud 1,12


Judas macht deutlich, wie geschickt sich die Abtrünnigen in die Gemeinden eingeschlichen haben. Es war ihnen gelungen, bei den Liebesmahlen , den intimsten religiösen Feiern der Gläubigen, an die sich wahrscheinlich die Feier des Heiligen Abendmahls anschloß, dabeizusein. Dabei leugneten sie trotz ihrer äußerlichen Teilnahme an der Zeremonie innerlich den Herrn (V. 4 b). Das ist die schlimmste vorstellbare Blasphemie überhaupt. Menschen dieser Art sind Schandflecken ( spilades , "Flecken"; vgl. die Verbform espilOmemon , "befleckt", in V. 23 ), die die innere Schönheit der Kirche verunzieren. Doch indem sie andere beflecken (V. 12 ), verunreinigen sie im Grunde genommen sich selbst (V. 13 ). Außerdem machen sie sich ohne alle Scheu in der Gemeinde breit (vgl. "es haben sich einige eingeschlichen"; V. 4 ).

Nicht genug damit, haben diese Ungläubigen sich eine Hirtenrolle in der Gemeinde angemaßt, ohne sie wirklich auszuüben. Statt der Herde Gottes Nahrung zu geben, weiden sie sich selbst . Undenkbar, daß ein Schafhirte seine Schafe nicht füttert, was doch seine Hauptaufgabe ist! Die Führungsrolle, die die Apostaten beanspruchen, ist falsch, denn sie beruht auf Täuschung, Hartherzigkeit und Eigennutz.

Als Gemeindevorsteher sind die falschen Lehrer wie Wolken ohne Wasser, vom Wind umhergetrieben . Das ist der erste von vier sehr anschaulichen Vergleichen aus der Natur in den Versen 12 - 13 . Diese Männer haben kein Wasser für durstige Seelen anzubieten, sie tun lediglich so und verschwinden dann wieder, unruhig wie vom Wind getriebene Wolken.

Außerdem sind die Abtrünnigen als Gemeindeleiter geistlich tot. Kahle, unfruchtbare Bäume erscheinen "tot" oder sind es tatsächlich. Ein Baum, der entwurzelt ist, ist tot auf ewig, er ist zweimal abgestorben . Die innere Abgestorbenheit der abtrünnigen Gemeindeleiter wird an zwei Dingen deutlich: (a) Sie bringen keine geistliche Frucht im anderen, und (b) sie sind selbst ohne geistliche Wurzeln und gehen deshalb dem Gericht entgegen.



Jud 1,13


Wie wilde Wellen des Meeres , die vor- und zurückrollen und Schaum am Ufer zurücklassen, sind diese Apostaten nur Schaumschläger, die nichts Dauerhaftes, Erbauendes, Hilfreiches oder irgendeine geistliche Nahrung hinterlassen, sondern nur ihre eigene Schande ausspeien, die aus ihrer ganzen Handlungsweise erwächst.

Umherirrende Sterne (d. h. "Sternschnuppen") bewegen sich über den Himmel, leuchten nur kurz auf und verschwinden dann wieder, ohne Licht zu spenden oder die Richtung zu weisen. Fixsterne dagegen helfen dem Steuermann, die Richtung zu halten. Wenn ein Kapitän so naiv wäre, sich nach einer Sternschnuppe zu richten, würde er in die Irre fahren. Ebenso kurzlebig, nutzlos und irreführend ist das kometenhafte Hervortreten der falschen Gemeindeleiter. Sie führen unvorsichtige Christen vom rechten Weg ab und geben sich als etwas aus, was sie nicht sind. Deshalb werden sie für immer in die dunkelste Finsternis verschwinden; die ewige Strafe ist ihnen sicher.

Bei den Apostaten handelte es sich also offensichtlich nicht um geistlich unfruchtbar gebliebene Gläubige, die vor dem Richterstuhl Jesu keine Belohnung erwarten durften, sondern um Betrüger, die nach ihren bösen Werken gerichtet werden.



4. Sie denken nur an sich selbst
(V. 14 - 16 )


Jud 1,14-15


Das Gericht über die Abtrünnigen, von dem bereits in Vers 4 - 7.13 die Rede war, wird nun bestätigt durch einen Hinweis auf die Prophezeiung von Henoch, des siebenten von Adam an ( 1Mo 5,3-21 ), die dieser noch vor der Sintflut machte. Die Forscher haben allerdings immer darüber gerätselt, warum es im Alten Testament keinerlei Hinweis auf diese prophetische Äußerung, die Henoch zugeschrieben wird, gibt. Da die Formulierung im Judasbrief einer Passage in dem apokryphen Buch des Henoch ( Jud 1,9 ) gleicht, das vor 110 v. Chr. entstand und daher den ersten Christen wahrscheinlich bekannt war, nehmen viele Wissenschaftler an, daß Judas aus dieser Schrift zitiert. Andere wiederum sind der Ansicht, daß die Unterschiede zwischen der Äußerung im Judasbrief und der Formulierung im Henochbuch auf eine direkte göttliche Eingebung bei Judas deuten oder daß er im Rahmen einer solchen Eingebung eine mündliche Tradition wiedergibt. Keine dieser Auffassungen steht dem Inspirationsgedanken der Heiligen Schrift entgegen. Falls Judas tatsächlich eine apokryphe Schrift zitierte, so bestätigte er damit lediglich die Wahrheit der betreffenden prophetischen Aussage, nicht etwa dieser ganzen Schrift (vgl. auch Paulus' Zitation eines Ausspruchs des kretischen Dichters Epimenides in Tit 1,12 ).

Henochs Prophezeiung spricht von der Wiederkunft Christi auf die Erde, bei der er mit seinen vielen tausend Heiligen in Herrlichkeit ( Mt 24,30; 2Thes 1,10 ) kommen wird, Gericht zu halten über alle ( 2Thes 1,7-10 ) und zu strafen alle Menschen für alle Werke ihres gottlosen Wandels. Er wird ihnen unwiderleglich beweisen, daß ihr Tun, Denken und Reden gottlos ( asebeis , "frevelhaft"; vgl. Jud 1,4 ) war. Der dreifache Gebrauch des Wortes "gottlos" unterstreicht, wie stark ihr ganzes Wesen von der Gottlosigkeit geprägt ist. Statt wahre geistliche Leiter zu sein, haben sie "frech" gegen Christus geredet (vgl. "lästern" in V. 10 ) und ihn geleugnet.



Jud 1,16


Judas hebt vier Charakterzüge der Apostaten hervor, die mit dem Verdammungsurteil der Henochprophezeiung übereinstimmen. (a) Sie murren und hadern mit anderen, ohne ihre eigenen Fehler zu sehen. (b) Sie leben nach ihren Begierden (vgl. V. 8.10.18 - 19 ). (c) Ihr Mund redet stolze Worte (das Wort hyperonka , das außer an dieser Stelle nur noch in 2Pet 2,18 vorkommt, bedeutet soviel wie "aufgebläht" oder "geschwollen"). (d) Sie schmeicheln ... den Leuten und machen sich um ihres Nutzens willen lieb Kind. Ständig unzufrieden, nur auf sich selbst bezogen, egozentrisch und heuchlerisch - so treten Apostaten damals wie heute auf.

In ungeschminkten Worten zeichnet Judas hier ein Bild der Abtrünnigen und macht zugleich ihren üblen Charakter offenbar, um den Gläubigen die wahre Natur der Verführer und ihr schließliches Schicksal warnend vor Augen zu führen. Mit diesen Ausführungen legt er den Grund für den folgenden Aufruf an seine Leser, gegen diese gottlosen Männer und ihre Praktiken Stellung zu beziehen.



IV. Anweisungen für die Vermeidung des Abfalls
(V. 17 - 23 )


Nach seiner drastischen Beschreibung der Apostaten gibt Judas den Gläubigen Richtlinien, wie sie selbst derartigen Verirrungen aus dem Weg gehen können. Es genügt nicht, die falschen Lehrer zu erkennen; ebenso wichtig ist es, ihre Irrtümer zu vermeiden.



A. Die Erinnerung an die Lehren der Apostel
(V. 17 - 19 )


Jud 1,17-19


Judas mahnt seine Leser, sich der Worte, die ... von den Aposteln über die Spötter gesagt wurden, zu erinnern. In Ephesus warnte Paulus vor den "reißenden Wölfen", die kommen würden, um die Herde auseinanderzutreiben und die Wahrheit zu entstellen ( Apg 20,29-30 ). Ähnliche Worte gebrauchte er gegenüber Timotheus ( 1Tim 4,1; 2Tim 3,1-5;4,3-4 ). Auch Petrus ging auf dieses Thema ein ( 2Pet 2,1-3; 2Pet 3,3-4 ). Das Zitat in Judas 18 gibt denn auch in freier Form die Worte des Petrus in 2Pet 3,3 wieder und faßt zugleich die Warnungen des Apostels Paulus zusammen.

Die Eindringlinge (a) spotten (vgl. V. 10-15 ) und (b) folgen ihren eigenen gottlosen Begierden (vgl. V. 16 ). Es sind niedrig Gesinnte (vgl. Jud 1,10.16 ), die (c) Spaltungen unter den Gläubigen hervorrufen . Solche Leute haben ganz eindeutig den Geist nicht und sind nicht wiedergeboren ( Röm 8,9 ).



B. Gebet und Erbauung
(V. 20 - 21 )


Jud 1,20-21


Neben der Erinnerung an die Worte der Apostel sollen sich die Leser auch ihrer eigenen Haltung bewußt werden. Dieser Vers bildet das Kernstück der Botschaft des Judasbriefes: Erbaut euch auf euren allerheiligsten Glauben, und betet im heiligen Geist, und erhaltet euch in der Liebe Gottes und wartet auf die Wiederkehr Christi. Der ins Auge springende Gegensatz dieser Handlungsweise zur Handlungsweise der Spötter wird schon von vornherein durch die einleitenden Worte "Ihr aber" hervorgehoben. Zum dritten Mal redet Judas seine Leser an dieser Stelle mit "meine Lieben" an (V. 3.17.20 ).

Die persönliche Erbauung ("erbaut euch auf") erwächst aus der fortschreitenden Erkenntnis innerhalb des "allerheiligsten Glaubens". Dieser Glaube, "der ein für allemal den Heiligen überliefert ist" (V. 3 ), wurde von den Aposteln gelehrt und wird nun durch die Schrift übermittelt, aus der die Gläubigen lernen sollen ( Apg 20,32; 2Tim 2,15 ).

Das Gebet im Heiligen Geist ist nicht mit Zungenreden gleichzusetzen. Vielmehr ist es ein "Beten aus einem vom Heiligen Geist erleuchteten und erfüllten Herzen" (George Lawrence Lawlor, Translation and Exposition of the Epistle of Jude , S. 127). Es ist ein Gebet in der Vollmacht des Heiligen Geistes (vgl. Eph 6,18 ).

Sich "in der Liebe Gottes zu erhalten" ( Jud 1,21 ) bedeutet nicht, daß das Heil von den eigenen Bemühungen der Menschen abhängt, denn das wäre ein klarer Gegensatz zu anderen neutestamentlichen Passagen (z. B. zu V. 24 ). Der Gläubige ist vielmehr in Gottes Liebe geborgen und lebt in Gemeinschaft mit Gott (vgl. Joh 15,9-10 : "bleibt in meiner Liebe").

Das Warten ( prosdechomenoi , "Ausschau halten") auf die selige Hoffnung, die Rückkehr Christi zu seiner Kirche, ist ein viertes Element der persönlichen Erbauung. Diese Erwartung ist zugleich ein Warten auf die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus , die in der Entrückung in vollstem Maße erfüllt wird. Judas fügt hinzu, daß sie zum ewigen Leben , d. h. zu einem ewigen Leben in Gottes Gegenwart, führen wird (vgl. 1Pet 1,6.9.13 ).



C. Barmherzigkeit
(V. 22 - 23 )


Jud 1,22-23


Da die Worte der Apostaten große Verwirrung stifteten, gerieten wahrscheinlich viele Gläubige in Zweifel darüber, ob sie sich ihren Überzeugungen anschließen sollten. Diese Angefochtenen sollen nach Judas' Worten nicht beschimpft oder kritisiert werden. Vielmehr soll man liebevoll und barmherzig mit ihnen umgehen - wie es auch der Herr tun wird (vgl. V. 21 ). Sie brauchen Ermutigung, nicht Tadel, Erbauung, nicht Zerstörung.

Andere - die Ungeretteten - sind im Begriff, in das ewige Feuer der Hölle zu fallen (vgl. V. 7 ). Diesen Menschen sollen die Gläubigen nach den Worten des Judas zu Hilfe zu kommen und sie aus dem Feuer reißen.

Einer dritten Gruppe sollen sie barmherzig, aber in Furcht , d. h. mit Vorsicht, begegnen, um nicht von der Sünde des "verworfensten Häretikers" (Michael Green, The Second Epistle General of Peter and the General Epistle of Jude , S. 188) befleckt zu werden. Diese letzteren sind so verderbt, daß der Gestank des Todes sie verunreinigt hat und und sogar ihr Gewand gleichsam vom Geruch des verwesten Fleisches stinkt (vgl. den Kommentar zu "befleckt" in V. 12 ).

In seinem kurzen Schreiben erteilt Judas den Gläubigen also sieben Anweisungen:

1. Setzt euch mit Ernst für den Glauben ein (V. 3 ).

2. Denkt an die Lehren und Warnungen der Apostel (V. 17 )

3. "Erbaut euch auf euren allerheiligsten Glauben" (V. 20 ).

4. Betet im Heiligen Geist (V. 20 ).

5. "Erhaltet euch in der Liebe Gottes" (V. 21 ).

6. Wartet auf die Barmherzigkeit des Herrn, die euch in das ewige Leben bringen wird (V. 21 ).

7. Seid barmherzig gegenüber Christen, die zweifeln, reißt die Ungläubigen aus dem Feuer und erbarmt euch, wenn auch mit Vorsicht, der Verdorbenen (V. 22 - 23 ).

 

V. Sieg über den Abfall
(V. 24 - 25 )


Jud 1,24-25


In dieser letzten Passage seines Briefes bricht Judas in eine jubelnde Doxologie aus, die Antwort auf die stillschweigende Frage gibt: "Wer wird uns von den Apostaten und der Irrlehre, zu der sie die Leichtgläubigen verführen, befreien?" Nach Judas gebührt alles Lob dem ..., der euch vor dem Straucheln behüten kann . Der Sieg über die Irrlehre liegt in Christus. Er ist derjenige, der die Gläubigen "erhalten" und sie untadelig und mit Freuden (für ihn und für sie) vor seinen Vater stellen wird ( 1Pet 1,8; Hebr 12,2 ). Angesichts dieser Tatsache ist Siegesfreude, Lob und höchste Verehrung angebracht und können die Erlösten sich allergrößter Gewißheit erfreuen. Judas schreibt Gott, dem alleinigen Gott, unserm Heiland, ... Ehre und Majestät und Gewalt und Macht zu, die den Gläubigen durch den Sieger Jesus Christus, unsern Herrn , zugänglich sind. Die Erhöhung Gottes gilt in der ewigen Vergangenheit, in der Gegenwart und für alle Ewigkeit in der Zukunft.

So findet Judas am Ende seines Briefes noch Gelegenheit, die Worte der Freude zu schreiben, die er seinen Lesern eigentlich gerne sagen wollte (V. 3 ), denn in Christus ist eine sichere Hoffnung auf den Sieg, die den Gläubigen Freude und Vertrauen gibt.



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