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Der überlieferte Text

des Neuen Testaments

und die heutigen Bibelübersetzungen

 

von Rudolf Ebertshäuser

 

  

1. Die Wichtigkeit der griechischen Textgrundlage

für die deutschen Übersetzungen des Neuen Testaments

 

Jede Ausgabe des Neuen Testaments (NT) in deutscher Sprache ist eine Übersetzung eines griechischen Textes des NT. Diese griechische Textgrundlage (auch Grundtext genannt) beruht ihrerseits auf den über 5.000 griechischen Handschriften des Neuen Testaments, die uns heute bekannt sind. Sie wiederum sind alle Abschriften von früheren Abschriften, die letztlich auf die Originalhandschriften zurückgehen. Der Wortlaut jeder deutschen Bibelübersetzung wird bestimmt vom Wortlaut der griechischen Vorlage, die bei der Übersetzung benutzt wurde. Deshalb ist es für alle Bibelleser von Bedeutung, welcher Grundtext ihrer Bibel zugrundeliegt. 

Die reformatorischen Bibelübersetzungen und der „Textus Receptus“ des Neuen Testaments

 

Alle Bibelübersetzungen in den Volkssprachen der einzelnen Länder gehen letztlich zurück auf die Zeit der Reformation. Damals wurde durch Gottes Gnade die Heilige Schrift den Völkern in Europa und darüber hinaus in ihren Sprachen zugänglich. Die finstere Herrschaft der katholischen Kirche, die die Wahrheit der Bibel den Menschen vorenthielt und jede Bibelübersetzung in die Volkssprachen z. T. blutig unterdrückte, wurde in vielen Ländern gebrochen. In den folgenden Jahrhunderten brachte das frei zugängliche Wort Gottes wunderbare Frucht in der Errettung vieler Menschen. Die Bibel wurde in immer mehr Volkssprachen übersetzt, als von Gott berufene Boten das Evangelium in alle Welt trugen. Millionen Menschen in aller Welt wurden durch das Wort Gottes getroffen, erleuchtet, zur Bekehrung und Wiedergeburt gebracht. Die Heilige Schrift wurde für sie zur höchsten Autorität ihres Glaubenslebens.

 

Von der Zeit der Reformation an bis zum Ende des 19. Jahrhunderts beruhten alle protestantischen Bibelübersetzungen wie etwa die Luther-Bibel, die ursprüngliche Zürcher Bibel, die King-James-Bibel u. a. im Neuen Testament auf ein und demselben griechischen Text, dem sogenannten „Textus Receptus“ (etwa: „der angenommene, von allen akzeptierte Text“), der zuerst 1516 von dem Gelehrten Erasmus von Rotterdam herausgegeben worden war. Dieser Text war von allen Reformatoren als von Gott gegeben und zuverlässig angenommen worden. Er wurde aber auch von Millionen gläubigen Christen verschiedener Glaubensprägung einheitlich anerkannt. So war der Textus Receptus des Neuen Testaments für alle Gläubigen über 350 Jahre lang die unbestrittene, verläßliche Grundlage ihres Glaubens.

 

Das Aufkommen der Textkritik und der textkritischen Bibeln

 

Beginnend mit dem 19. Jahrhundert jedoch gewann die Wissenschaft der „Textkritik“[1] an Einfluß bei Kirchen und Theologen. Sie erhob den Anspruch, durch Erforschung einzelner Handschriften und Vermutungen einen „besseren“, dem Original näheren Grundtext zu konstruieren. Dabei stützten sie sich auf einige sehr alte Handschriften (abgekürzt HSS), die an zahlreichen Stellen vom überlieferten Text der Reformation abwichen. Einige der bekanntesten Textkritiker des 19. Jahrhunderts sind Constantin von Tischendorf, Brooke Foss Westcott und Fenton John Anthony Hort. Dem Textus Receptus wurden textkritische Ausgaben des griechischen NT entgegengestellt, die zahlreiche Streichungen und Veränderungen des jahrhundertelang überlieferten Bibeltextes enthielten. Dabei gewann im Laufe der Zeit die Ausgabe des deutschen Textkritikers Eberhard Nestle immer größere Bedeutung, die von Erwin Nestle und dann Kurt Aland weitergeführt wurde. Heute ist die „Nestle-Aland“-Ausgabe des griechischen NT (abgekürzt NA) der Standardtext für Theologen und Bibelgesellschaften.

 

Schritt für Schritt drangen die von der Textkritik verursachten Veränderungen des überlieferten Textes auch in die Bibelausgaben ein. Mit dem Erscheinen der English Revised Version von 1881, die die Authorized Version („King-James-Bibel“) von 1611 ersetzen sollte, wurde zum ersten Mal ein von der Textkritik zusammengestellter kritischer Grundtext des NT für eine große Bibelübersetzung zugrundegelegt. Diese Revision stieß jedoch bei den englischsprachigen Gläubigen auf wenig Anerkennung. Bis heute hat die King-James-Bibel im englischen Sprachraum eine besondere Stellung und wird von vielen bibeltreuen Gläubigen geschätzt und beibehalten.

 

Die Lutherbibel beruhte vor 1912 noch vollständig auf dem Textus Receptus. 1912 wurden nur einige wenige Stellen verändert. Der eigentliche Einbruch der Textkritik erfolgte erst mit der Revision von 1956. Seitdem folgt die Lutherbibel weitgehend dem neuen Standard des textkritischen „Nestle-Aland“-Textes. Die Schlachterbibel (1905) folgte überwiegend dem Textus Receptus und bewahrte ihn insbesondere an den geistlich wichtigen Stellen. Mit einigen Einschränkungen kann das auch von der alten Elberfelder Übersetzung (1855) gesagt werden. Die neueren Bibelübersetzungen, wie etwa die Luther-Revisionen von 1956, 1972 und 1984, die Zürcher Bibel von 1931, die Übersetzung von Hermann Menge, die Gute Nachricht, die katholische Ökumenische Einheitsübersetzung, Hoffnung für alle oder auch die revidierte Elberfelder Bibel, richten sich fast völlig nach Nestle-Aland.

 Textus Receptus oder Nestle-Aland?

 

Der deutsche Bibelleser hat also zwei verschiedene Arten von Übersetzungen des NT vor sich, solche, die auf dem überlieferten Text der Reformation beruhen, und solche, die auf einem gekürzten und veränderten wissenschaftlich-kritischen Text beruhen. Den meisten Lesern ist dieser Unterschied jedoch kaum bewußt. Das hängt z. T. damit zusammen, daß über 80% des neutestamentlichen Textes von den Textunterschieden nicht betroffen sind. Viele jüngere Leser kennen die auf dem überlieferten Text beruhenden Bibeln gar nicht mehr.

 

Oft wissen leider auch langjährige Bibelleser und Verkündiger des Wortes Gottes zu wenig über die Hintergründe des Einbruchs der Textkritik in unsere Bibelausgaben. Wenn in den Revisionen und Neuausgaben erklärt wird, man habe den nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zuverlässigen griechischen Text des NT zu-grundegelegt, dann sind die meisten Bibelleser damit zufrieden; sie haben ja auch keinerlei Informationen oder Gegenargumente gehört, die diese Behauptung widerlegen würden.

 

Ist damit der überlieferte Text der Reformation erledigt, als Folge des wissenschaftlichen Fortschritts mit Recht zum alten Eisen geworfen wie so vieles? Eine ganze Reihe ernsthafter gläubiger Christen ist nicht dieser Überzeugung. Vor allem in den USA gibt es viele bibeltreue Christen, die den Textus Receptus auch heute noch als den von Gott bewahrten und gegebenen Text des NT betrachten. Im deutschsprachigen Raum haben viele Bibelleser der älteren Generation an der Luther-Bibel von 1912 festgehalten, weil sie spürten, daß mit den Revisionen von 1956 an mehr verändert wurde als nur einige überalterte Worte. Im Jahr 1999 ist mit dem revidierten Schlachter-NT eine Übersetzung erschienen, die vollständig auf dem überlieferten Text der Reformation beruht. Ab Herbst 2002 ist die überarbeitete Fassung dieses NT in einer vollständigen Bibelausgabe erhältlich, die im AT, wie die reformatorischen Bibeln, auf dem hebräischen masoretischen Text beruht.

 

Viele Bibelleser werden sich fragen, weshalb heute noch an diesem Text festgehalten wird, von dem sie gehört haben, er sei „überholt“ und „unzuverlässig“. Doch es gibt gute Gründe, den überlieferten Text der Reformation zu verteidigen und sogar bewußt zu ihm zurückzugehen – gerade heute, wo die Bibelkritik, die Infragestellung von Gottes Wort immer mehr auf dem Vormarsch ist. Im folgenden wird versucht, einige Informationen darüber zu geben, was der überlieferte Text der Reformation eigentlich ist und weshalb bibeltreue Gläubige ihn auch heute noch als den von Gott bewahrten und zuverlässig überlieferten Text des NT annehmen dürfen.

 

2. Zur Geschichte des überlieferten griechischen Textes der Reformation

 

Der überlieferte griechische Text der Reformation,[2] auch Textus Receptus (= TR) genannt, hat seine Wurzeln nicht erst in der Reformationszeit. Die ihm zugrundeliegende Textüberlieferung geht über den breiten Strom der byzantinischen Handschriften zurück bis zu den Originalen. Er stimmt im wesentlichen mit dem Text von ca. 90 % der über 5.000 bekannten griechischen Handschriften des NT überein, die in der Textkritik unter dem Begriff „Koine“-, „byzantinischer“ Text oder „Mehrheitstext“ (Majority Text = MT) zusammengefaßt werden. Alle diese Handschriften bezeugen im wesentlichen denselben, jahrhundertelang im griechischen Sprachraum allgemein anerkannten Text des NT. Diese Textüberlieferung mündete nach 14 Jahrhunderten in den Textus Receptus. Man kann sagen, daß der Textus Receptus eine besondere Form des byzantinischen oder Mehrheitstextes darstellt.

 

Der Mehrheitstext stellt eine im ganzen Verbreitungsgebiet des NT bezeugte Überlieferung dar, die ihren Ausgangspunkt in den griechischen und kleinasiatischen Gemeinden des 1. Jahrhunderts hatte und in den folgenden Jahrhunderten (hauptsächlich von der griechischen Kirche) in einer Vielzahl von Handschriften bewahrt und weitergegeben wurde. Bereits im 2. Jahrhundert ist diese Textüberlieferung nachweisbar; sie gewann bis zum 4. Jahrhundert immer mehr an Einfluß. Das beweisen frühe Papyrushandschriften, Bibelzitate früher Kirchenväter und die Bibelübersetzungen des 2. Jahrhunderts, vor allem die syrische Peschitta.

 

Spätestens im 5. Jahrhundert war die Mehrheitstext-Überlieferung die vorherrschende, von den meisten griechischsprechenden Christen anerkannte Textform. Daher kommt es auch, daß ca. 90% aller heute bekannten Handschriften genau diese Textform enthalten. Diese Handschriften fanden nach dem Fall von Byzanz ihren Weg nach Westeuropa und weckten das Interesse am griechischen Text des NT, nachdem vorher fast ausschließlich die kirchenoffizielle lateinische „Vulgata“-Bibel verbreitet war.

 

Die Entstehung des Textus Receptus im Jahrhundert der Reformation

 

Aufgrund von langjährigen Vorstudien gab der humanistische Gelehrte Erasmus von Rotterdam, ein hervorragender Kenner des Griechischen, der in vielen Bibliotheken Handschriften des NT gesehen und ausgewertet hatte, 1516 eine Ausgabe des griechischen Neuen Testamentes heraus, die weite Verbeitung fand und in mehreren Auflagen erschien. Sie beruht auf Handschriften, die aus der Mehrheitstext-Überlieferung stammen, wenn sie auch an einigen wenigen Stellen im Text von ihr abweicht. In vielen textkritisch gefärbten Darstellungen wird hervorgehoben, daß diese Ausgabe unter Zeitdruck entstand und einige Fehler enthielt. Dabei wird unterschlagen, was für eine bahnbrechende Pionierarbeit diese erste Ausgabe des griechischen Neuen Testaments damals war, und welche umwälzende geistliche Bedeutung gerade diesem Buch zukam.

 

Der Textus Receptus von Erasmus war keineswegs eine schludrige Gelegenheitsarbeit, womöglich von niedrigen Gewinninteressen diktiert, wie heute von Anhängern der Textkritik behauptet wird. Erasmus war unbestritten der größte Gelehrte seiner Zeit und hatte sich jahrelang mit dem griechischen NT beschäftigt. Auf seinen Forschungsreisen hatte er schon in den Jahren zuvor verschiedene Handschriften des NT untersucht und selbst eine Übersetzung des griechischen NT ins Lateinische verfaßt. Ihm waren, soweit wir heute wissen, die allermeisten von der Textkritik befürworteten Abweichungen vom überlieferten Text bekannt, aber er hat sie als falsch verworfen.[3] Obwohl er nicht offiziell aus der katholischen Kirche austrat und wir nicht wissen, ob er gläubig war, hatte er weitaus mehr Achtung vor der Bibel als dem geoffenbarten Wort Gottes als die meisten heutigen Textkritiker, und es war sein Verlangen, daß die einfachen Menschen in Europa das Neue Testament lesen sollten.[4]

 

Durch Gottes Vorsehung war er selbst ein entscheidendes Werkzeug dafür, daß dies Wirklichkeit werden sollte. Die Eile, mit der er seine Erstausgabe vorbereitete, sollte uns heutigen Gläubigen in einem anderen Licht erscheinen, wenn wir bedenken, daß schon ein Jahr später, 1517, die Reformation begann. Der von Erasmus herausgegebene Textus Receptus bildete (in der 2. Auflage von 1519) die Grundlage für Luthers Übersetzung des Neuen Testaments 1522 und auch für das NT der Zürcher Bibel („Froschauer-Bibel“) von 1529.

 

Der gläubig gewordene und aus Frankreich später ausgewanderte Verleger Robert Estienne (Stephanus) brachte zwischen 1546 und 1551 mehrere Ausgaben des griechischen NT heraus, die auf der Erasmus-Ausgabe beruhten, sie aber in einigen Einzelheiten verbesserten. Stephanus’ Ausgabe des Textus Receptus von 1550 ist eine der wichtigsten und einflußreichsten geworden. Auch der Schweizer Reformator Theodor Beza und die holländischen Verleger Elzevir veröffentlichten 1565-1604 bzw. 1624-1678 zahlreiche Ausgaben dieses Textes.

 

Dieser Text wird also mit Recht der überlieferte Text der Reformation genannt. Er wurde in allen Ländern von den Führern und Lehrern der Reformation (unter denen manche wie etwa Beza gründliche Studien der Handschriftenüberlieferung betrieben hatten) angenommen, aber auch von anderen Gläubigen wie den Waldensern und Täufern[5]. Sie alle erkannten den Textus Receptus als den von Gott durch Seine Vorsehung bewahrten und ans Licht gebrachten Text des NT an.

 

Durch Gottes souveräne Fügung wurde gerade dieser Text zur Grundlage aller reformatorischen Bibeln gemacht, nicht nur der Luther-Bibel, der Zürcher Bibel und der King James Version, sondern auch der Olivetan-Bibel, der Ostervald-Bibel (frz.), der spanischen Reina-Valera-Bibel, der niederländischen Bibel u. v. a. Durch den Grundsatz, daß allein die Schrift die höchste Autorität für die Gläubigen sein sollte, wurde dieser Text in gewissem Sinn die anerkannte Grundlage der Reformation, die verbindliche Basis für alle Lehren wie für die Verkündigung. Dasselbe gilt auch von den Täufergemeinden und Hussiten.

 


 

3. Der Angriff der „Textkritik“ auf den überlieferten Text

 

 

Unter den ersten „Textkritikern“, die die Glaubwürdigkeit des überlieferten Textes des NT in Frage stellten, spielten die Jesuiten u. a. Vertreter der katholischen Kirche eine bedeutende Rolle, und das sollte uns zu denken geben.[6] Sie versuchten unter Hinweis auf abweichende „Lesarten“ (Textstellen) die reformatorische Lehre zu untergraben, daß die Schrift die alleinige Autorität der Gläubigen ist. Die Textkritik sollte ihnen die Begründung dafür liefern, daß die Schrift allein als Richtschnur nicht ausreiche, sondern daß die Christen auf das Lehramt und die Tradition der katholischen Kirche angewiesen seien, um gewiß zu wissen, was Gott gesagt hat.

 

Zugleich sollte auch die Vorrangstellung der kirchenoffiziellen lateinischen „Vulgata“-Übersetzung des NT vor dem griechischen Grundtext verteidigt werden. Die Vulgata weicht nämlich in einigem von der byzantinischen Überlieferung ab und weist „textkritische“ Veränderungen auf. Doch dieser listige Angriff auf die Grundlagen der Reformation wurde damals von den Gläubigen und ihren Führern zurückgewiesen. Sie betrachteten den Textus Receptus als den ihnen von Gott überlieferten Text und hielten im Glauben an ihm fest.

 

Im 18. und 19. Jahrhundert, als Wissenschaft und Theologie zunehmend von Aufklärung, Rationalismus und Abfall vom Glauben geprägt waren, unternahmen es Textkritiker wie Griesbach, Lachmann, Tischendorf sowie Westcott und Hort, durch Vergleiche verschiedener älterer Handschriften den ihrer Meinung nach ursprünglichen Text des NT zu rekonstruieren. Sie alle verwarfen den verbindlichen Maßstab des überlieferten Textes und bezeichneten ihn und die ihm zugrundeliegende Mehrheitstext-Überlieferung als einen üblen, korrupten Text, der durch späte Bearbeitung entstanden sei. Dagegen erklärten sie die verschwindend geringe Zahl sehr alter Handschriften aus der alexandrinischen (von der ägyptischen Stadt Alexandria ausgehenden) Überlieferung für die einzig zuverlässigen Zeugen des Originaltextes.[7]

 

Die Vorwürfe der Textkritiker gegen den überlieferten Text der Reformation

 

Die Textkritiker behaupteten, der überlieferte Text der Reformation sei unzuverlässig, weil er nur in späteren Handschriften erhalten sei. In der Tat hatten die Pergament-HSS im feuchtwarmen Mittelmeerklima nur eine Lebensdauer von normalerweise 150-200 Jahren und mußten dann durch neue Abschriften ersetzt werden. Daher sind die meisten Zeugen des MT aus dem 8. bis 14. Jh. Es gibt aber auch HSS aus dem 5. und 6. Jh., die den MT bezeugen, und bereits in den frühesten erhaltenen Papyrushandschriften finden sich typische byzantinische Textformen.

 

Die Tatsache, daß der „Mehrheitstext“ mit erstaunlicher Einheitlichkeit durch viele Hunderte von Manuskripten aus verschiedenen Jahrhunderten und verschiedenen Regionen der Christenheit bezeugt wurde, versuchten Westcott und Hort dadurch zu erklären, daß man eine im 4. Jahrhundert vorgenommene Überarbeitung und Vereinheitlichung durch die Kirche (sog. „Lukianische Rezension“) behauptete. Damals seien verschiedene ältere Überlieferungen harmonisiert und geglättet worden und ein neuer „Einheitstext“ geformt worden.

 

Für diese willkürliche Annahme ließen sich jedoch keinerlei geschichtliche Beweise finden. Eine so einschneidende, kirchenweite, von allen Bischöfen getragene Revision des griechischen Neuen Testamentes hätte mit Sicherheit verzeichnet werden müssen. Die Funde alter Papyrushandschriften zeigen ebenso wie alte „Kirchenväter“-Zitate und Übersetzungen, daß die „Mehrheitstext“-Überlieferung schon vor dem 4. Jahrhundert existiert haben muß. Daher wird diese Theorie inzwischen auch von den vielen Textkritikern verworfen.[8]

 

Damit verbunden war die Behauptung, daß die in sich stimmigen, sprachlich klaren und lehrmäßig gesunden Lesarten des Textus Receptus nicht ursprünglich sein könnten, sondern das Ergebnis einer großangelegten redaktionellen Bearbeitung sein müßten. Dazu wurde die Annahme aufgestellt, ein Abschreiber des NT habe eher die Neigung gehabt, die vor ihm liegenden Worte der Heiligen Schrift von sich aus zu korrigieren und durch eigene Zusätze zu erweitern, als (versehentlich oder absichtlich) etwas auszulassen. Deshalb seien alle die dunklen, harten und schwer verständlichen Lesarten als ursprünglich anzusehen, ebenso alle Lesarten, die zu Unterschieden zwischen den Evangelienüberlieferungen führten.

 

In einigen sehr alten Handschriften aus Alexandria und Ägypten fanden die Textkritiker den Text des NT, der ihren Vorstellungen von einem „Urtext“ am nächsten kam. Diese Handschriften ließen viele von 90% der HSS bezeugten Worte der Heiligen Schrift aus, ersetzten andere durch dunkle und schwer verständliche Wendungen, enthielten zahlreiche Widersprüche und grammatikalische Fehler. Diesen Handschriften wurde eine nahezu fehlerfreie, „neutrale“ Textüberlieferung zugestanden.

 

Die byzantinische Textüberlieferung dagegen wurde mit Verachtung behandelt. Sie wurde und wird als „verfälscht“ und „entstellt“ bezeichnet, als „normalisierter, amtlich vorgeschriebener Text“, der „in ein ‘Prokrustesbett’ gezwängt war“. Seine Verbreitung sei „von einer Zentrale gesteuert worden“.[9] Im Alter von 23 Jahren drückte der Textkritiker Hort seine Vorurteile gegen den überlieferten Text folgendermaßen aus: „Bis vor einigen Wochen hatte ich keine Ahnung von der Wichtigkeit der Texte, da ich so wenig vom griechischen Testament gelesen hatte, und ich schleppte mich dahin mit dem abscheulichen Textus Receptus (...) Denk nur an den schändlichen Textus Receptus, der sich vollständig auf späte Manuskripte stützt; es ist ein Segen, daß es solche frühen gibt.“[10]

 

 

 

4. Sind die ältesten Handschriften die zuverlässigsten?

 

 

Die „Kronzeugen“ der Textkritik, die die Verwerfung des reformatorischen Textes begründen sollen, sind eine Handvoll alter, aus der alexandrinischen Überlieferung stammender Majuskel-Handschriften[11], allen voran der Codex Sinaiticus (oft Codex Aleph genannt) und der Codex Vaticanus (Codex B), beide aus dem 4. Jh. In ihnen wurden viele, z. T. wichtige Worte, Verse und Abschnitte, die im Mehrheitstext überliefert sind, ausgelassen bzw. verändert.

 

Von fast allen Vertretern der Textkritik wird behauptet, diese alten Handschriften seien den Originalen in der Textüberlieferung am nächsten, obwohl sie sich vielfach untereinander widersprechen und sich durch häufige und schwerwiegende Abschreibfehler u. a. als unzuverlässige Zeugen ausweisen (s. u.) Dagegen werden die etwa 2.500 Minuskel-Handschriften[12] und die zahlreichen Majuskeln (ab dem 5. Jh.), die den „Mehrheitstext“ bezeugen, von der Textkritik als unwesentlich für die Bezeugung des Urtexts abgewiesen und gar nicht beachtet.

 

Die Annahme, daß die ältesten Textzeugen des NT auch die zuverlässigsten seien, klingt zwar zunächst einleuchtend. Sie wurde aber schon im 19. Jh. von bibeltreuen Gläubigen und Gelehrten, darunter solchen hervorragenden Kennern der Textgeschichte wie John William Burgon[13] und Frederick Henry Ambrose Scrivener aus England, abgelehnt und widerlegt. Sie haben umgekehrt gezeigt, daß gerade in den ersten Jahrhunderten die Textüberlieferung in ihrer Zuverlässigkeit sehr uneinheitlich war.

 

Es kommt also sehr darauf an, ob die Schreiber von zuverlässigen, an den Originalen überprüften Quellen abschrieben. Bei zahlreichen sehr alten Manuskripten läßt sich beweisen, daß sie von Schreibern geschrieben wurden, die nachlässig oder gar willkürlich mit dem heiligen Wort umgingen. Das führte zu Abschreibfehlern und offensichtlichen Textverstümmelungen, bisweilen aber auch zu durch Irrlehren beeinflußten Veränderungen des Originaltextes.

 

Die Irrlehren der frühen Kirche und daraus entstehende Verfälschungen der Schrift

 

Dazu muß man einige Hintergründe aus der frühen Kirchengeschichte kennen. Besonders im 2. bis 4. Jahrhundert n. Chr. kamen zahlreiche Irrlehrer und falsche Strömungen in der Kirche auf. Gewaltige Kämpfe um die biblische Lehre von Christus und andere grundlegende Themen brachen auf. Es entstanden gefälschte („apokryphe“) Evangelien und Apostelbriefe. Irrlehrer wie Marcion und Tatian scheuten nicht davor zurück, auch Verfälschungen im Text der Heiligen Schriften vorzunehmen, um ihre Ansichten zu stützen. Von Marcion etwa ist bekannt, daß er eine verkürzte und verfälschte Fassung des Lukasevangeliums benutzte, um seine Irrlehren zu untermauern. Für die „erleuchteten“ Gnostiker waren die Schriften des NT keineswegs heilig und unantastbar, sondern sie meinten, mit ihnen „frei“ umgehen zu können, d.h. sie bei Bedarf verkürzen, umschreiben oder ergänzen zu können.

 

Die alexandrinischen Papyri und Majuskel-Handschriften bezeugen eine große Willkür im Umgang mit dem heiligen Wort Gottes, wie sie nur Anhängern von Irrlehren eigen sein kann. Kurt und Barbara Aland sprechen ganz unbefangen davon, daß viele Papyri „einen ‘freien’, d.h. einen mit dem ursprünglichen Text auf verschiedene Art und Weise relativ frei schaltenden Text“ bieten. Der frühe Schreiber der alexandrinischen Überlieferung fühlte sich „frei“, den Text der Heiligen Schrift „nach dem zu ändern, was er sachlich, grammatikalisch oder stilistisch für richtig hielt. Sehr viel mehr gilt das für die Frühzeit, als die Texte noch nicht das kanonische Ansehen der späteren Zeit besaßen (!), und noch viel mehr in den Anfängen, als der Christ sich im Geistesbesitz wußte (!!).“[14]

 

So gab es damals zwei Überlieferungslinien: Zum einen solche Manuskripte, die von Christen hergestellt wurden, die am biblischen Glauben festhielten. Diese Handschriften bewahrten sorgfältig den göttlich inspirierten Wortlaut und wurden mit den Originalen (bzw. beglaubigten direkten Abschriften) verglichen. Zum anderen gab es aber auch solche Manuskripte, die durch einen nachlässigen, willkürlichen und bisweilen sogar absichtlich verfälschenden Umgang mit dem Text gekennzeichnet waren. Deshalb ist es wichtig, die Überlieferungslinien zu kennen, auf die sich der „Mehrheitstext“ und der Textus Receptus einerseits sowie die kritischen Texte andererseits stützen. Es ist nämlich ganz entscheidend für eine geistliche Bewertung, in welchem geistlichen Umfeld und aufgrund von welchen Quellen die Texte entstanden, die die getreue Überlieferung der Urschriften enthalten sollen.

 

 

 

5. Die Herkunft des alexandrinischen und des griechisch-byzantinischen Textes

 

 

Die alexandrinische Überlieferungslinie und die Irrlehren in Ägypten

 

Die Manuskripte des Sinaiticus und Vaticanus sowie die Papyrusmanuskripte stammen aus einer Überlieferung, die ihren Ursprung in Alexandria bzw. Ägypten hat. Dieses Gebiet war weit vom Standort der Originale entfernt, so daß die Schreiber ihre Abschriften kaum an beglaubigten Urschriften prüfen konnten und die Leser Abweichungen von den Originalen nicht so leicht erkennen konnten wie im griechisch-kleinasiatischen Raum, wo die apostolisch begründeten Gemeinden weiterexistierten.

 

Schwerer noch wiegt es, daß gerade in Alexandria und Ägypten besonders viele Irrlehrer („Häretiker“ von gr. hairesis = Irrlehre, Parteiung, Sekte) und Feinde des biblischen Glaubens wirkten, die insbesondere von der Gnosis, dem Arianismus und der griechischen Philosophie beeinflußt waren. Die Gnosis war eine heidnische Geheimlehre, die auf dämonischen Offenbarungserkenntnissen beruhte und schon im 1. Jh. in die entstehenden christlichen Gemeinden hineinwirkte (vgl. 1Tim 4,1-5; 1Tim 6,20, wo für „Erkenntnis“ im Gr. gnosis steht; Kolosser 2; 1. Johannesbrief).

 

Die Gnostiker lehrten u. a. einen unbiblischen Dualismus von (gutem) Geist und (böser) Materie, die Selbsterlösung des Menschen durch dämonische „Erleuchtung“ bzw. „Erkenntnis“, die Verachtung alles Leiblich-Geschöpflichen (Hang zu falscher Askese oder aber Zügellosigkeit) und heidnisch-okkulte Spekulationen über die Schöpfung und Engelwelt. Dabei unterschieden sie zwischen einer höchsten Gottheit und einem angeblich niedrig-finsteren Schöpfergott („Demiurgen“), der die böse Schöpfung gemacht habe und den sie mit dem Jahweh des AT gleichsetzten.

 

Die „christliche“ Gnosis und Origenes als Paten der alexandrinischen Texte

 

Im „christlichen“ Gewand führte die Gnosis u. a. zur Abwertung des Alten Testaments (das im wesentlichen allegorisch-sinnbildlich gedeutet wurde). Die Gnostiker leugneten, daß Jesus Christus Gott ist, wesensgleich mit dem Vater; sie bestritten, daß Er der Sohn Gottes von Ewigkeit ist und wirklicher Mensch wurde (vgl. Joh 1,1-14, das sich direkt gegen die Gnostiker wendet), und sie leugneten den sühnenden Opfertod am Kreuz. Christus war für die Gnostiker ein geschaffenes Engelwesen, das nie wirklich Mensch wurde („im Fleisch kam“ – 1Joh 4,1-3) und nicht für Menschen am Kreuz sterben konnte. Für andere Irrlehrer war er ein normaler, wenn auch „geistbegabter“ Mensch, der nie aus Gott gezeugt wurde und nicht Gott von Ewigkeit war (die Wurzel des „Arianismus“). Viele schreckliche Irrlehren über die Person Jesu Christi, die die frühe Geschichte der katholischen Kirche prägten, hängen direkt oder indirekt mit dem verderblichen Einfluß der „christlichen“ Gnosis und der griechischen Philosophie zusammen.[15]

 

Große Bedeutung für die alexandrinische Textüberlieferung hatte der weithin bekannte Gelehrte Origenes (ca. 185-254). Er war Schüler der von dem „christlichen“ Gnostiker Clemens von Alexandrien geleiteten „alexandrinischen Katechetenschule“ und später dort auch Lehrer. Unter dem Einfluß asketisch-mystischer Irrlehren entmannte er sich selbst. Origenes war stark von der Gnosis und der neuplatonischen Philosophie beeinflußt und gilt als Begründer der Irrlehre der Allversöhnung. Aufgrund seiner willkürlichen allegorischen (sinnbildlichen) Auslegungsmethode stellte er die Echtheit mancher Stellen in den Evangelien in Frage.

 

Origenes war wohl der erste, der systematische „Textkritik“ im modern-wissenschaftlichen Sinn betrieb, und wird von heutigen Textkritikern deshalb hochgeschätzt. Einige Forscher schreiben Origenes einen großen Einfluß auf die Handschriften des Sinaiticus und Vaticanus zu. Diese Handschriften wurden vermutlich von Kaiser Konstantin bei dem Origenes-Verehrer Eusebius von Caesarea in Auftrag gegeben, der sie nach den textkritischen Grundsätzen seines Meisters gestalten ließ. So kamen gnostische und andere verderbliche Einflüsse der alexandrinischen Überlieferung in diese Handschriften hinein.

 

Die katholische lateinischsprechende Kirche des Westens übernahm, nachdem sie unter Kaiser Konstantin zur Staats- und „Volkskirche“ geworden war, einige alexandrinische Lesarten und fügte sie in ihre lateinische Übersetzung der „Vulgata“-Bibel mit ein. Das ist wohl ein Ausdruck dessen, daß diese Kirche gar nicht in der Lage war, die falschen Lehren der Feinde des Glaubens ganz zu überwinden, weil sie schon damals selbst innerlich davon völlig durchsäuert war und nicht mehr auf biblischem Boden stand. Im Laufe der Zeit wurde in der katholischen Kirche dann die Vulgata der Standardtext des NT, und der griechische Text wurde weitgehend beiseitegelassen.

 

Das trocken-heiße Klima Ägyptens machte es möglich, daß dort einige uralte alexandrinische Handschriften überlebten, die aufgrund ihrer vielen Fehler, Unzuverlässigkeiten und häretischen Verfälschungen später nicht mehr benutzt wurden (sonst wären auch sie zerfallen!). Sie sind Zeugen einer entstellten Seitenlinie der Textüberlieferung, die aus guten Gründen beiseitegesetzt wurde, so daß ihre Handschriften in späteren Zeiten kaum noch kopiert wurden, weil sie als unzuverlässig und verfälscht erkannt wurden.[16] Ihr Alter ist daher in keiner Weise eine Garantie für Nähe zum Urtext, weil die von Irrlehren verursachte überhebliche und nachlässige Haltung ihrer Schreiber sie zu einer entstellten und verstümmelten Wiedergabe der Textüberlieferung verleitete.

 

Die Überlieferungslinie des Mehrheitstexts

 

Der Mehrheitstext stammt aus einer Region (Kleinasien und Griechenland), in der viele der ersten christlichen Gemeinden noch von den Aposteln selbst gegründet worden waren und auch die Urschriften (mindestens Johannesevangelium, Korintherbriefe, Galater-, Epheser-, Kolosser-, Philipperbrief, Thessalonicherbriefe, Timotheusbriefe, Petrusbriefe, Offenbarung) bzw. beglaubigte korrekte Abschriften besaßen, um eine getreue Überlieferung zu gewährleisten. In diesem Gebiet war (vielleicht noch bis ins 2. Jh.) Timotheus tätig, dem der Apostel Paulus den Auftrag gegeben hatte, das Wort Gottes zu bewahren (vgl. 2Tim 1,13-14). Bis ca. 90 wirkte der Apostel Johannes in dieser Region, der ein von Gott bevollmächtigter Zeuge der echten Überlieferung war.

 

So waren in diesem Gebiet die besten Voraussetzungen gegeben, um eine treue Weitergabe des geoffenbarten NT zu gewährleisten. Das gilt auch für die Abschreiber der Urschriften. Im 1. Jahrhundert gab es ja in so gut wie jeder Gemeinde in diesem Gebiet noch gläubige Juden, und wir dürfen davon ausgehen, daß deren äußerst sorgfältige, von heiliger Ehrfurcht vor jedem Wort und Buchstaben geprägte Haltung zur Schriftüberlieferung auch die Abschriften des NT prägte.

 

Dazu kommt, daß dieses Gebiet viele Jahrhunderte lang das „Kernland des Christentums“ war, wie auch Kurt und Barbara Aland feststellen: „Daß Kleinasien und Griechenland, die Zentren des frühen Christentums, auf die Entwicklung des neutestamentlichen Textes einen wesentlichen, wenn nicht entscheidenden Einfluß ausgeübt haben, ist sicher“.[17] Eben dieser Einfluß kommt in der Mehrheitstext-Überlieferung zum Tragen – eine Einsicht, der sich die Textkritiker nur aus ihrem geistlichen Vorurteil heraus verschließen. Es ist daher nur folgerichtig, daß durch die Fügung und Vorsehung Gottes dieser zuverlässig überlieferte Text von den Gläubigen anerkannt und weitergegeben wird. Ab dem 4. Jahrhundert gewinnt er bei den griechischsprechenden Gläubigen im ganzen römischen Reich allgemeine Anerkennung.

 

Hier sollten wir im Hinblick auf 2Tim 1,13-14 die Bedeutung der einfachen, vom Heiligen Geist geleiteten Gläubigen für die getreue Überlieferung des ursprünglichen Textes des NT beachten. Die heiligen Schriften des NT wurden in den frühen Gemeinden in beglaubigten Abschriften ausgetauscht und begierig gelesen (wobei mit Sicherheit die Apostel und ihre Mitarbeiter in dieser wichtigen Sache eine gewisse Aufsicht führten). Sie wurden insbesondere in den Gemeindeversammlungen regelmäßig vorgelesen (vgl. Kol 4,16) und prägten sich in ihrem Wortlaut ein.

 

Im Kernland des apostolischen Christentums konnte sich so eine bewahrte Überlieferung der echten Texte im Laufe von etwa 30-40 Jahren herausbilden, bevor verderbliche Einflüsse, Verfälschungen u. ä. eindrangen. Dadurch konnten diese Gläubigen, auch wenn nur einige von ihnen getreue Abschriften besaßen, unechte, verfälschte Schriften erkennen und zurückweisen.

 

Ein eindrücklicher Beweis für die Festigkeit dieser zuverlässigen Überlieferung ist es, daß auch Irrlehrer wie z.B. Origenisten und Arianer, soweit sie in dieser Region Fuß fassen konnten, an dem für sie hinderlichen überlieferten Text festhalten mußten und es nicht wie ihre Gesinnungsgenossen in Alexandria wagen konnten, Auslassungen oder Veränderungen hineinzubringen.

 

Durch das Zeugnis und Wirken des Geistes Gottes gewann der auf die Originale zurückgehende Mehrheitstext solche Verbreitung und Bezeugung, daß er und nicht die abweichenden Textformen aus Alexandria zum vorherrschenden, überall verbreiteten Text wurde. Darin dürfen wir Gläubige Gottes Treue zu Seinen Verheißungen sehen. Auch wenn die griechisch-orthodoxe Kirche einen ganz ähnlichen geistlichen Niedergang und Abfall vom wahren Glauben durchmachte wie die katholische Kirche des Westens, wurde sie doch durch Gottes Vorsehung und Wirken zur Hüterin des ursprünglichen Textes, ganz ähnlich wie die ungläubigen Rabbiner des Mittelalters die Hüter des hebräischen Textes des Alten Testaments waren.

 

Dieser zuverlässige Text wurde in einer ununterbrochenen Kette von Abschriften überall verbreitet, wo damals christliche Gläubige lebten. Im feuchten Klima des Mittelmeerraumes hatten Handschriften aus Pergament oder Papyrus normalerweise eine Lebensdauer von höchstens 150-200 Jahren (zumal wenn sie ständig benutzt wurden) und mußten dann durch neue Abschriften ersetzt werden. Daraus erklärt sich, daß der allgemein anerkannte Mehrheitstext uns vorwiegend durch relativ späte Handschriften überliefert ist: Ihre frühen Vorfahren zerfielen durch Klima und häufigen Gebrauch und wurden durch getreue Abschriften ersetzt.

 

Die große Treue dieser Überlieferungslinie im Umgang mit dem ihr anvertrauten Text erweist sich in der erstaunlichen Einheitlichkeit des Textes bei den vielen Abschriften von Abschriften, die noch dazu aus weit voneinander entfernten Gebieten stammen. Diese Einheitlichkeit läßt sich nur daraus erklären, daß sie mit großer Sorgfalt eine gemeinsame Vorlage wiedergeben – die inspirierten Originale.

 

Auf diese Weise erklärt sich, daß eine Handschrift aus dem 14. Jahrhundert eine zuverlässigere Wiedergabe des Urtextes enthalten kann als eine Handschrift aus dem 2. Jahrhundert.[18] Entscheidend ist: Geht der überlieferte Text auf die Urschriften zurück, und wurde er durch die dazwischenliegenden Handschriften zuverlässig und sorgfältig überliefert? Der Mehrheitstext weist alle Kennzeichen einer solchen sorgfältigen Überlieferung auf. Dagegen beweisen gerade die wichtigsten Zeugen der Textkritik besonders eindrücklich, wie falsch die Behauptung ist, die ältesten Textzeugen seien die zuverlässigsten und stünden den Originalen am nächsten.

 

 

 

6. Die fragwürdigen Kronzeugen der Textkritik

 

 

Wie unzuverlässig in der Textüberlieferung gerade die ältesten erhaltenen Handschriften sind, soll durch einige wenige Zahlen und Angaben belegt werden. Sie machen deutlich, auf welch willkürlichen Grund das ganze Gebäude der modernen Textkritik gebaut ist. Wenn die Kronzeugen der Anklage gegen den Textus Receptus nicht glaubwürdig sind, dann sind es die im wesentlichen auf ihnen beruhenden Ausgaben des „Nestle-Aland“ auch nicht. Der „Fall Textus Receptus“ verdient es, wieder aufgerollt und neu entschieden zu werden.

 

Codex Sinaiticus („Aleph“): Diese Handschrift aus dem 4. Jh. gehört zu den berühmtesten und angesehensten. Sie wurde im 19. Jh. von Tischendorf in einem Abfalleimer des St.-Katharinenklosters am Berg Sinai entdeckt. Der Textkritiker Tischendorf sah sie als die beste und reinste HS überhaupt an und änderte ihretwegen seine kritische Ausgabe des NT an über 3.500 Stellen.[19] Sie gehört zu den wichtigsten Textzeugen für den alexandrinisch-ägyptischen Text, der nach dem Vorurteil der meisten Textkritiker dem Original am nächsten kommt. Kurt und Barbara Aland beurteilen die Qualität ihrer Textüberlieferung dennoch zurückhaltend: „Der Text, der zahlreiche Singulärlesarten [= Textformen, die nur Sinaiticus aufweist, R. E.] (und Flüchtigkeiten) enthält, wurde von Tischendorf stark überschätzt, er steht im Wert hinter dem von B deutlich zurück (...)“[20].

 

Dieses Eingeständnis ist recht vornehm und beschönigend formuliert. Burgon zählt allein in den Evangelien 1.460 Lesarten, die keine einzige andere Handschrift aufweist – das heißt fast 1.500 Fälle, in denen dieser „Zeuge“ auch nach den Maßstäben der Textkritik sich höchstwahrscheinlich geirrt hat! Die Handschrift wimmelt von offensichtlichen Abschreibfehlern und Nachlässigkeiten wie Auslassung ganzer Zeilen und Wörter. Im Vergleich zum Textus Receptus läßt der Codex Sinaiticus allein in den Evangelien 3.455 Wörter aus, fügt 839 Wörter hinzu, ersetzt 1.114 Wörter durch andere, verändert die Satzstellung von 2.299 Wörtern und ändert 1.265 Wörter ab, so daß sich insgesamt 8.972 Unterschiede ergeben! Mindestens 10 Korrektoren waren bemüht, einen Teil dieser Fehler später in Ordnung zu bringen.[21]

 

Schwerer noch wiegt, daß Sinaiticus, entstanden unter dem Einfluß des Origenes, zahlreiche Auslassungen und Veränderungen hat, die auf absichtliche Beeinträchtigung durch Anhänger von Irrlehren hindeuten. Er läßt z.B. „des Sohnes Gottes“ in Mk 1,1 aus, das „an mich“ in Joh 6,47, das „der im Himmel ist“ in Joh 3,13, die Himmelfahrt in Lk 24,51, er macht „Glaubst du an den Sohn des Menschen“ aus „an den Sohn Gottes“ in Joh 9,35 und „Er“ aus „Gott“ in 1Tim 3,16. Er gehört zu den drei (!) HSS, die den Schluß von Markus 16 weglassen, und läßt auch Joh 7,53-8,11 aus. Dafür enthält er die von Irrlehren geprägten frühkatholischen Schriften „Brief des Barnabas“ und „Hirte des Hermas“, die von den „zuverlässigen“ Herausgebern dieses Codex als heilige Schriften angesehen wurden!

 

Codex Vaticanus (B): Der zweite Kronzeuge der Textkritik ist eine in der Bibliothek des Vatikans beheimatete Handschrift aus dem 4. Jh., die in vielem eng verwandt mit Sinaiticus ist, so daß von Textforschern ein gemeinsamer Vorfahre vermutet wird. Die Qualität der Abschrift ist etwas besser als bei Sinaiticus, obwohl auch hier viele Schreibfehler und Nachlässigkeiten vorkommen. Allein in den Evangelien enthält B 589 Lesarten, die sich nur bei ihm finden. Im Vergleich zum Textus Receptus läßt Codex B, wie Burgon herausgefunden hat, in den Evangelien 2.877 Wörter aus, fügt 536 Wörter hinzu, ersetzt 935 Wörter durch andere, verändert die Satzstellung von 2.098 Wörtern und ändert 1.132 Wörter ab, so daß sich insgesamt 7.578 Unterschiede ergeben.

 

Der Codex Vaticanus war für viele Textkritiker, besonders für Westcott und Hort, der Inbegriff eines „reinen“, unbeeinflußten Textes, der mit dem Original fast gleichgestellt wurde. Auch dieses Dogma mußte von der Textkritik inzwischen aufgegeben werden.[22] Vaticanus weist enge Verwandschaft mit dem älteren Papyrus P75 auf und geht an vielen Stellen mit ihm und Sinaiticus zusammen, wenn es um häretisch beeinflußte Abweichungen vom überlieferten Text geht.

 

Obwohl diese zwei Kronzeugen dem überlieferten Text so häufig widersprechen, entwerten sie ihr Zeugnis dadurch, daß sie sich untereinander laufend uneins sind. Der Textforscher Herman Hoskier stellte fest, daß sich Sinaiticus und Vaticanus in den Evangelien an 3.036 Stellen widersprechen![23] Auf eine normale Bibelseite umgerechnet wären das etwa 30 widersprechende Stellen pro Seite! Wir werden hier an das Schriftwort erinnert: „Denn obgleich viele falsches Zeugnis gegen ihn ablegten, stimmten die Zeugnisse doch nicht überein.“ (Mk 14,56). Das biblische Kennzeichen für ein wahres Zeugnis sind dagegen mehrere Zeugen, die übereinstimmend dasselbe sagen. Diese finden wir nicht unter den ägyptischen Handschriften, sondern nur in der Mehrheitsüberlieferung.

 

Die Papyri: Im 20. Jh. wurden zahreiche frühe Papyrushandschriften (meist aus dem 2. und 3. Jh.) entdeckt und traten als weitere Zeugen der Textkritik zu Sinaiticus und Vaticanus dazu. Sie beweisen innere Verwandschaft mit jenen durch ihre gemeinsame Herkunft aus Ägypten wie auch durch den nachlässigen, willkürlichen Umgang mit dem Text.[24] Einige von ihnen, vor allem P75, gehören zu den Zeugen des alexandrinischen Texts. Andere jedoch bezeugen die Existenz typischer Mehrheitstext-Lesarten bereits im 2. und 3. Jh. und sind insofern indirekt Zeugen der Verteidigung statt der Anklage gegen den Textus Receptus.[25]

 

Codex Bezae Cantabrigiensis (D): Eine Zeitlang spielte eine weitere uralte Handschrift noch eine große Rolle in der Textkritik – der Codex Bezae (Codex D) aus dem 5. Jh., eine der am meisten willkürlich veränderten Handschriften überhaupt, die eine außergewöhnliche Zahl von Auslassungen, Textänderungen und frei ausdeutenden Zusätzen enthält. Interessanterweise wird sein Ursprung ebenfalls auf Ägypten zurückgeführt.[26] In einigen Ausgaben des „Nestle-Aland“ bis zur 25. Auflage wurde diese fast völlig alleinstehende Handschrift so hoch bewertet, daß sie eine ganze Reihe willkürlicher Auslassungen und Entstellungen begründete. Inzwischen wurde auch dieser falsche „Kronzeuge“ von der Textkritik wieder zurückgestuft.[27]

 

Auch im heutigen „Nestle-Aland“-Text wird die alexandrinische Überlieferung mit ihrer kleinen Minderheit von Majuskeln eindeutig bevorzugt. In den meisten Fällen wird Sinaiticus, Vaticanus und den alten Papyri zusammen das Übergewicht gegeben. Interessanterweise hat man an einigen Stellen inzwischen Mehrheitstext-Lesarten anerkannt – aber nur, soweit sie sich auch in den alten Majuskeln fanden. Insgesamt lautet das willkürliche Urteil der Textkritik weiterhin, daß die übergroße Zahl der Handschriftenzeugen aus der byzantinischen Texttradition „für die Arbeit der Textkritik (...) außer Betracht bleiben“.[28]

 

 

 

7. Die Methoden der rationalistischen Textkritik und ihre Früchte

 

 

Wir sehen also: Die Verurteilung des Textus Receptus ist durch parteiliche Richter aufgrund von unglaubwürdigen Zeugen erfolgt. Es ist daher nötig, daß die Gläubigen diesen Fall neu aufrollen und selbst prüfen, mit welchen Methoden das selbsternannte hohe Gericht zu seinem Urteil gekommen ist. Es geht dabei um letzte Dinge – um die Unantastbarkeit und Reinheit des Wortes Gottes, das für uns unser Lebensbrot und die höchste Autorität unseres Lebens ist. Dürfen wir als Kinder Gottes der weltlichen Wissenschaft der Textkritik das Wort der Schrift überlassen, damit sie damit nach ihrem Gutdünken verfährt? Es gibt einige gewichtige Gründe, das nicht zu tun.

 


 

Kann man die Bibel behandeln wie Platon oder Homer?

 

Ein wesentlicher Grundsatz der Textkritik lautet, daß die Textgeschichte des NT genauso zu untersuchen sei wie die irgend eines anderen antiken Dokumentes. Westcott und Hort halten dies in der Einführung zu ihrer kritischen Ausgabe des NT fest: „Die Grundsätze der Textkritik (...) sind für alle alten Texte gültig, die in einer Mehrzahl von Dokumenten erhalten geblieben sind. In der Beschäftigung mit dem Neuen Testament ist kein irgendwie gearteter neuer Grundsatz nötig oder berechtigt.“[29]

 

Das Neue Testament wird also von der Textkritik nicht als Gottes Wort betrachtet, sondern als ein Dokument des Altertums wie viele andere, das man ebenso mit dem wissenschaftlichen Seziermesser behandeln kann wie die Handschriften der Werke Homers oder Platons. Was im Urtext des NT gestanden hat, soll allein durch die Vernunftschlüsse einiger Gelehrter festgestellt werden.

 

Eben diesen „neutralen“, „wissenschaftlichen“ Grundsatz darf ein Gläubiger niemals annehmen. Das Neue Testament ist nicht Menschenwort, sondern heiliges Gotteswort, von Gott selbst eingegeben. Gott selbst hat die Schriften des NT Wort für Wort niederschreiben lassen durch Seine Apostel und Propheten, und Gott hat verheißen, über ihnen zu wachen und sie zu bewahren. Das NT stellt das Fundament des „ein für allemal den Heiligen überlieferten Glaubens“ (Jud 3) dar.

 

Ein Forschen, das das Wesen der Heiligen Schrift als übernatürliches Offenbarungswort Gottes verleugnet, kann niemals von Gläubigen angenommen werden; es kann auch keine Wahrheit an den Tag bringen, weil es selbst auf einer Lüge aufgebaut ist. Der Mensch als Richter und Herr über Gottes Offenbarungswort – dieser falsche, vermessene Grundansatz sollte jeden bibeltreuen Gläubigen veranlassen, die Schlußfolgerungen der Textkritik zu verwerfen, denn sie können im Grunde gar nicht richtig sein.

 

Der Grundsatz des „Sollte Gott gesagt haben?“

 

Der Ausgangspunkt der rationalistischen Textkritik war die Ablehnung des in der Reformation von den Gläubigen angenommenen griechischen Grundtextes, des Textus Receptus. Was der einfältige Glaube als autoritatives Gotteswort ansah, wurde von den Gelehrten systematisch in Frage gestellt, nach dem Motto: „Sollte Gott gesagt haben?“. Mit klug erdachten Argumenten und Gedankenkonstruktionen wurden Teile der Heiligen Schrift als spätere Zusätze und Verfälschungen von Menschenhand bezeichnet.

 

Darin zeigt sich eine geistliche Wesensverwandtschaft mit der eigentlichen „Bibelkritik“, die dasselbe Geschäft mit „literaturkritischen“ Argumenten betreibt. Die selbsternannten Richter über Gottes Wort verhängten ihr Urteil „Unecht“ über viele kostbare Schriftworte, die den Gläubigen durch all die Jahrhunderte lieb und teuer waren, und nahmen sie ihnen schließlich aus der Bibel weg.

 

Die Bemühungen der Textkritik laufen letztlich darauf hinaus, das Wort Gottes als verbindliche Autorität zu stürzen und es dem Urteil menschlicher Weisheit und Wissenschaft zu unterwerfen. Kurt und Barbara Aland schreiben das recht offen: „All die dargestellten Bemühungen, von der Vorherrschaft des Textus receptus loszukommen, sind umso höher anzuerkennen, als die Epoche der Meinung war, in diesem unfehlbar den von Gott selbst (und zwar bis in die letzte Einzelheit hinein) eingegebenen Wortlaut des Neuen Testamentes zu besitzen (...).“[30]

 

Der Autorität des überlieferten, von Gott gegebenen Wortes wurde zuerst der Zweifel entgegengestellt; als dann der überlieferte Text „gestürzt“ war, wurde die menschliche Autorität des Gelehrtenscharfsinnes und frei schaltenden Intellekts über die Gläubigen aufgerichtet. Das Ergebnis war Verunsicherung und Verwirrung und in der Folge eine schwerwiegende Verkürzung und Veränderung des Bibelwortes.

 

Blindheit gegenüber den häretischen Verfälschungen in der Überlieferung

 

Obwohl den Textkritikern aus der Kirchengeschichte wohl bekannt ist, daß gerade die ersten vier Jahrhunderte von gewaltig tobenden geistlichen Kämpfen und verschiedensten Irrströmungen geprägt war, die auch vor Veränderungen des Wortlauts der neutestamentlichen Schriften nicht Halt machten, wird dieser Umstand verharmlost und heruntergespielt. Westcott und Hort etwa behaupteten, es gebe „keine Anzeichen für eine absichtliche Verfälschung des Textes für dogmatische Zwecke“.[31] Auch Kurt und Barbara Aland teilen ganz unvoreingenommen mit, daß in Ägypten „zunächst die Gnosis eine anscheinend beherrschende Rolle spielte“, um dann dennoch die „relativ getreue Überlieferung“ des „Normaltextes“ genau in dieser Provinz anzusiedeln.[32]

 

So wie die ungläubige Textkritik ihre Augen vor dem göttlichen Offenbarungscharakter und der göttlichen Bewahrung des Wortes verschließt, so tut sie dies auch vor den Angriffen des Satans auf das Wort Gottes, der durch seine Werkzeuge, die von Irrlehren beeinflußten Schreiber, das Wort entstellen und verstümmeln ließ. Auch diese Blindheit muß zu Irrtümern führen.

 

Die fragwürdigen Deutungsmethoden der Textkritiker[33]

 

Wir haben bereits gesehen, daß der noch heute verfochtene Grundsatz der Textkritik, daß die ältesten Textzeugen die besten seien, in der Geschichte des NT auch nach wissenschaftlichen Maßstäben nicht haltbar ist. Das gilt erst recht im Licht einer geistlichen Beurteilung. Im Grunde steht dahinter die unausgesprochene und vielleicht unbewußte Vorliebe der Textkritik für die alexandrinische Überlieferungslinie, für Origenes und die Gnosis, für die „freie“ Schreibertradition und die „undogmatische“ Christologie der Häretiker, die den geistlichen Überzeugungen der meisten Textkritiker viel näher steht als die „dogmatisch-orthodoxe“ des Mehrheitstextes.[34]

 

Auch andere Methodengrundsätze der „Textkritik“ sind unter geistlichen Gesichtspunkten fragwürdig. So gilt etwa die Regel, daß die schwierigere (dunklere, unverständlichere) „Lesart“ (= Textvariante) als die ursprüngliche anzusehen sei. Solche Lesarten dagegen, die mit anderen Teilen des NT übereinstimmen und klar und leicht verständlich sind, seien durch Glättungen und spätere Eingriffe zu erklären. Damit wird unterstellt, das Schriftwort sei ursprünglich dunkel und in sich widersprüchlich gewesen – auch hier ist die Wurzel der Unglaube gegenüber der Inspiration.[35] Außerdem geht man an der Tatsache vorbei, daß für die wahren Gläubigen jedes Wort der neutestamentlichen Schriften heilig und unantastbar war und sie es niemals gewagt hätten, etwas hinzuzufügen oder wegzutun (vgl. Offb 22,18-19!)

 

Ebenso willkürlich ist die Regel, daß die kürzere Lesart im Zweifelsfall die ursprüngliche sein soll. Damit wird die gerade bei der griechischen Unzialschrift sehr große Gefahr von versehentlichen Textauslassungen heruntergespielt, damit man den alexandrinischen Verkürzungen den Vorrang geben kann. Wo die Schrift zwei oder drei Zeugnisse einer Aussage bringt, entsprechend dem geistlichen Grundsatz von 2Kor 13,1, da erklären die geistlich blinden Textkritiker, daß das zweite und dritte Zeugnis aus Gründen der „Harmonisierung“ dazugesetzt worden sei. Wo der Textus Receptus vollständig und klar ist und der alexandrinische Text verkürzt und schwer verständlich, da erklären sie, daß die Worte, die erst den Sinn geben, hinzugefügt sein müßten, während man viel eher annehmen müßte, daß solche Worte, die in 99 Textzeugen stehen und in einem nicht, von dem einen ausgelassen wurden (vgl. etwa 1Kor 11,29).

 

Die Textkritik wirft sich zum Richter und Herrn über Gottes Wort auf

 

All dies verwundert nicht, wenn man bedenkt, daß die weltliche Wissenschaft schon in ihrem Grundansatz Gottes Existenz und Wirken verleugnet und geistliche, Glaubensgesichtspunkte aus ihrem „streng objektiven“ Vorgehen ausschließen muß, um als „Wissenschaft“ gelten zu können. Die führenden Vertreter der „Textkritik“ sind zumeist ungläubige Wissenschaftler, die die Inspiration und damit den göttlichen Offenbarungscharakter der Heiligen Schrift ablehnen.

 

Doch auch gläubige Wissenschaftler bzw. Theologen müssen sich diesem Diktat anpassen, wenn sie nicht der Schmach und Verachtung verfallen wollen. Glaube und Göttliches darf in die Beweisführung der Textkritik zum Neuen Testament nicht einfließen, sonst gilt man als rückständiger, dogmatischer Fanatiker, der „unwissenschaftlich“ arbeitet und nicht ernst zu nehmen ist. Alle „wissenschaftliche Textkritik“ geht letztlich von dem Grundsatz aus, daß der Mensch mit seinem Verstand berechtigt und in der Lage sei, selbst zu entscheiden, was nun eigentlich in den Originalhandschriften gestanden habe und was nicht.

 

Manche Befürworter des Nestle-Aland-Textes wenden ein, daß auch einige Gläubige sich an der Textkritik beteiligt haben, so etwa Bengel, Tregelles, Darby und Kelly. Das ist wahr – aber ändert das etwas an der geistlichen Bewertung der Textkritik? Es ist davon auszugehen, daß diese Männer gewiß mit den besten Absichten handelten und meinten, auf dem Wege der Erforschung einzelner Lesarten dem ursprünglichen Text des NT näher zu kommen. Das bedeutet jedoch nicht, daß wir ihre textkritischen Überzeugungen als richtig annehmen müßten, weil sie Gotteskinder und z. T. geachtete Bibellehrer waren. Im Gegenteil zeigt es uns, daß auch geistlich reife und in der biblischen Lehre gegründete Gläubige sich in bestimmten Bereichen durch verkehrte geistige Strömungen vom einfältigen Glaubensstandpunkt ablenken lassen können.

 

Es ist immerhin interessant, festzustellen, daß z. B. John Nelson Darby die meisten Abweichungen vom Textus Receptus, die die Gottessohnschaft und das Erlösungswerk Jesu Christi antasten, in seinen Übersetzungen nicht übernommen hat. Deshalb folgt die nichtrevidierte Elberfelder Bibel an einigen Stellen noch dem überlieferten reformatorischen Text, wo die revidierte Fassung davon abweicht (so etwa 1Tim 3,16, Joh 9,35, Mt 1,25; Mt 18,11). Dennoch ist es bedauerlich, daß auch die in vielem wertvolle alte Elberfelder Übersetzung durch eckige Klammern Teile der überlieferten Offenbarung wie Mk 16,9-20 oder Joh 7,53 bis 8,11 in Zweifel zieht. Wie der Anhang zeigt, sind auch in dieser Bibelausgabe manche wichtige Worte der Schrift textkritisch verändert worden. Die Textkritik bringt auch dort keine guten Früchte, wo Gläubige sie betrieben haben.

 

Die große Not in der Gemeinde heute ist, daß die allermeisten Hirten und Lehrer, Theologen oder Verkündiger des Wortes sich gutgläubig auf das Urteil der Textkritik verlassen und es nicht für notwendig halten oder sich nicht zutrauen, sich in den Fragen des echten, von Gott bewahrten Textes des NT selbst ein Urteil zu bilden. Dahinter steht leider bei manchen Gläubigen eine falsche „Wissenschaftsgläubigkeit“, ein irregeleitetes Vertrauen auf den Fortschritt der „objektiv forschenden“ Textkritik, die es ja schließlich am besten wissen muß, was im NT steht und was nicht. Manche Gläubige nehmen die Grundsätze, Methoden und Ergebnisse der Textkritik an, ohne zu erkennen, daß sie sich eigentlich mit ihrem Glaubensstandpunkt nicht vereinbaren lassen.

 

Was ist das Ergebnis des textkritischen Einflusses auf die modernen Bibeln? Die verbindliche Grundlage der meisten modernen Bibelausgaben, der Nestle-Aland-Text, wird per Debatte und vielfach per Mehrheitsentscheid von einem kleinen internationalen Kreis von bibelkritischen Wissenschaftlern festgelegt, unter denen auch ein hochrangiger Vertreter der katholischen Kirche ist. Dieser erlesene, von dem theologisch liberalen und damit bibelkritisch eingestellten Weltbund der Bibelgesellschaften eingesetzte Zirkel von Gelehrten entscheidet darüber, was Millionen gläubiger Christen als Wort Gottes lesen und annehmen.[36]

 

Nur wenigen Gläubigen ist bewußt, daß der „Nestle-Aland“-Text inzwischen längst ein ökumenischer Welteinheitstext ist. 1968 wurden zwischen dem Vatikan und den „United Bible Societies“ Leitlinien verabschiedet, die vorsehen, daß ausschließlich dieser Text zu verwenden ist, sei es in den Kirchen, in Bibelausgaben, im Studium oder Unterricht! Das sollte allen bibeltreuen Christen sehr zu denken geben.

 

Wenn dieser ökumenische Gelehrtenkreis einen Satz aus der Bibel streicht, dann wird er in der nächsten Auflage von vielen Bibelausgaben in der Welt gestrichen; wenn er einige Worte verändert, dann hat das Folgen für die modernen Bibeln in vielen Ländern der Welt! Die Gläubigen, die sich für moderne „textkritische“ Bibeln entschieden haben, müssen, was den ursprünglichen Wortlaut der Heiligen Schrift angeht, den Vernunftschlüssen solcher Menschen vertrauen, von denen Gottes Wort sagt, daß sie verfinstert am Verstand und unfähig sind, die Dinge Gottes zu erkennen, weil sie geistlich beurteilt werden müssen (vgl. Eph 4,18; 1Kor 2,9-16).

 

 

 

8. Gottes Wort wird relativ – die Frucht der Textkritik in den modernen Bibeln

 

 

Es war das erklärte Ziel der Textkritiker, den Textus Receptus als Standardtext des NT zu stürzen und in ihren wissenschaftlich erschlossenen Textausgaben einen anderen Standard aufzurichten. Allerdings widerspricht jede „wissenschaftliche“ Textausgabe der anderen in vielen Stellen, und sie werden immer wieder durch neue Theorien und subjektive Werturteile verändert, so daß die Textkritik bis heute keinen wirklich verbindlichen und verläßlichen Text des NT liefern konnte.

 

Die Frucht der Textkritik: der Text des NT ist „für jede Änderung offen“

 

Hier wird die unvereinbare Kluft zwischen dem weltlich-wissenschaftlichen Denken und dem geistlichen Glaubensstandpunkt deutlich. Der Gläubige braucht einen festen Grund für sein Glaubensleben. Die Bibel ist für ihn Gottes Wort und damit ewiger Felsengrund. Er bekennt mit dem Liederdichter:

 

Herr, Dein Wort, die edle Gabe,

dieses Gold erhalte mir,

denn ich zieh es aller Habe

und dem größten Reichtum für.

Wenn Dein Wort nicht mehr soll gelten,

worauf soll der Glaube ruhn?

Mir ist’s nicht um tausend Welten,

aber um Dein Wort zu tun.

 

Doch für die ungläubigen Textkritiker ist dieses Wort das leblose Objekt ihres wissenschaftlichen Sezierens. Es ist, wie alles im wissenschaftlichen Denken, relativ. Es gehört zum Wesen des rationalistischen Denkens, alles in Zweifel zu ziehen, alles in Frage zu stellen. Eine wissenschaftliche Textausgabe ist das vorläufige Ergebnis von Annahmen und Gedankenkonstruktionen.[37] Es ist der Diskussion, dem Fortschritt, der kritischen Analyse unterworfen und kann morgen schon ganz anders aussehen wie heute.

 

Kurt und Barbara Aland erklären ganz offen zu der 26. Auflage des „Nestle-Aland“: „Selbstverständlich bedeutet der neue Text keine statische Größe. Alle Mitglieder des Herausgeberkomitees (...) sind sich darüber einig, daß er ‘ad experimentum’ [= versuchsweise, vorläufig – R.E.] veröffentlicht und jeder Änderung offen ist – nur müssen die Argumente dafür überzeugend sein.“[38] Dieser „versuchsweise, vorläufige“ Text wird aber weltweit den meisten modernen Bibelausgaben als verbindliche Richtschnur zugrundegelegt.

 

Wenn es nun den Textkritikern sinnvoll erscheint, sind sie jederzeit bereit, nach ihrem Ermessen weitere Änderungen in die modernen Bibeln einzuführen. Wenn irgendjemand morgen nach Qumran-Muster eine alte, gnostisch verfälschte Evangelien-Handschrift aus dem äygptischen Wüstenstaub zieht, kann es sein, daß einige Jahre später der Leser „moderner“ Bibeln auf Bibelworte verzichten muß, die noch in der letzten Auflage enthalten waren, und dafür die Erfindungen häretischer Irrlehrer als „Gottes Wort“ vorgesetzt bekommt.

 

Das ist, wenn man den künstlichen Wirbel um die zweifelhaften Handschriften der Qumran-Sekte bedenkt, gar keine weit hergeholte Befürchtung. Einige Bibelübersetzungen enthalten bereits Änderungen im AT, die auf den Handschriften dieser häretischen Splittergruppe des Judentums beruhen. Die „moderne“, „wissenschaftlich fundierte“ textkritische Bibel macht das ewige Wort Gottes zu einer fließenden, relativen, dem „Fortschritt der Wissenschaft“ unterworfenen Sache.

 

Der gläubige Leser einer textkritischen Bibel kann sich nicht sicher sein, was eigentlich genau Gottes Wort ist und was nicht. Ohne daß er es weiß, erhält er das Wort Gottes, von dem er schließlich lebt, in der verkürzten, entstellten Gestalt der alexandrinischen Überlieferung vorgesetzt. Ihm werden damit zahlreiche inspirierte Zeugnisse, die Gott durch Seinen Geist gegeben und zur Erbauung der Gläubigen gedacht hatte, entzogen. Unsere Aufstellung im Anhang gibt einen ersten Überblick über die geistlichen Verluste, die der Leser textkritischer Bibeln hinzunehmen hat.

 

Zeugen der Wahrheit werden zum Schweigen gebracht

 

An dieser Stelle wenden viele „evangelikale“ Befürworter der Textkritik ein, daß doch die gestrichenen Stellen keine Lehre der Schrift zu Fall bringen würden und daß sich für die wegfallenden Aussagen vielfach auch noch andere Zeugnisse in der Schrift finden würden. Das ist zwar zutreffend – aber dabei übersieht man, daß Gottes Wort ein vollkommenes, in sich harmonisches Ganzes ist, in dem jedes Wort seine Bedeutung hat. Selbst der Wegfall oder die Entstellung eines einzigen Wortes beeinträchtigt das Ganze und die erbauende Wirkung der Schrift. Es werden aber insgesamt tausende von inspirierten Wörtern weggelassen bzw. verändert.

 

Insbesondere übersehen die gläubigen Verteidiger der Textkritik den geistlichen Grundsatz der zwei oder drei Zeugen, den wir immer wieder in der neutestamentlichen Schriftoffenbarung finden (vgl. 2Kor 13,1: „Durch zweier und dreier Zeugen Mund soll jede Aussage festgestellt werden!“). Häufig dienen die mehrfachen Zeugnisse derselben Aussage der Bekräftigung und heben die Wichtigkeit von geistlichen Aussagen in Gottes Wort hervor, wie auch immer wieder von Auslegern zu recht betont wird. Sie sind nicht „überflüssige Wiederholungen“, sondern unentbehrliche Bestandteile der durch Gottes Geist gegebenen Offenbarung.

 

Wenn nun die Textkritik in Kol 1,14 nur noch stehen läßt „in ihm haben wir die Erlösung“ und dabei das den Liberalen aller Schattierungen so anstößige „durch sein Blut“ wegfallen läßt, so mag wohl jemand sagen: „Aber in Eph 1,7 haben wir diese Aussage doch noch einmal! Es ist doch nichts passiert!“ Aber wir müssen antworten: Doch, es ist etwas Schlimmes passiert! Die Textkritik hat uns das zweite Zeugnis für diese so kostbare Aussage geraubt! Wenn wir auf einem Stuhl stehen müssen, um eine Arbeit zu erledigen, und jemand kommt und sägt an einem Bein etwas ab, dann sagen wir ja auch nicht: Macht nichts, die anderen drei Beine sind ja unversehrt geblieben! Wenn in einem Gerichtsprozeß zwei von drei Zeugen plötzlich umgebracht oder dazu gezwungen würden, ihr Zeugnis zu widerrufen, würde dies niemand für eine harmlose Sache halten.

 

Dort wo ein Textkritiker in seinem geistlichen Unverstand die Aussage in Mt 18,11 Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, um das Verlorene zu retten als „harmonisierenden Zusatz“ oder ähnliches bezeichnet und aus dem inspirierten Wort herausschneidet, da sollten ihm die Gläubigen nicht ergeben folgen, sondern erkennen, was hier wirklich passiert: Das zweite Zeugnis zu Lk 19,10 wird weggenommen, und mit Lk 9,56 wird noch ein drittes Zeugnis dazu geraubt, so daß diese für das Evangelium so überaus gewichtige Aussage in den textkritischen Bibeln ernsthaft geschwächt wird. Das so bedeutsame Matthäusevangelium enthält diese Aussage damit nicht mehr. Das sind schwerwiegende geistliche Schädigungen für die gläubigen Bibelleser.

 

Worte Gottes verschwinden auf die Entscheidung der Gelehrten hin

 

Hinzu kommt, daß in textkritischen Bibeln je nach der willkürlichen Entscheidung der weltlichen Wissenschaft plötzlich altvertraute und geliebte Worte Gottes verschwinden können, ohne daß darüber Rechenschaft gegeben wird. So lautete der wichtige Beginn des Markusevangeliums in der Luther-Bibel von 1912: „Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes“. In der alten, nichtrevidierten Elberfelder Bibel hieß er dementsprechend: „Anfang des Evangeliums Jesu Christi, des Sohnes Gottes“.

 

Aber in der 1. und 2. Auflage der revidierten Elberfelder Bibel, die von sich behauptet, den besten griechischen Text zu benutzen,[39] las der Bibelleser plötzlich nur noch: „Anfang des Evangeliums Jesu Christi“, und eine Fußnote informierte ihn: „Einige alte Handschriften fügen hinzu: des Sohnes Gottes.“ In der Luther-Revision von 1956 geschah dieselbe Tilgung. Plötzlich war eine zentrale Aussage über die Gottessohnschaft Jesu Christi aus den „modernen, zuverlässigen“ Bibeln verschwunden! Ganz offensichtlich, so muß der Bibelleser annehmen, war sie nicht inspiriert. Doch seltsamerweise taucht diese Aussage in den späteren Auflagen der revidierten Elberfelder Bibel wie auch der Luther-Revisionen 1972 und 1984 wieder auf! Was war geschehen? Die 26. Auflage des „Nestle-Aland“ hatte einige der willkürlichsten Entscheidungen von NA 25 stillschweigend revidiert und „dem Sohn Gottes“ wieder in ihren Text aufgenommen.

 

Das ist nur ein Beispiel für den „fließenden“ und damit relativen, der Willkür der Gelehrten unterworfenen Grundtext der modernen Bibeln. Ähnliches geschah und geschieht an verschiedenen Textstellen in verschiedenen modernen Bibelausgaben, die sich an NA orientieren statt am überlieferten Text. Der Anhang gibt weitere Beispiele; besonders schwerwiegend ist die Weglassung bzw. textkritische Infragestellung so wichtiger Zeugnisse über unseren Herrn wie Lk 24,36 allein aufgrund des verderbten Codex D.

 

Textkritische Anmerkungen untergraben den Glauben an die Zuverlässigkeit der Schrift

 

Nicht nur an den Stellen, die auf die Meinung der Textkritiker hin getilgt und verändert werden, entsteht Schaden für den Bibelleser. Viele moderne, textkritische Bibelausgaben haben eine große Zahl von textkritischen Anmerkungen an Stellen angebracht, die sie zwar im Text wiedergeben, dann aber in der Fußnote in Zweifel ziehen. (Die revidierte Elberfelder Bibel hat im NT 92 solche Fußnoten, die Ökumenische Einheitsübersetzung 131.)

 

Durch solche Fußnoten wird systematisch der Zweifel an der zuverlässigen Überlieferung des NT geschürt. Bei Mt 17,21 „Diese Art aber fährt nicht aus außer durch Gebet und Fasten“ schreibt die Fn. der revidierten Elberfelder Bibel: „Der Vers 21 fehlt in namhaften Handschriften“ (es sind übrigens Sinaiticus, Vaticanus und drei weitere HSS). Ist er nun Teil des inspirierten Wortes Gottes? Sollte man ihn weniger ernst nehmen als die vorhergehenden Verse? Schlimmer noch ist die Fn. zu Mk 16,9-20: „Die Verse 9-20 fehlen in einigen der ältesten Handschriften.“ (Sie fehlen nur in Sinaiticus und Vaticanus sowie einer späten Minuskel!). Damit wird es dem Leser überlassen, ob er den folgenden Teil des Markusevangeliums als von Gott inspiriert und echt annehmen will oder nicht. „Sollte Gott gesagt haben?“ – immer wieder kommt dieses Prinzip der Textkritik zum Ausdruck.

 

Liberale Übersetzungen wie etwa die ökumenische „Einheitsübersetzung“ zeigen ihre bibelkritische Tendenz bei solchen Auslassungen ganz offen. Wir führen hier die Fußnote zu Joh 7,53-8,11 an: „Dieses Stück gehört nicht zum ursprünglichen Bestand des Johannesevangeliums; die besten Textzeugen überliefern es nicht. Die Erzählung (!) stellt aber wohl eine alte Überlieferung dar und gehört inhaltlich zum Evangelium.“ So werden nicht nur kostbare Worte Gottes als nichtinspiriert und als „später Zusatz“ bezeichnet; es wird auch insgesamt Verunsicherung über die Textüberlieferung des NT verbreitet – eine Verunsicherung, die völlig unberechtigt ist und allein den verkehrten Theorien der Textkritik entspringt.

 

Es muß auch darauf hingewiesen werden, daß die textkritischen Fußnoten vielfach beschönigend, verschleiernd und irreführend formuliert wurden, damit der Leser die Willkür und Fragwürdigkeit textkritischer Entscheidungen nicht erkennen kann. Zum einen wird oft eine Wertung mit hineingebracht wie „die besten, die zuverlässigsten Textzeugen haben...“ (womit immer Sinaiticus, Vaticanus und die alexandrinischen HSS gemeint sind). Zum anderen wird schon dort beschönigt, wo über Sinaiticus und Vaticanus gesagt wird: „Die Verse 9-20 fehlen in einigen der ältesten Handschriften“. Jeder normale Leser würde hinter „einigen“ zwischen vier und zwölf Handschriften vermuten, aber gewiß nicht zwei. Er hätte gewiß einen anderen Eindruck vom Ganzen, wenn es geheißen hätte: „Die Verse 9-20 fehlen in zwei der ältesten Handschriften.“ Noch ehrlicher wäre es ja gewesen, dazuzusetzen: „aber sie finden sich in vielen hundert Textzeugen aus der ganzen Welt, einschließlich Codex A, W und D aus dem 5. Jh.“

 

Dieser fragwürdige Umgang mit der Wahrheit wird auch offenbar, wenn es um die Auslassungen geht, die durch den berüchtigten Codex D entstanden sind und nur von einer einzigen griechischen Handschrift des NT unter tausenden bezeugt werden. Zur Infragestellung von Lk 24,36 schreibt etwa die 1. Auflage der revidierten Elberfelder Bibel: „In einigen Handschriften fehlt dieser Nachsatz.“ Damit ist Codex D gemeint. Wie soll man diesen Umgang mit der Wahrheit nennen? Nicht daß die revidierte Elberfelder bei dieser Art von „Spurenverwischung“ alleine wäre. Die „Einheitsübersetzung“ schreibt zum selben Vers fast dasselbe: „Der erste Teil des Verses fehlt bei einigen alten Textzeugen.“ Eine ebensolche parteiliche Beschönigung der Wahrheit ist es, wenn etwa die revidierte Elberfelder schreibt „Einige spätere Handschriften fügen hinzu...“ und dabei, wie z.B. in Apg 20,15, sämtliche Mehrheitstextzeugen gemeint sind, d.h. sicherlich mehr als tausend HSS.

 

Die bedenklichen geistlichen Früchte textkritischer Bibeln

 

Für die gläubige Gemeinde ist es insbesondere wichtig, die geistliche Tendenz der Auslassungen und Veränderungen zu prüfen, die die Textkritik in ihre Fassungen des NT hineingebracht hat. Wenn man die Abweichungen vom überlieferten Text unter diesem Gesichtspunkt studiert (vgl. die Beispiele im Anhang),[40] so läßt sich feststellen: Es werden zwar keine wesentlichen Lehren des Neuen Testamentes durch sie völlig in Frage gestellt oder untergraben; so weit durfte der Satan in der Beeinträchtigung des Wortes Gottes nicht gehen. Dennoch wird das biblische Zeugnis für viele wichtige Lehren beeinträchtigt, verdunkelt und in Frage gestellt. Das gilt ganz besonders von der Lehre der Schrift über den Herrn Jesus Christus, Seine Gottessohnschaft und Sein Erlösungswerk.

 

Die Veränderungen der Textkritik haben insgesamt eine geistlich zersetzende, den biblischen Glauben schädigende Tendenz. Umgekehrt fördern sie den endzeitlichen Abfall in der Christenheit durch die eingeschleusten falschen Lesarten. Sie leisten Irrlehren wie der Gnosis, der Allversöhnung und dem Arianismus Vorschub; sie fördern die Ökumene durch „katholische“ Änderungen und die Religionsvermischung durch Abschwächung der biblischen Lehre von der alleinigen Rettung durch den Glauben an Jesus Christus (z. B. „der Vater“ statt „der Vater unseres Herrn Jesus Christus“ in Eph 3,14). Sie bringen Irrtümer, Widersprüche und Dunkelheiten in die Schrift und untergraben so den Glauben an die Inspiration und Irrtumslosigkeit des Wortes Gottes. In vielen Fällen nehmen sie dem Gläubigen wichtige und kostbare Worte und Aussagen weg, die über Jahrhunderte als Wort Gottes unbestritten waren.

 

In dem Ganzen wird deutlich: Textkritische Bibeln tragen direkt oder indirekt zur Verunsicherung der Gläubigen bei. Sie machen das ewige, von Gott gegebene Bibelwort zu einer veränderlichen, dem Urteil des Menschen unterworfenen Sache und schüren Zweifel daran, ob wirklich alle Schrift von Gott eingegeben ist – und zwar völlig unberechtigte, aus dem falschen Geist der ungläubigen Wissenschaft entsprungene Zweifel. Unser Herr Jesus Christus hat uns gesagt: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Mt 7,16). Gott sät keine Zweifel an Seinem Wort! Jeder möge selbst beurteilen, wes Geistes Kind die moderne Textkritik ist.

 

Das Traurige ist, daß solche Bibelausgaben von vielen gläubigen Bibellehrern, Predigern und anderen Verantwortlichen empfohlen werden, und dies gewiß in gutem Glauben und bester Absicht. Wir wollen keinem Gläubigen unterstellen, daß er den üblen Einfluß der Textkritik absichtlich unter das Volk Gottes tragen würde. Viele gläubige Befürworter der Textkritik und ihrer Bibeln kennen die geistlichen Hintergründe nicht; manche sind leider in einem fehlgeleiteten Vertrauen auf die angeblich „objektive“ Wissenschaft befangen. Gerade bibeltreue Brüder, die die Autorität und Vollkommenheit des Wortes der Heiligen Schrift noch hochhalten, sind sich großenteils nicht dessen bewußt, daß ihre textkritischen Bibeln ihrer eigenen Glaubensüberzeugung widersprechen.

 

Es wird oft eingewendet, daß ja der Kern der biblischen Offenbarung, etwa 80% des Textes, von den Textvarianten nicht betroffen und in allen Bibelausgaben derselbe ist. Das ist tatsächlich der Fall, und wir sind für diese göttliche Bewahrung sehr dankbar. Dennoch ist es für Gläubige, die die wörtliche Inspiration der Schrift festhalten und um den kostbaren Wert jedes einzelnen von Gott eingegebenen Wortes wissen, auch von großer Bedeutung, Sicherheit darüber zu haben, welche Worte im Bereich der verbleibenden 20% wirklich von Gott gegeben sind. Es ist wahr, daß der größte Teil der Textunterschiede keine große inhaltliche Rolle spielt und weder den Sinn noch die lehrmäßige Aussage der Schrift verändert. Aber die verbleibende Zahl von inhaltlich und geistlich schwerwiegenden Veränderungen läßt es dennoch nicht zu, hier Entwarnung zu geben und die textkritischen Bibeln als unbedenklich anzunehmen.

 

 


 

9. Die gläubige Gemeinde braucht einen eigenständigen,

biblisch gegründeten Standpunkt zur Textüberlieferung

 

 

Der bisher gegebene Überblick über die Vorgehensweise der Textkritik und ihre bedenklichen Früchte sollte eines deutlich machen: Die Gläubigen dürfen in der Beurteilung der Frage, was der echte, von Gott gegebene und zuverlässsige Text des Neuen Testamentes ist, nicht einfach blind den Urteilen der Textkritik und der von ihr beeinflußten Theologie folgen. Diese überaus wichtige Frage muß von geistlichen (d.h. wiedergeborenen) Menschen in geistlicher Weise beurteilt werden! Wie kann nun ein vom biblischen Glauben ausgehender Standpunkt zum Text des Neuen Testaments gewonnen werden? Grundlage dafür muß, wie in allen anderen Fragen auch, die Heilige Schrift selbst sein. Wir wollen versuchen, die Frage aufgrund von biblischen Grundsätzen kurz zu beleuchten.

 

Grundlagen eines biblischen Standpunktes zur Textüberlieferung

 

Jeder Gläubige sollte von drei Grundannahmen ausgehen, wenn er die Überlieferung des NT betrachtet:

 

1. Alle Schrift ist von Gott eingegeben. Die in 2Tim 3,16, 2Pt 1,20-21 u.a. Schriftzeugnissen gegebene Lehre zeigt uns, daß die ganze Bibel, das ganze AT und das ganze NT, Wort für Wort von Gott eingegeben und somit Wort Gottes, vollkommene und verbindliche Offenbarung Gottes ist. Es ist in keiner Weise und in keinem Teil lediglich Menschenwort, auch wenn Gott heilige Menschen Gottes gebraucht hat, um es niederzuschreiben. Als Wort des lebendigen Gottes dürfen wir es vorbehaltlos, in kindlichem Glauben für uns annehmen und ihm von ganzem Herzen Gehorsam leisten (vgl. 1Th 2,13).

 

2. Gott wacht über seinem Wort. Christus spricht in Mk 13,31: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ Wenn Gott dieses Wort gegeben hat, um die Gläubigen zu erbauen und zu leiten, dann wird Er, der Allmächtige, es für Seine Gemeinde auch bewahren bis zum Ende der Zeiten (vgl. Jes 55,11). Wenn Gott uns auffordert, dieses Wort im Glauben anzunehmen, zu bewahren und zu befolgen, dann folgt daraus, daß Er es auch für uns bewahren wird, sonst wäre Seine Aufforderung nicht durchführbar. Gott spricht in Jer 1,12: „Ich will über meinem Wort wachen, um es auszuführen!“

 

In Ps 12,7-8 heißt es (revidierte Schlachter; vgl. KJV, Luther, Elberfelder): „Die Worte des HERRN sind reine Worte, in irdenem Tiegel geschmolzenes Silber, siebenmal geläutert. Du, o HERR, wirst sie bewahren, sie behüten vor diesem Geschlecht in Ewigkeit!“ Wie bewahrt Gott Sein Wort? Im NT finden wir den wichtigen Hinweis in der Aufforderung des Paulus an Timotheus: „Dieses edle, anvertraute Gut [d.h. die Worte von V. 13] bewahre durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt!“ (2Tim 1,14). Daraus können wir schließen, daß Gott Sein Wort durch wiedergeborene Gläubige bewahren wollte, die nach den Aposteln, geleitet durch den Heiligen Geist, dieses Wort vor Veränderungen schützten und getreu weitergaben.

 

3. Der Satan, der Widersacher Gottes, wird versuchen, dieses Wort zu verfälschen und den Gläubigen wegzunehmen. Eben weil es Gottes Wort ist und nicht kraftloses Menschenwort, müssen wir davon ausgehen, daß der Widersacher dieses Wort haßt und versuchen wird, es anzugreifen. Wir finden in der Schrift selbst, wie er Eva mit einer verdrehten Darstellung der Worte Gottes verführt (1Mo 3,1) und dabei jenes verhängnisvolle „bibelkritische“ Wort spricht: „Sollte Gott gesagt haben?“ Wir finden, wie er den Herrn Jesus versucht, indem er ein Schriftwort anführt und dabei etwas ausläßt (Mt 4,6). Der Herr Jesus selbst lehrt uns, daß der Satan versucht, uns das Wort Gottes wegzunehmen (vgl. Mk 4,15). Paulus warnt uns, geleitet vom Heiligen Geist: „Denn wir sind nicht wie so viele, die das Wort Gottes verfälschen“ (2Kor 2,17). In 2Kor 4,2 spricht er wieder von solchen, die das Wort Gottes fälschen. Deshalb mahnt uns der Judasbrief, „daß ihr für den Glauben kämpft, der den Heiligen ein für allemal überliefert worden ist“ (Jud 3).

 

Welche Textüberlieferung ist die von Gott bewahrte?

 

Was die Überlieferung des Wortes Gottes angeht, so müssen wir also von folgendem ausgehen: Es muß eine reine, von Gott bewahrte Überlieferungslinie des NT geben, die sich durch Zuverlässigkeit und Treue der Überlieferung auszeichnet, durch innere Übereinstimmung und Klarheit. Diese Überlieferung muß in einer ununterbrochenen Linie von den Urschriften ausgehen. Es ist logisch, anzunehmen, daß dabei die apostolisch gegründeten Gemeinden, die im Besitz der Urschriften waren und wahrscheinlich bis ins 2. Jahrhundert hinein zumindest sorgfältige, beglaubigte Abschriften hatten, eine Schlüsselrolle spielten, ebenso die Mitarbeiter der Apostel. Wenn sie zuverlässig sein soll, wird diese Überlieferung durch hohe Übereinstimmung der verschiedenen Handschriften untereinander und sorgfältige Abschrift gekennzeichnet sein.

 

Auf der anderen Seite müssen wir erwarten, daß in der Überlieferungsgeschichte des NT Spuren satanischer Einwirkung zu sehen sind, Texte, die durch Werkzeuge Satans entstellt wurden, d.h. durch Irrlehrer und ihre Anhänger. Dabei dürfte ein herausragendes Merkmal solcher Texte die Auslassung von inspirierten Worten sein. Falsche Zeugen zeichnen sich nach der Bibel dadurch aus, daß ihr Zeugnis untereinander nicht übereinstimmt, daher dürfen wir in dieser falschen Überlieferungslinie eine hohes Maß an Unterschieden erwarten sowie Nachlässigkeit und Willkür im Umgang mit dem heiligen Text.

 

Stellen wir uns nun die Frage: Welche der uns bekannten Textüberlieferungen ist die von Gott bewahrte? Wenn wir diese Frage geistlich beurteilen wollen, dann sollten wir die aus der Schrift ableitbaren Grundsätze auf die uns bekannten Tatsachen aus der Überlieferungsgeschichte des Neuen Testaments anwenden, ohne uns dabei durch die parteiliche Deutung dieser Fakten von Seiten der Textkritik beeinflussen zu lassen. Hier ist es entscheidend, daß die gläubige Gemeinde sich nicht von Philosophie und Wissenschaft gefangennehmen und betrügen läßt: „Habt acht, daß euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundsätzen der Welt und nicht Christus gemäß“ (Kol 2,8; vgl. 1Tim 6,20-21).

 

Eine solche Prüfung zeigt uns dann deutlich und unmißverständlich: Die göttlich bewahrte, getreue Überlieferungslinie düfen wir im Mehrheitstext erwarten und annehmen, der genau den geistlichen Maßstäben entspricht, die ein bibeltreuer Gläubiger an den von Gott gegebenen Text anlegen muß. Dieser Text verherrlicht den Herrn Jesus Christus; er bezeugt die gesunde Lehre und erbaut die Gläubigen ohne irgendeine Verdunkelung oder Beimischung von Verkehrtem. Er wurde über viele Jahrhunderte weg von wahren Gläubigen als Wort Gottes gelesen und angenommen; einiges spricht dafür, daß auch die Waldenser und ihre Vorläufer in Oberitalien Mehrheitstext-Handschriften benutzten, ebenso die Goten (Wulfila-Bibel) und anglosächsische Missionare.

 

Die Textkritiker selbst geben dem überlieferten Grundtext der Reformation das Zeugnis, daß er ein klarer, gut verständlicher Text ist, der mit den Lehren der Schrift völlig übereinstimmt. Genau deshalb ist er in ihren Augen, da sie ja die göttliche Inspiration der Bibel leugnen, ein künstlich harmonisierter, überarbeiteter Text. Aber in diesem parteilichen Werturteil dürfen die Gläubigen ihnen nicht folgen. Für jeden ernsthaften Verfechter der Inspiration der Heiligen Schrift ist es klar, daß das Wort Gottes sich nicht widerspricht und daß alle seine Aussagen, richtig verstanden, lehrmäßig innerlich übereinstimmen müssen. So stellen Kurt und Barbara Aland, offene Gegner der Verbalinspiration, ganz zu recht fest: „Die Anschauung von der Verbalinspiration, d. h. der irrtumsfreien Eingebung, welche die Orthodoxie beider Konfessionen mit Nachdruck verfocht, setzt den Textus receptus voraus (...).“[41]

 

Dagegen zeigt die alexandrinische Überlieferungslinie keineswegs das Zeugnis göttlicher Bewahrung oder Bestätigung. Die Handschriften aus dieser Linie wurden von Anhängern falscher Lehren erstellt und tragen sichtbare Spuren ihrer falschen Lehren. Sie sind nachlässig abgeschrieben und unter sich uneins. Sie mindern die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus und leisten falschen Lehren Vorschub. Eines ihrer Kronzeugen-MSS behandelt häretische apokryphe Bücher als heilige Schriften (Sinaiticus). Ihre unzuverlässigen Zeugen wurden jahrhundertelang beiseitegelegt und von Gläubigen nicht gebraucht; dagegen kamen einige falsche Lesarten daraus in die „Vulgata“-Übersetzung der katholischen Kirche. Nicht umsonst findet der gottesfürchtige Bibelleser in der Schrift selbst die Warnung: „O Timotheus, bewahre das anvertraute Gut, meide das unheilige, nichtige Geschwätz und die Widersprüche der fälschlich so genannten Gnosis!“ (1Tim 6,20 nach dem Grundtext).

 

 

 

10. Der Textus Receptus als von Gott gegebene Grundlage

für die Übersetzung des Neuen Testaments

 

 

Wenn wir vom Standpunkt des Glaubens und der geistlichen (nicht wissenschaftlichen) Sicht die Überlieferungslinie bis zur Zeit der Reformation weiterverfolgen, so sehen wir, daß in einer buchstäblich weltweiten Einmütigkeit alle damaligen Gläubigen die auf dem Textus Receptus beruhenden Bibelübersetzungen als von Gott gegeben anerkannten und annahmen.

 

Er beruht auf der von Gott bewahrten Überlieferungslinie des Mehrheitstextes und gibt dieser Überlieferung eine bestimmte, feste Gestalt. Das ist wichtig, weil ja bei aller grundsätzlichen und staunenswerten Übereinstimmung die vielen tausend Handschriften des Mehrheitstextes dennoch an einzelnen Punkten unvermeidlich auch gewisse Unterschiede aufweisen. Als der Text übersetzt werden mußte, war eine definitive, klar ausgeprägte Form nötig, und diese Form finden wir einzig und allein im Textus Receptus.

 

Bei der Herausgabe des Textus Receptus wurde im wesentlichen die Überlieferung des Mehrheitstextes zugrundegelegt. An einigen Stellen wurden auch Textformen aufgenommen, die in dieser Überlieferung keine einheitliche oder breite Basis haben. (Dazu muß allerdings gesagt werden, daß unseres Wissens ein abschließendes Urteil darüber noch gar nicht möglich ist, weil die vielen tausend HSS der Mehrheitstext-Überlieferung nur zu einem Teil bearbeitet und richtig erfaßt sind.) An einigen wenigen Stellen enthält er Worte, die nach heutigem Wissen nur von wenigen erhalten gebliebenen griechischen Handschriften bezeugt werden, allerdings durch Übersetzungen und „Kirchenväter“zitate als sehr alt nachgewiesen sind. Die berühmteste solche Stelle ist das „Comma Johanneum“ in 1Joh 5,7-8[42]. Diese Umstände machen manchen Gläubigen Schwierigkeiten, die vom Standpunkt der Wissenschaft und menschlichen Vernunft statt vom Glauben her an die Frage herangehen.

 

Einige gläubige Theologen haben versucht, ausgehend von der richtigen Erkenntnis, daß die byzantinische Textüberlieferung die von Gott bewahrte und zuverlässige ist, eine wissenschaftlich erschlossene Ausgabe des „Mehrheitstextes“ (engl. Majority Text) zu erstellen.[43] Die Schwierigkeit dabei ist, daß eine solche Ausgabe, wie alle wissenschaftlichen Ergebnisse, nur eine vorläufige, nicht feststehende Textform erbringen kann, die an vielen Stellen auf Vermutungen und menschliche Vernunftschlüsse angewiesen ist. Auch hier besteht die große Gefahr, daß der Mensch mithilfe seines begrenzten Verstandes und seiner beschränkten Einsicht in die Dinge darüber entscheidet, was nun eigentlich Gottes Wort ist und was nicht.

 

So teilen wir als Befürworter des Textus Receptus mit diesen Gläubigen sehr viele Überzeugungen und Einsichten, sind aber dennoch davon überzeugt, daß dieser Weg uns nicht zu einem zuverlässigen, festen und von Gott bestätigten Text des Neuen Testaments führen kann. Für unsere Bibel, die ja die Leitlinie unseres ganzen Lebens sein soll, brauchen wir keinen fließenden, vorläufigen Text, sondern einen autoritativen, festen Text.

 

Logik des Glaubens statt Logik der Wissenschaft

 

Einen solchen festen, zuverlässigen Text, der zu 99,99% eindeutig gegeben und überliefert ist,[44] kann nur der Textus Receptus bieten. Doch ihn anzunehmen bedeutet, sich die Verachtung und den Spott aller Wissenschaftler und die Opposition vieler wissenschaftlich-rationalistisch beeinflußter Gläubiger zuzuziehen.

 

Der Textus Receptus ist kein wissenschaftlich erschlossener und wissenschaftlich beweisbarer Text, sondern ein im Glauben als von Gott gegeben und überliefert angenommener Text. Wir nehmen ihn im kindlich-einfältigen Vertrauen von Gott an, auch an den Stellen, wo die Vernunftmenschen ihn anklagen und ablehnen. Wir haben gute Gründe dafür, aber das sind geistliche Gründe, keine wissenschaftlichen Argumente. Wir können und wollen damit vor den gelehrten Textforschern und Theologen gar nicht bestehen, denn der Standpunkt des geistlich geleiteten Glaubens ist mit dem Standpunkt der empirisch arbeitenden Wissenschaft an diesem Punkt ähnlich unvereinbar wie bei der Evolutionslehre.

 

Die Wissenschaft kann die Schöpfungslehre niemals akzeptieren, weil sie die „fremde Größe“ des lebendigen Gottes und Seines Handelns mit in die Argumentation bringt. Ebenso kann die Wissenschaft den überlieferten Text der Reformation nicht annehmen, weil seine Annahme den Glauben an Gottes Treue und bewahrendes Handeln zur Voraussetzung hat. Aber die bibeltreuen Gläubigen dürfen sich hier von Gottes Wort leiten lassen, das uns sagt: „Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, so daß wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist; und davon reden wir auch, nicht in Worten, die von menschlicher Weisheit gelehrt sind, sondern in solchen, die vom Heiligen Geist gelehrt sind, indem wir Geistliches geistlich beurteilen. Der natürliche Mensch nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muß (1Kor 2,12-14).

 

Wenn wir im Glauben davon ausgehen, daß der allmächtige, lebendige Gott in der Überlieferungsgeschichte des Neuen Testaments am Wirken war und darüber gewacht hat, daß Seine geliebten Kinder Sein Wort vollständig und unverfälscht besitzen konnten, dann können wir erkennen, daß sich Gottes Bewahrung in der Geschichte der griechisch-byzantinischen Textüberlieferung zeigt, die den zuverlässigen Text des NT über viele Jahrhunderte sorgfältig weitergab, wobei Gott nach 2Tim 1,14 durch das Zeugnis der Gläubigen, die diesen Text als echt anerkannten, die Bestätigung gab.

 

Ebenso können wir Gottes Bewahrung in der Reformation am Wirken sehen, wo das Wort Gottes zum ersten Mal nach Jahrhunderten in den Ursprachen zu den nicht griechischsprechenden Gläubigen kam, um übersetzt zu werden. In Jud 3 heißt es ja: „daß ihr für den Glauben kämpft, der den Heiligen ein für allemal überliefert worden ist“.

 

Für uns ist der Textus Receptus der historische Punkt, an dem uns das Glaubensgut des NT ein für allemal überliefert wurde. Auch hier gab Gott Zeugnis durch die vielen wiedergeborenen Gläubigen aus aller Welt, die diesen Text einhellig als echt annahmen. Wir dürfen das uns von Gott Gegebene im Glauben annehmen statt mithilfe unseres begrenzten Verstandes aus all den Tausenden von Handschriften ein selbsterdachtes, konstruiertes NT zusammenzustellen.

 

Hier sehen wir eine deutliche Parallele zum überlieferten Text des Alten Testaments, dem „Masoretischen Text“ der hebräischen heiligen Schriften. Dieser Text wurde uns durch viele sorgfältige Abschriften in einer staunenswerten Zuverlässigkeit überliefert. Gott gebrauchte gemäß Seinem Wort aus Röm 3,2 „ihnen sind die Aussprüche Gottes anvertraut worden“ die Juden, um Sein Wort zu bewahren und unverfälscht weiterzugeben. Diese Überlieferung ist zwar nur aus relativ späten Handschriften ab dem 10. Jahrhundert erhalten, aber sie ist von Gott bewahrt und bestätigt. Alle reformatorischen Bibelübersetzungen nahmen deshalb bewußt den Masoretischen Text zur Grundlage für ihr Altes Testament. Textkritische Bibeln dagegen verändern öfters den Masoretischen Text zugunsten von alten Übersetzungen wie der „Septuaginta“ bzw. selbsterdachten „Textverbesserungen“.

 

Die Reformation war der entscheidende Durchbruch und Neuanfang in der Verbreitung des Wortes Gottes und in der Geschichte des Reiches Gottes. In ihr ist wohl für jeden Gläubigen das Walten Gottes sichtbar (was nicht bedeutet, daß alles an der Reformation göttlich und gut gewesen ist!).

 

Wäre es mit dem Glauben an die göttliche Bewahrung des Offenbarungswortes vereinbar, wenn wir annähmen, daß Gott den Gläubigen an diesem Wendepunkt der Gemeindegeschichte ein in zahlreichen Punkten verfälschtes Neues Testament gegeben hätte? Hat Er es zugelassen, daß die großen Bibelübersetzungen der Reformation, die Lutherbibel, die Zürcher Bibel, die King-James-Bibel, durch die Millionen zum Glauben an den Herrn Jesus Christus finden durften, alle einen unzuverlässigen Text hatten? Kann es sein, daß Gott Millionen Seiner Kinder auf der ganzen Welt fast vier Jahrhunderte lang – eigentlich 15 Jahrhunderte lang – die volle Wahrheit Seines Wortes vorenthalten hat?

 

Die Reformatoren selbst waren sich der Bedeutung dieser Frage durchaus bewußt – nicht zuletzt, weil die katholische Kirche die Zuverlässigkeit und Autorität der evangelischen Bibeln bestritt. Im „Westminster-Bekenntnis“ von 1647 wird der Standpunkt der Gläubigen damals so zusammengefaßt: „Das Alte Testament in Hebräisch (...) und das Neue Testament in Griechisch (...) sind, weil sie von Gott unmittelbar eingegeben und durch seine besondere Fürsorge und Vorsehung zu allen Zeiten bewahrt sind, authentisch (...)“.[45]

 

In den geistlichen Kämpfen der damaligen Zeit, als die Gläubigen raffinierte Angriffe gegen das Wort Gottes abzuwehren hatten, hielten sie im Glauben an die Bewahrung Gottes an der ihnen gegebenen Überlieferung fest. Sie waren der Überzeugung, daß Gottes Hand die Herausgeber des reformatorischen Grundtextes geleitet hatte, um ihnen eine zuverlässige Grundlage für ihr Glaubensleben zu geben.

 

Wir dürfen den Standpunkt des Glaubens einnehmen!

 

Die Antwort der bibeltreuen Gläubigen auf die Textkritik und die von ihr beeinflußten „modernen“ Bibelausgaben sollte darin bestehen, daß sie im Glauben mit der Bewahrung und dem Eingreifen Gottes bei der Überlieferung des echten Textes des NT rechnen. Dann dürfen sie auch heute noch den überlieferten Text der Reformation als einen durch Gottes Vorsehung gegebenen Text annehmen, unbeschadet aller Angriffe gegen ihn. Sie dürfen an ihm festhalten in dem Wissen, daß Gott selbst auf diese Überlieferung den sichtbaren Stempel Seiner Zustimmung und Bestätigung gedrückt hat.

 

Die Frucht der reformatorischen Bibeln sind ungezählte errettete Menschen und zahlreiche echte, geistgewirkte Erweckungen. Das Wort, das Whitefield und Spurgeon, Wesley und Edwards, Hofacker und Krummacher, Harms und Schrenk verkündigten, das Wort, das Männer wie David Livingstone oder Hudson Taylor, Ludwig Nommensen oder Samuel Hebich unter die Heiden trugen, war der von Gott bestätigte Textus Receptus des Neuen Testaments.

 

Eine große Zahl von Gott gesegneter geistlicher Bewegungen ist auf der Grundlage dieses vom Herrn selbst bewahrten und besiegelten Textes entstanden – ob es nun die Brüderbewegung in ihren fruchtbaren Anfängen ist, der Pietismus, die Erweckungsbewegung oder die biblischen Täufer- und Baptistengemeinden. Dagegen müssen wir uns fragen, ob die modernen textkritischen Bibelausgaben je eine solche von Gott gesegnete Frucht gebracht haben.

 

Das bedeutet natürlich nicht, daß sich nicht auch durch solche Bibeln Menschen bekehren und einen gewissen Segen empfangen können (der Verfasser gehört dazu) – aber die Einführung der textkritischen Bibeln fällt sicherlich nicht zufällig zeitlich zusammen mit einer schmerzlichen Verflachung und einem geistlichen Niedergang in der Gemeinde. Die Abkehr vom einfältigen Glauben und dem bewahrten Text der Reformation hat sicherlich bewirkt, daß Gott manchen Segen von Seiner Gemeinde nehmen mußte.

 

Letztlich muß es uns alarmieren, daß der Nestle-Aland-Text von seiner geistlichen Quelle her (der Gnosis) wie von seiner endzeitlichen Rolle als der ökumenische Welteinheitstext sich einordnet in die Bestrebungen einer weltweiten Ökumene und Welteinheitsreligion, deren Vormarsch jeder wachsame Bibelleser aufgrund von Offenbarung 17 und 18 prophetisch richtig deuten sollte. In den vor uns liegenden endzeitlichen Kämpfen gegen die ökumenische Verführung können wir kein schartiges Schwert brauchen, sondern wir brauchen das blank geschliffene Schwert des Geistes, das Gott den Gläubigen seit der Reformationszeit in die Hand gedrückt hat!

 

 

 

11. Was können wir tun?

 

 

Diese kurze Darstellung sollte jedem bibeltreuen Gläubigen deutlich machen, daß die Gemeinde die Frage, welcher Text des Neuen Testaments der von Gott gegebene und zuverlässige ist, nicht dem Urteil ungläubiger Textkritiker oder wissenschaftlicher Theologen überlassen darf. Wir sollten uns darunter beugen und darüber Buße tun, daß nur allzu viele Gläubige (der Verfasser eingeschlossen) lange Zeit die Behauptungen der Textkritik ohne geistliche Prüfung übernommen haben und es versäumt haben, über dem uns überlieferten Text des Neuen Testamentes zu wachen und ihn zu bewahren (vgl. Offb 3,8). So konnte die Textkritik gerade im deutschsprachigen Raum ohne nennenswerte Widerstände vordringen und Schaden anrichten.

 

Diese Schrift will dazu anspornen, die Frage geistlich zu prüfen, ob der überlieferte Text der Reformation der von Gott bewahrte zuverlässige Text des Neuen Testaments ist. Dabei sind vor allem auch die Brüder gefordert, die aufgrund ihres Dienstes am Wort in dieser Frage eine besondere Verantwortung haben. Streitigkeiten, Polemik und Parteigeist können bei der Beurteilung dieser Dinge nur schaden. Es kann auch nicht darum gehen, solche Gläubige zu verurteilen, die im guten Glauben auf die textkritischen Bibeln vertrauen und vielleicht dem Textus Receptus gegenüber aufgrund mangelnder Information oder geistlicher Sicht ablehnend gegenüberstehen. Vielmehr sollte uns diese großangelegte Irreführung vieler Christen in dringliches Gebet vor Gott führen, daß Er in Seiner Gnade doch noch vielen Seiner Kinder die Augen auftut.

 

In jedem Fall sollte Sorge getragen werden, daß nicht junge und schwächere Gläubige durch diese Fragen verunsichert werden. Unterschiedliche Überzeugungen über den Textus Receptus dürfen auch nicht der Anlaß für Spaltungen sein. Dies ist eine große Herausforderung an unsere geistliche Gesinnung und sollte uns ins Gebet treiben, daß der Herr selbst Seine Gemeinde hier weiterführen möge. Angesichts unseres eigenen Versagens und der immer stärker werdenden endzeitlichen Verführungen sind wir darauf angewiesen, demütig unseren Gott um Erbarmen anzurufen und uns auf Seine Verheißungen zu stützen, daß Er selbst Sein bewahrtes und überliefertes Wort wieder auf den Leuchter stellt.

 

Es ist das Anliegen dieser Schrift, daß die heutigen Gläubigen in einer Zeit des Abfalls vom überlieferten Glauben, in einer Zeit ökumenischer und liberaler Verführungen ermutigt werden, sich einfältig auf das uns von Gott überlieferte und bewahrte Wort der Heiligen Schrift zu stützen und an ihm zu erbauen (vgl. Jud 3,20). Sie dürfen dieses zuverlässige Wort gegen alle Angriffe und Zweifel verteidigen, indem sie wissen:

 

 

 

In Ewigkeit, Herr, steht dein Wort fest in den Himmeln;

von Geschlecht zu Geschlecht währt deine Treue.

 

(Ps 119,89-90)

 

 

 

 

Denn des Herrn Wort ist wahrhaftig,

und was er zusagt, das hält er gewiß.

 

(Ps 33,4)

 

 


 

Anhang

 

A. Textkritische Veränderungen im Neuen Testament

Ausgewählte Beispiele

 

 

Wir wollen einige besonders kennzeichnende Bibelstellen aus den zahlreichen Veränderungen herausgreifen, in denen die textkritischen Ausgaben von dem überlieferten griechischen Text des NT (= TR) abweichen. In der angegebenen Literatur findet der Leser ausführlichere Auflistungen. Den überlieferten reformatorischen Text findet er außer in der revidierten Schlachterbibel auch in der Lutherbibel von 1545 (im wesentlichen auch in Luther 1912), in der Zürcher Bibel von 1536 („Froschauer-Bibel“) sowie in der King-James-Bibel.

Die hier angeführten Bibelausgaben sind: Elb = Elberfelder von 1905; revElb = revidierte Elberfelder (R. Brockhaus Verlag); Elb-CSV (Elberfelder –  Revision Chr. Briem); Lu 84 = Luther-Übersetzung 1984; Zü = Zürcher Bibel 1931; Me = Menge-Übersetzung; HFA = Hoffnung für alle; ÖkEinh = Ökumenische Einheitsübersetzung; GN = Gute Nachricht. Receptus-Stellen werden (wie fast alle Bibelzitate in dieser Schrift) in der Regel nach der revidierten Schlachter-Bibel angeführt.

Die angegebenen Handschriftenzeugen wurden nach Nestle-Aland, Das Neue Testament Griechisch und Deutsch, 26. Auflage (= NA) ermittelt. Gelegentlich wurde auch die 25. Auflage (NA 25) angeführt. Bei der Aufzählung von Textzeugen wurden zweifelhafte Nennungen (bei denen NA selbst angibt, daß es nicht sicher ist, ob die Handschrift die Lesart wirklich stützt) sowie Übersetzungen nicht mitgezählt. Dort wo der Mehrheitstext die Lesart unterstützt, ist zu bedenken, daß dies in den Evangelien eine Gruppe von etwa 200 Majuskeln und 2.500 Minuskeln betrifft (wobei nicht alle HSS alle nt. Bücher bezeugen). Dazu kommen oft, ohne daß dies im Einzelnen angeführt wurde, alte Majuskeln, die nicht zum eigentlichen Mehrheitstext gezählt werden, diesen aber ebenfalls bezeugen.

 

 

 

1. Änderungen, die das biblische Zeugnis von Jesus Christus beeinträchtigen

 

 

Eine erschreckend große Anzahl von Änderungen der alexandrinisch-gnostischen Texte betrifft das biblische Zeugnis von dem Herrn Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Das wird niemand verwundern, der weiß, daß gerade dieses Zentrum des rettenden Evangeliums in den ersten Jahrhunderten der Kirchengeschichte vom Widersacher Gottes besonders angegriffen wurde. Der Herr Jesus wurde zwar von manchen Gnostikern und Arianern als „ein Gott“ bezeichnet – aber als ein geschaffener unter anderen „Emanationen“ der Gottheit. Daß Er Mensch geworden sein könnte, im Fleisch gekommen wäre – das war für diese Irrlehrer unakzeptabel. Von anderen wurde Er zwar als „Sohn Gottes“ bezeichnet – aber nur als ein gewöhnlicher Mensch, der von Gott „adoptiert“ wurde (Arianismus). Die Tendenz der frühen Irrlehren spiegelt sich in diesen Änderungen wider: sie betreffen vor allem die Wesensgleichheit des Sohnes Gottes mit dem Vater und Seine Menschwerdung – Aussagen, die den Gnostikern und Arianern völlig zuwider waren.

 

 

a) Die Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater (biblische Gottessohnschaft)

 

1Tim 3,16 macht NA aus dem überlieferten „Gott geoffenbart im Fleisch“ die verschwommene Formel „Er geoffenbart im Fleisch“. Die textkritische Fassung, nur von einer verschwindenden Minderheit von Handschriften gestützt (bei NA werden 5 Majuskeln – darunter Sinaiticus – und wenige Minuskeln genannt), läßt die Möglichkeit offen, daß in Christus ein Engel oder anderes geschöpfliches Geistwesen geoffenbart wurde – ganz im Sinne der Gnosis u. a. Irrlehren. (Diese Änderung findet sich u. a. in revElb, Elb-CSV, Lu 84, ÖkEinh, Me, GN und HFA.)

 

In Joh 3,13 streicht NA die Aussage über Jesus Christus: „...dem Sohn des Menschen, der im Himmel ist.“ Diese Bekräftigung, daß der Sohn des Menschen zugleich Gott ist, findet sich in der übergroßen Mehrheit aller HSS. Es wurde weggelassen auf das Zeugnis von P66, P75, Sinaiticus, Vaticanus und 8 weiteren HSS hin. Dem folgen u.a. Lu 84, revElb, ÖkEinh, GN, HFA; Elb und Me haben die Aussage, Elb-CSV in Klammern; Zü setzt eine textkritische Fußnote.

 

Mk 1,1 setzt NA bei der TR-Aussage „Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes“ „dem Sohn Gottes“ als möglicherweise unecht in Klammern (NA 25 ließ es sogar weg) – auf der Grundlage des Sinaiticus und einer weiteren Majuskel-Handschrift ... sowie von Origenes! (Ausgelassen von revElb [1. Auflage], Lu 56; von anderen durch Fn. in Frage gestellt.)

 

Joh 6,69 lautet im TR: „und wir haben geglaubt und erkannt, daß du der Christus bist, der Sohn des lebendigen Gottes!“ Diese wichtige Zeugnis der Gottessohnschaft Jesu Christi, das sich offenkundig auf das zuvor geäußerte Bekenntnis des Petrus in Mt 16,16; Mk 8,29; Lk 9,20 bezieht, wird im NA ersetzt durch „daß du der Heilige Gottes bist“ – eine Aussage, die sich mit allen Irrlehren der Gnosis und des Arianismus verträgt. Grundlage für eine so schwerwiegende Revision einer wesentlichen christologischen Aussage sind ganze 7 Zeugen, darunter P75, Sinaiticus, Vaticanus, D. (Übernommen u. a. von Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, ÖkEinh, GN.)

 

Joh 9,35 ersetzt NA die Frage des Herrn Jesus an den Sehendgewordenen: „Glaubst du an den Sohn Gottes?“ durch die Frage: „Glaubst du an den Sohn des Menschen?“. Das ist eine Abwertung des Zeugnisses von der Gottessohnschaft Jesu Christi und paßt auch gar nicht in den Zusammenhang des Abschnitts und des Johannesevangeliums als Ganzes. Dafür hat NA ganze 6 Zeugen: P66, P75, Sinaiticus, Vaticanus und zwei weitere Majuskeln! Übernommen wurde diese Änderung von revElb (2. Aufl.), Lu 84, Zü, GN, HFA, ÖkEinh u.a. (Elb-CSV hat eine textkritische Fn.) Noch offensichtlicher wird die Tendenz dieser häretischen Verfälschung, wenn man sieht, daß P75, Sinaiticus und eine weitere Majuskel den Vers 38 ganz auslassen: „Ich glaube, Herr!, und fiel anbetend vor ihm nieder.“ So wird getilgt, daß Jesus Christus Gott ist und Anbetung empfängt.

 

Apg 8,37 läßt NA den ganzen im TR überlieferten Vers aus: „Da sprach Philippus: Wenn du von ganzem Herzen glaubst, so ist es erlaubt! Er antwortete und sprach: Ich glaube, daß Jesus Christus der Sohn Gottes ist!“ Das ist eines der wichtigsten Zeugnisse des biblischen Glaubens an den Sohn Gottes und stellt den Irrglauben der Gnostiker als unbiblisch bloß.

 

Joh 1,18 lautet im TR: „Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn [gr. monogenès huios], der im Schoß des Vaters ist, der hat Aufschluß [über ihn] gegeben.“ Daraus macht NA: „... der [od. ein; der Artikel fehlt] eingeborene Gott [gr. monogenès theos], der im Schoß des Vaters ist...“ Diese von der biblischen Lehre wie vom Textzusammenhang (Sohn – Schoß des Vaters) her unsinnige und unbiblische Lesart wird von den Textkritikern als echt erklärt; ihre Zeugen: P66, Sinaiticus, Vaticanus und zwei weitere HSS – plus u.a. Origenes. Diese offenkundige Verfälschung des von der überwältigenden Mehrheit bezeugten Textes geht auf Irrlehrer zurück, die zwischen dem Logos von Joh 1,1 und dem Sohn einen Gegensatz konstruierten und dabei mit dieser Lesart argumentierten (vgl. Hills, Believing Bible Study, S. 78-80). Arius selbst beruft sich auf diese Lesart in seinen Lehren (vgl. Harnack, Dogmengeschichte, UTB 1641, S. 215). Einige moderne Bibeln (ÖkEinh, Lu 84, GN) haben diesen gnostischen Text übernommen, wobei sie ihn beschönigend übersetzen mußten; revElb und Elb-CSV haben den TR, aber mit textkritischer Fußnote; die anderen Übersetzungen bringen den überlieferten Text.

 

In Offb 1,8 und 11 verändert NA den TR so, daß ein ganz anderer Sinn herauskommt. Im TR lauten die Verse: „8 Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht der Herr, der ist und der war und der kommt, der Allmächtige. ... 11 die sprach: Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte, und: Was du siehst, das schreibe in ein Buch...“ In dieser Fassung wird (in Übereinstimmung mit dem ganzen Textzusammenhang) deutlich, daß im 1. Kapitel der Offenbarung unser Herr Jesus Christus spricht. Der Text bezeugt Sein göttliches Wesen und Seine Herrlichkeit. NA macht daraus: „8 ... spricht Gott, der Herr, der ist... 11 die sprach: ************* Was du siehst, das schreibe in ein Buch...“ In dieser Fassung erscheint V. 8 wie ein Einschub, in dem der Vater spricht. Die Identität mit dem Sohn Gottes wird dadurch verwischt, daß die Wiederholung der Selbstbezeichnung ausgelassen wird, wenn in V. 11 erkennbar der Sohn Gottes spricht!

 

In Lk 24,52 ließ NA 25 einzig auf das „Zeugnis“ einer einzigen Handschrift hin (Codex D) die Aussage aus: „und sie beteten ihn an“. Diese wahrhaft erschreckende Weglassung, die das göttliche Wesen des Herrn antastet, wurde immerhin von Lu 56 übernommen; Me setzt die Worte in Klammern, in ÖkEinh gibt es eine textkritische Fußnote.

 

In Joh 7,8 ersetzt NA das „ich gehe noch nicht zu diesem Fest hinauf“ durch „Ich gehe nicht zu diesem Fest hinauf“, was entweder den Herrn Seiner Allwissenheit beraubt oder Ihn zum Lügner macht. Dem folgen Lu84, Zü, Elb, revElb, Elb-CSV, Me u.a.

 

In 1Kor 12,3 schmuggeln die alexandrinischen Schreiber eine unsägliche Verderbnis in die Heilige Schrift hinein, eine Veränderung von wahrhaft diabolischer Raffinesse, die die Leser textkritischer Bibeln dazu zwingt, beim lauten Lesen ungewollt einen in wörtlicher Rede zitierten Fluch über ihren Herrn auszusprechen. Die vom Heiligen Geist inspirierte Urfassung dagegen schreibt in der indirekten Rede (und so haben es fast alle HSS): „daß niemand, der im Geist Gottes redet, Jesus verflucht nennt“. Warum muß es diese Fassung sein, die echt und vom Geist inspiriert ist? Die Aussage des Verses selbst gibt uns die Antwort, zusammen mit Joh 16,14! Diese Lästerung brachten die Textkritiker in die modernen Bibeln aufgrund der alexandrinischen „Zeugen“ Sinaiticus und Vaticanus, 2 weiterer Majuskeln und 7 Minuskeln. Auf der Gegenseite befinden sich außer den hunderten von MT-HSS u.a. P46 (um 200) und D (5. Jh.). Leider wurde diese Perversion von vielen modernen Bibeln übernommen, nämlich von Zü, Elb, revElb, Elb-CSV, Me, ÖkEinh, GN, HFA, während die Luther-Revisionen beim TR bleiben.

 

 

b) Das Zeugnis von der Fleischwerdung des Sohnes Gottes

 

1Kor 15,47 lautet im TR: „der zweite Mensch ist der Herr vom Himmel“. NA läßt den göttlichen Titel „der Herr“ aus – daß Gott Mensch werden konnte, war für die Gnostiker unerträglich (ausgelassen von Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, ÖkEinh, GN u. v. a.).

 

Lk 22,43-44: Die beiden Verse über den Engel, der den Herrn Jesus in Gethsemane stärkte und über Seinen blutigen Schweiß werden von NA als späterer Einschub bezeichnet und damit als unecht erklärt. Auch hier sind die alexandrinischen Hauptzeugen P75, Sinaiticus und Vaticanus federführend, daneben 5 Majuskeln und 2 Minuskeln –  gegen die überwältigende Mehrheit aller Textzeugen (darunter 5 Majuskeln)! Dieses bewegende Zeugnis von dem Menschsein Jesu Christi paßte offensichtlich nicht zu den gnostischen Irrlehren. Me hat hier eine textkritische Fußnote, ebenso Lu 72, ÖkEinh und GN.

 

Apg 2,30 heißt im TR: „...daß Gott ihm mit einem Eid verheißen hatte, daß er aus der Frucht seiner Lenden, dem Fleisch nach, den Christus erwecken werde, damit er auf seinem Thron sitze...“ NA streicht diesen wichtigen Hinweis auf die Fleischwerdung des Christus, der der Gnosis u. a. Irrlehren widerspricht, auf das Zeugnis von Sinaiticus, Vaticanus und 4 weiteren HSS hin! (Vgl. auch 1Joh 4,3 unter Punkt 4.)

 

 

c) Das Zeugnis von der Herrlichkeit und Größe Jesu Christi

 

Eph 3,9 lautet im TR: „...der alles erschaffen hat durch Jesus Christus“; NA läßt „durch Jesus Christus“ weg (ebenso Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, ÖkEinh, GN u. v. a.).

 

Phil 4,13 lautet im TR: „Ich vermag alles in dem, der mich stark macht, Christus.“ NA läßt „Christus“ weg. Unter seinen Zeugen sind Sinaiticus, Vaticanus, D und der Gnostiker Clemens von Alexandrien. (Weggelassen u. a. von Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, Me, ÖkEinh, GN.)

 

Gal 3,17 streicht NA „ein von Gott auf Christus hin zuvor bestätigtes Testament...“. In Gal 6,15 wird gestrichen: „Denn in Christus Jesus gilt weder Beschnittensein...“ Gal 4,7 lautet im TR: „wenn aber Sohn, dann auch Erbe Gottes durch Christus“ (vgl. Röm 8,17); NA macht daraus: „dann auch Erbe durch Gott“ und verdunkelt damit, daß wir nur durch Christus Erben sind (Zeugen u.a.: Sinaiticus, Vaticanus und 2 weitere Majuskeln, der Gnostiker Clemens von Alexandrien). Dem folgen u.a. Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, Me, EÜ, GN.

 

In Röm 14,10 ändert NA den „Richterstuhl des Christus“ in „Richterstuhl Gottes“ und nimmt damit dem Herrn Jesus Christus die Ehre, der Richter zu sein (vgl. 2Kor 5,10). Diese willkürliche Änderung steht in ausdrücklichem und entlarvendem Widerspruch zu der Aussage in Joh 5,22-23: „Denn der Vater richtet niemand, sondern alles Gericht hat er dem Sohn übergeben, damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren“. Diese Änderung macht NA aufgrund von sieben Majuskeln gegen die überwältigende Mehrheit aller HSS! Dem folgen u.a. Lu 84, Zü, Me, Elb, revElb, Elb-CSV, ÖkEinh, HFA.

 

An sehr vielen Stellen läßt NA bei der Bezeichnung des Herrn Jesus Christus „Herr“ oder „Christus“ weg, wo der TR sie hat (z. B. Mt 13,51; Mk 9,24; Lk 4,41; 23,42; Joh 4,42). In den Evangelien wird häufig selbst der Name „Jesus“ gestrichen (z. B. Mt 8,29; 13,51; Lk 10,41; Joh 4,46), so daß nur ein „er“ bleibt. Teils wird damit der göttliche Titel „Herr“ dem Herrn Jesus Christus entzogen (vgl. 1Kor 12,2), teils spiegelt sich darin wohl die gnostische Trennung zwischen dem Menschen Jesus und dem Engelwesen „Christus“, das sich angeblich nur zeitweise mit „Jesus“ vereinigte (vgl. ähnliche Lehren unter New-Age-Anhängern heute). Wir dürfen uns auch an 1Kor 12,3 erinnern, woraus deutlich wird, welcher Geist sich weigert, Jesus Christus als Herrn zu ehren.

 

 

d) Das Zeugnis von der leiblichen Auferstehung und Himmelfahrt

des Herrn Jesus Christus

 

Der nt. Bericht über die leibliche Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn Jesus Christus ist eine Zielscheibe häretischer Veränderungen gewesen. Dies zum einen, weil es ein zentraler Angelpunkt des Evangeliums ist (vgl. 1Kor 15!), zum anderen, weil sie nicht zu den Irrlehren eines „Geistchristus“ paßten, der bestenfalls einen Scheinleib angenommen hatte und nie sterben konnte. Die Himmelfahrt war u. U. auch für Arianer nicht akzeptabel.

 

Mit der textkritischen Abwertung der Verse von Mk 16,9-20 als „späterer Zusatz“ (und damit unecht) soll ein überaus wichtiges Zeugnis über den auferstandenen Herrn und seine Lehren aus der Heiligen Schrift getilgt werden. Davon sind auch andere wichtige biblische Lehren betroffen: u.a. der Auftrag zur Evangeliumsverkündigung (V. 15), die Rettung durch den Glauben und die Verdammnis aufgrund von Unglauben (V. 16); die Lehre von den apostolischen Zeichengaben (V. 17-18.20); die Himmelfahrt und herrliche Stellung des Herrn zur Rechten Gottes (V. 19). Diese wohl dreisteste und schwerwiegendste Verfälschung der Bibel durch die moderne Textkritik erfolgt auf das „wissenschaftlich fundierte“ Zeugnis dreier von 5.400 Handschriften (Sinaiticus, Vaticanus und eine Minuskel). Dazu kommt das Zeugnis der Kirchenväter Clemens von Alexandrien (Gnostiker), Origenes (Gnostiker und Clemens-Schüler) und Eusebius (Origenes-Verehrer). Unter den Gegenzeugen finden sich nicht nur die große Zahl der byzantinischen HSS, sondern immerhin 5 alte Majuskeln sowie Irenäus (2. Jh.) und Tertullian (3. Jh.) unter den „Kirchenvätern“. Die Auswirkungen auf die modernen Bibeln: Elb setzt in Klammern, Zü, Lu 84, revElb, GN, ÖkEinh stellen dieses inspirierte Gotteswort durch eine textkritische Fußnote in Frage.

 

Das inspirierte Zeugnis der Auferstehung unseres Herrn in Lukas 24 war ebenfalls Zielscheibe häretischer Veränderungen. Die Aussage Lk 24,6: „Er ist nicht hier; er ist auferstanden“ wurde allein aufgrund seiner Auslassung in Codex D in NA 25 als später Zusatz in Klammern gesetzt! Alle anderen HSS, einschließlich Sinaiticus und Vaticanus, haben diesen Satz! Heute noch hat ÖkEinh hier eine textkritische Fußnote.

 

Lk 24,12 wird ein wichtiger Bericht von der Augenzeugenschaft des Petrus als vermutlich unecht bezeichnet: „Petrus aber stand auf und lief zum Grab, bückte sich und sah nur die leinernen Tücher daliegen; und er ging nach Hause, voll Staunen über das, was geschehen war.“ Dieser Vers steht in allen Textzeugen bis auf Codex D, dennoch ist er in NA 25 und Zü ausgelassen und in mehreren Bibeln als möglicherweise unecht bezeichnet: Me und Lu 56 haben Klammern, ÖkEinh, revElb textkritische Fußnote.

 

In Lk 24,36 läßt allein Codex D weg: „und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch!“ Das veranlaßte NA 25 dazu, diese kostbaren Worte als unecht aus dem Text auszuscheiden. Zü läßt sie ebenfalls aus; Me und Lu 56 haben Klammern; ÖkEinh, revElb haben textkritische Fußnote (die 1. Aufl. der revElb führt hier (wie auch V. 12) die Bibelleser in die Irre, indem sie behauptet: „In einigen [!!] Handschr. fehlt dieser Nachsatz“. Ähnlich ÖkEinh).

 

In Lk 24,40 geschieht genau dasselbe mit der Aussage: „Und indem er das sagte, zeigte er ihnen die Hände und die Füße“ – das war für die gnostischen Anhänger eines „Geistchristus“ ohne menschlichen Leib unannehmbar. Auch hier läßt Zü aus, Me und Lu 56 setzen in Klammern, revElb und ÖkEinh haben eine textkritische Fußnote auf das alleinstehende Zeugnis von D und NA 25 hin.

 

In Lk 24,51 läßt Codex D, dieses Mal zusammen mit Sinaiticus, aus: „und wurde aufgehoben in den Himmel“. Auch diesen wesentlichen, von allen anderen Textzeugen überlieferten Bericht läßt NA 25 aus, Me und Lu 56 haben Klammern, ÖkEinh hat Fußnote. In V. 52 läßt D und mit ihm NA 25 aus: „und sie warfen sich anbetend vor ihm nieder“ Dieser Satz wird von Lu 56 einfach weggelassen!

 

Auch wenn NA 26 diese haarsträubenden, willkürlichen Auslassungen stillschweigend wieder zurückgenommen hat, sollte uns diese Verfälschung von Lk 24 die Augen öffnen für den wahren Charakter der von manchen Gläubigen unkritisch verehrten „Textkritik“. Sie bewirkt letzten Endes, daß aufgrund einiger alter häretisch verfälschter und verstümmelter Handschriften das Zeugnis der Schrift von dem Herrn Jesus Christus verdunkelt und in Frage gestellt wird.

 

Durch die Weglassung von Mk 16,19 und die Streichung des Versteils in Lk 24,51 tilgt der so hoch geschätzte Codex Sinaiticus zwei wesentliche direkte Zeugnisse von der Himmelfahrt unseres Herrn aus dem NT. Das dritte direkte Zeugnis steht in Apg 1,9-11. Hier finden wir wieder den bösartigen Eingriff von Codex D, der – zufällig? –  aus Apg 1,11 wegläßt: „Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen worden ist...“ Wenn man morgen einige alte gnostische Papyri entdecken sollte, die wie Sinaiticus bzw. Codex D alle diese Stellen weglassen, dann könnte es sein, daß eines Tages in modernen, „wissenschaftlich fundierten“ Bibeln kein einziger direkter Bericht von der leiblichen Himmelfahrt des Herrn Jesus Christus zu finden ist! Ein weiteres vorausweisendes Zeugnis wird von der Textkritik gelöscht, nämlich Joh 16,16: „Noch eine kurze Zeit, und ihr werdet mich nicht sehen, und wiederum eine kurze Zeit, und ihr werdet mich sehen; denn ich gehe zum Vater.“

 

 

2. Aussagen, die das Zeugnis von der Erlösung und Errettung

durch den Glauben an Jesus Christus schwächen

 

Mt 18,11 gibt der TR die wichtige Aussage wieder: „Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, um das Verlorene zu retten.“ NA läßt diesen Satz weg (auf das Zeugnis von Sinaiticus, Vaticanus und 2 andere Majuskeln, wenigen Minuskeln und Origenes). (Weggelassen u. a. von Lu 84, Me, ÖkEinh, GN.) Dasselbe geschieht mit der Aussage in Lk 9,56: „Denn der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um die Seelen der Menschen zu verderben, sondern zu erretten!“ – auch dies wieder auf das Zeugnis nur einiger weniger ägyptischer HSS, darunter wieder Sinaiticus und Vaticanus. Hier folgen u.a. Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, Me dem NA.

 

Kol 1,14 streicht NA aus der TR-Fassung „in dem wir die Erlösung haben durch sein Blut“ das wesentliche „durch sein Blut“. (Weggelassen u. a. von Elb, revElb, Elb-CSV, Me, Lu 84, Ök-Einh, GN.)

 

Joh 6,47 läßt NA das entscheidende „an mich“ in der Aussage „Wer an mich glaubt, der hat ewiges Leben“ weg. (Weggelassen u. a. durch RevElb, Lu 84, ÖkEinh; Elb-CSV hat es in Klammern). Dasselbe geschieht in Mk 9,42: „Wer aber einem dieser Kleinen, die an mich glauben, Anstoß zur Sünde gibt...“ NA setzt „an mich“ in Klammern als möglicherweise unecht (auf das Zeugnis von Sinaiticus und einer weiteren Majuskel hin). Biblischer Glaube an Jesus Christus wird hier durch ein unpersönliches allgemeines „Glauben“ ersetzt, wie es auch die falschen Religionen akzeptieren können. Diese Streichung wird von Zü übernommen; Elb, Me haben Klammern, ÖkEinh Fußnote. RevElb läßt die Worte in der ersten und zweiten Auflage aus, in späteren Auflagen sind sie wieder im Text.

 

In Mk 10,24 wird eine wichtige Aussage über die Errettung durch eine Auslassung der alexandrinischen Texte schwerwiegend verändert. Im Textus Receptus lautet dieser Vers: „Kinder, wie schwer ist es für die, welche ihr vertrauen auf Reichtum setzen, in das Reich Gottes hineinzukommen!“. NA läßt auf das Zeugnis von Sinaiticus, Vaticanus und zwei weiteren Unzialen (!) gegen alle anderen HSS die markierten Worte weg. Das ergibt die Aussage: „Wie schwer ist es, in das Reich Gottes hineinzukommen“, die der biblischen Lehre von der Errettung allein durch einfachen Glauben entgegensteht und ganz im Sinn der Gnosis und katholischen Werkgerechtigkeit große Anstrengungen und Mühen als Vorausstzung für den Eingang ins Reich Gottes andeutet. So steht es auch in den textkritischen Bibeln, u.a. Lu 84, revElb; ÖkEinh, GN. Me und Elb-CSV haben Klammern.

 

Röm 5,1 wird die zentrale Aussage: „Da wir nun aus Glauben gerechtfertigt worden sind, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus“ von einigen häretischen HSS so verfälscht: „so laßt uns Frieden haben mit Gott“. Damit wird die biblische Lehre, daß der Friede mit Gott eine Frucht des Glaubens ist, umgefälscht, als ob der Gläubige ihn erst suchen und erringen müßte! Diese schwerwiegende Fälschung wird u.a. von Sinaiticus, Vaticanus ... und dem Irrlehrer Marcion „bezeugt“. Diese „Lesart“ wurde nicht in die modernen Bibeln übernommen, zeigt aber die Tendenz der textkritischen Kronzeugen.

 

Röm 5,2: „durch den wir im Glauben auch Zugang erlangt haben zu der Gnade...“ bezeichnet NA „im Glauben“ als möglicherweise unecht. Nur wenige Übersetzungen folgen dieser „wissenschaftlich abgesicherten“ Bewertung: HFA und die katholische ÖkEinh.

 

Zweimal tilgt NA die für die biblische Lehre von der Erlösung so wichtige Aussage, daß Jesus Christus für uns seinen Sühnetod erlitt: 1Kor 5,7: „Denn unser Passahlamm, Christus, ist ja für uns geschlachtet worden“ (unter den wenigen Textzeugen: Sinaiticus, Vaticanus, der Gnostiker Clemens von Alexandrien); hier folgen u.a. Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, Zü, GN, HFA, Ök-Einh. 1Petr 4,1: „Da nun Christus für uns im Fleisch gelitten hat...“ (Zeugen: P52, Vaticanus, vier weitere HSS gegen alle übrigen Textzeugen!!); hier folgen dieselben Bibeln mit Ausnahme von HFA, Elb und Elb-CSV, die Klammern haben.

 

 

3. Veränderungen, die Aussagen über das biblische Glaubensleben

beeinträchtigen

 

Mk 2,17 hat TR: „Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder zur Buße.“ NA streicht hier „zur Buße“ (so auch Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, ÖkEinh, GN, HFA). Dasselbe geschieht in Mt 9,13, so daß von drei parallelen Zeugnissen dieses Wortes zwei nicht mehr mit Lk 5,32 übereinstimmen – eine Verkürzung des biblischen Evangeliums, die dem heutigen Zeitgeist sehr entgegenkommt.

 

In Mk 10,21 tilgt NA die wichtige Aufforderung des Herrn an einen Reichen: „und komm, nimm das Kreuz auf dich und folge mir nach!“ (Zeugen: Sinaiticus, Vaticanus, 8 weitere HSS und der Gnostiker Clemens von Alexandrien). Diese heute allzu aktuelle Verfälschung biblischen Glaubenslebens findet sich wieder in Lu 84, Zü, Me, revElb, Elb-CSV, ÖkEinh, GN, HFA; Elb hat Klammern.

 

Mt 6,1 lautet im TR: „Habt acht, daß ihr eure Almosen nicht vor den Leuten gebt...“, was völlig mit dem Gesamtzusammenhang übereinstimmt (vgl. V. 2). Daraus machen Sinaiticus, Vaticanus, D und einige andere HSS mit Origenes „Gerechtigkeit“. Diese Änderung ist nicht nur im Zusammenhang unsinnig; sie widerspricht auch im Grunde anderen Schriftaussagen wie z.B. Mt 5,14-16 oder 1Pt 2,11.

 

Hebr 10,34 lautet im TR: „...weil ihr in euch selbst wißt, daß ihr ein besseres und bleibendes Gut in den Himmeln besitzt“. Hier streicht NA aufgrund von Sinaiticus, Codex D, 5 HSS und Clemens von Alexandrien „in den Himmeln“ – eine schwerwiegende Beeinträchtigung dieser geistlichen Aussage! Ihm folgen u.a. Lu 84, Zü, Elb, revElb, Elb-CSV, Me, ÖkEinh, GN, HFA.

 

In 1Joh 4,19 findet sich ein schwerwiegender Eingriff der alexandrinischen Schreiber. Wo der TR sagt: „Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt hat“, machen die modernen Bibeln daraus: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“. Die „wissenschaftliche Grundlage“ für diese Auslassung: Vaticanus, Alexandrinus und 4 Minuskeln! Wer mag daran interessiert sein, uns zu verschweigen, wen wir zuallererst lieben sollen aufgrund Seiner Liebe zu uns? Aber auch dieser Eingriff wird von den textkritischen Bibeln getreulich nachvollzogen; er findet sich bei Lu 84, Zü, Elb, revElb, Elb-CSV, Me, ÖkEinh, GN, HFA.

 

Die alexandrinischen HSS sind auch verantwortlich für eine schwerwiegende Verfälschung des Gebetes des Herrn (des sog. „Vaterunsers“) in Mt 6,9-13 bzw. in Lk 11,2-4. Diese vorbildhaften Gebete, die zu zwei unterschiedlichen Anlässen gegeben wurden, sind dennoch offenkundig gleichartig. In Mt 6,13 läßt NA aufgrund verschwindend weniger Textzeugen – darunter Sinaiticus, Vaticanus und D – den berühmten Lobpreis aus: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen“ – eine Verfälschung, die angesichts der überwältigenden Bezeugung dieses Textes durch nichts zu rechtfertigen ist.

 

In Lk 11,2-4 geht die Verfälschung aber noch weiter. Der TR hat hier: „2 Unser Vater, der du bist im Himmel, geheiligt werde dein Name! Dein Reich komme! Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden. 3 Gib uns täglich unser nötiges Brot! 4 Und vergib uns unsere Sünden, denn auch wir vergeben jedem, der uns etwas schuldig ist! Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen!“ Daraus machen NA und die gnostisch-häretischen HSS folgendes: „Vater, dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen. Und erlaß uns unsere Sünden; denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist. Und führe uns nicht in Versuchung.“ (ÖkEinh). Diese im wesentlichen auf Marcions Verfälschung des Lukasevangeliums zurückgehenden Änderungen sind ein Skandal und zeigen die Parteilichkeit der Textkritik für die gnostischen Irrlehren. Der Anfang von V. 2 wurde verkürzt aufgrund von ganzen 5 HSS (darunter P75, Sinaiticus, Vaticanus) sowie dem Gnostiker Origenes und dem Irrlehrer Marcion! Der TR ist hier bezeugt nicht nur durch die Mehrheitstext-HSS, sondern u.a. durch 6 alte Majuskeln.

 

In 1Kor 11,24 heißt es im TR: „Nehmt, eßt! Das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird, dies tut zu meinem Gedächtnis!“ Daraus macht NA: „Das ist mein Leib für euch ...“ Die Weglassung der Aufforderung des Herrn (vgl. Mt 26,26) sowie der wichtigen Tatsache, daß der Leib des Herrn für uns gebrochen wurde, erfolgt auf das Zeugnis weniger HSS hin (bei „gebrochen“ nennt NA 8, darunter P46, Sinaiticus, Vaticanus). In der TR-Fassung wird deutlich, daß das Mahl des Herrn ein Gedächtnismahl ist und das Brot sinnbildlich für den real am Kreuz gebrochenen Leib des Herrn steht. In der alexandrinischen Fassung dagegen wird der katholische Sakramentenmystizismus gestützt. Ihr folgen Elb, revElb, Elb-CSV, Zü, Lu 84, GN, HFA, Ök-Einh; Me hat Klammern.

 

In 1Kor 11,29 bringen die gnostisch-häretischen HSS eine Verfälschung und Mißdeutung der Aussage hinein. Wo TR hat: „denn wer unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich selbst ein Gericht, weil er den Leib des Herrn nicht unterscheidet“, läßt NA „unwürdig“ und „des Herrn“ aus und macht daraus eine dunkel-mystische Aussage, die eigentlich übersetzt werden müßte: „denn wer ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich selbst ein Gericht, weil er den Leib nicht unterscheidet“. Diese Verfälschung geschieht wieder auf das Zeugnis nur weniger ägyptischer HSS hin, darunter Sinaiticus und Vaticanus. Die Übersetzungen behelfen sich mit freien Konstruktionen, um die Sinnwidrigkeit des ihnen zugemuteten Textes abzumildern.

 

Eph 5,30 sagt laut TR von der Gemeinde: „Denn wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und seinem Gebein“. Diese wichtige letzte Aussage (die die in den folgenden Versen gezogene Parallele zu Adam/Eva unterstreicht und unzweifelhaft ursprünglich ist), wird von NA getilgt – auf das Zeugnis von Sinaiticus, Vaticanus und 9 weiterer HSS hin! (Weggelassen u. a. durch RevElb, Lu 84, Me, ÖkEinh, GN. Elb und Elb-CSV haben Klammern.)

 

In 2Kor 5,17 lautet die überlieferte Fassung des Textus Receptus so: „Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden!“ Diese geistlich so wichtige Aussage wird von der Mehrheit der HSS unterstützt, während NA die Lesart der alexandrinischen HSS hat: „siehe, Neues ist geworden.“ So liest es auch der Gnostiker Clemens von Alexandria, und so steht es auch in den textkritischen Bibeln (u.a. revElb, Elb-CSV, Lu 84, Me.)

 

An verschiedenen Stellen lassen die alexandrinischen Texte und mit ihnen NA das Fasten im Zusammenhang mit Gebet aus, was kaum ein Zufall sein kann: Mt 17,21: „Aber diese Art fährt nicht aus außer durch Gebet und Fasten“ – NA streicht den Vers komplett; Mk 9,29: „Diese Art kann durch nichts ausfahren außer durch Gebet und Fasten“ – hier streicht NA „und Fasten“; 1Kor 7,5/TR: „damit ihr euch dem Fasten und Gebet widmen könnt“; NA streicht „Fasten“. Dasselbe geschieht in Apg 10,30. Im Endergebnis haben die modernen Bibeln keinerlei ermunternden Hinweis darauf, daß Fasten in Verbindung mit Gebet (nicht als religiöse Pflichtübung) für nt. Gläubige empfohlen wird!

 

Lk 9,55-56 läßt NA aus: und sprach: Wißt ihr nicht, wes Geistes [Kinder] ihr seid? Denn der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um die Seelen der Menschen zu verderben, sondern zu erretten! (Weggelassen u. a. von revElb, Elb-CSV, Lu 84, ZÜ, Me, ÖkEinh, GN.) Damit endet diese Begebenheit unverständlich abgerissen. In der Zürcher Bibel wird ein Wort noch im Textzusammenhang völlig falsch übersetzt, sodaß der Schluß dort heißt: „Und er wandte sich um und bedrohte sie“ – unser Herr wird dadurch in ein ganz falsches Licht gerückt.

 

 

4. Wegfall von wichtigen Lehraussagen, die Irrlehren abwehren können

 

1Joh 4,3 gibt laut TR ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal für falschgeistige Irrlehren: „und jeder Geist, der nicht bekennt, daß Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, der ist nicht von Gott.“ In dieser Form paßt der Satz genau zu V. 2 und gibt ein klare Aussage, die sich vor allem gegen die gnostischen Irrlehren wendet. Daraus macht NA: „Und jeder Geist, der Jesus nicht bekennt, ist nicht aus Gott.“ In dieser Form entspricht der Satz nicht V. 2 und ergibt keinerlei Abgrenzung zu Irrlehren, die ja alle irgendeinen „Jesus“ bekennen. Diese schwerwiegende Änderung nimmt NA mit dem „Gewicht“ von ganzen zwei Majuskeln (Vaticanus und Alexandrinus) und wenigen Minuskeln vor – gegen das überwältigende Zeugnis der Mehrheit aller Handschriften, darunter sogar Sinaiticus (!) und eine weitere Majuskel. Von den textkritischen Bibeln hat allein Elb den TR bewahrt; revElb, Lu 84, Zü, Me, GN, HFA, ÖkEinh folgen NA; Elb-CSV hat Klammern.

 

In Offb 2,15 streicht NA die Aussage, daß der Herr Jesus Christus Irrlehren und die Annahme von Irrlehren haßt: „So hast du auch solche, die an der Lehre der Nikolaiten festhalten, was ich hasse“ (s. Punkt 6).

 

Gal 3,1 streicht NA eine wichtige Aussage über die Wirkung falscher Lehren: „O ihr unverständigen Galater, wer hat euch verzaubert, daß ihr der Wahrheit nicht gehorcht,...“ (Zeugen: Sinaiticus, Vaticanus, D und 8 HSS); weggelassen von Lu 84, Zü, Me, Elb, revElb, Elb-CSV, Ök-Einh, GN, HFA.

 

In der berühmten und bedeutungsvollen Aussage von Röm 1,16 streicht NA: „Denn ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht“ (unter den wenigen Zeugen Sinaiticus, Vaticanus, D). Angesichts der in der Schrift bezeugten Tatsache, daß es auch ein anderes Evangelium geben kann (vgl. Gal 1,6-9; 2Kor 11,4!), ist diese Kürzung eine Entwaffnung gegenüber Irrlehren. Sie wird übernommen von Lu 84, Zü, Elb, revElb, Elb-CSV, Me, ÖkEinh, GN. Bezeichnenderweise lassen Sinaiticus, Vaticanus und D auch in 1Kor 9,18von Christus“ weg und trennen so das Evangelium von seinem Mittelpunkt. Zufall?

 

1Tim 6,5 beendet Paulus im TR seine Ausführungen über Irrlehrer mit dem beherzigenswerten Ratschlag: „von solchen halte dich fern!“ Dieses Gebot des Herrn wird im NA weggelassen – angesichts der häretischen Einflüsse auf die ägyptischen Textzeugen gewiß kein Zufall! Gerade diese alten Majuskeln lassen den Satz weg, ebenso einige wenige Minuskeln – gegen das Zeugnis von hunderten von Handschriften (Fehlt u. a. bei Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, Me, Ök-Einh, GN.)

 

 

5. Änderungen, die die Irrlehre von der Rettung aller Menschen

und Vaterschaft Gottes über allen (Welteinheitsreligion) fördern

 

Mk 3,29 sagt TR: „wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, der hat in Ewigkeit keine Vergebung, sondern er ist einem ewigen Gericht verfallen.“ NA ändert um in „sondern ist ewiger Sünde schuldig“ – eine weniger eindeutige Aussage, die der Allversöhnung eine Hintertür offenhält. (Zeugen: Sinaiticus, Vaticanus, 7 weitere HSS.) Dem folgen u. a. Elb, revElb, Elb-CSV, Zü, Lu 84, Me, GN, ÖkEinh, HFA.

 

Mk 9,44 u. 46 streicht NA zwei ganze Verse aus der Bibel, die den Ernst der ewigen Verdammnis betonen: „und du in die Hölle fährst, in das unauslöschliche Feuer, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.“ Diese Verse sind wichtig, weil sie zeigen, was Gott unter ewigem Gericht meint: eines, das nicht aufhört. Wenn von den drei gleichlautenden Aussagen in dem Abschnitt nur noch eine übrigbleibt, so ist das eine ernsthafte Beeinträchtigung der Schrift, die oftmals nach dem Grundsatz der „zwei oder drei Zeugen“ verfährt.

 

2Petr 2,17 sagt TR „...und ihnen ist das Dunkel der Finsternis aufbehalten in Ewigkeit.“ Hier streicht NA „in Ewigkeit“ und umgeht ein weiteres biblisches Zeugnis für die ewige Strafe der Sünder. (Zeugen: P72, Sinaiticus, Vaticanus, 3 weitere HSS) Weggelassen von revElb, Lu 84, ÖkEinh, HFA u. a.; Elb und Elb-CSV setzen in Klammern.

 

In 1Joh 3,5 lautet der TR: „Und ihr wißt, daß Er erschienen ist, um unsere Sünden wegzunehmen“. NA streicht „unsere“ und macht daraus: „um die Sünden wegzunehmen“ – auf das Zeugnis von ganzen drei Majuskeln (darunter B) und wenigen Minuskeln hin! Diese Veränderung stützt die falsche Lehre, daß Christus alle Sünder retten würde und nicht nur die an Ihn Gläubigen. In Hebr 1,3: „Er hat sich, nachdem er die Reinigung von unseren Sünden durch sich selbst vollbracht hat, zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt“ wird von NA ebenfalls „unsere“ ausgelassen. Zufall?

 

In Kol 3,6 läßt NA aus: „Um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Söhne des Ungehorsams“ – damit ist diese Aussage über das Gericht gegen die Sünder unbestimmter und läßt sich leichter mißdeuten.

 

Offb 21,24 lautet im TR: „Und die Heiden, die gerettet werden, werden in ihrem Licht wandeln“. NA läßt diese Einschränkung weg und unterstellt so, daß alle Heidenvölker gerettet würden. Das ist völlig gegen die Lehre der Bibel, aber ganz im Sinne des heutigen Ökumenismus und der Welteinheitsreligion.

 

Eph 3,14 macht NA aus dem „Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus“ einfach „vor dem Vater“ und stellt so eine Aussage her, der jeder Hindu oder New-Age-Anhänger ebenso zustimmen könnte (Zeugen: Sinaiticus, Vaticanus, 10 weitere HSS gegen die übergroße Mehrheit). Diese Veränderung finden wir u. a. in revElb, Me, Lu 84, Ök-Einh, GN, HFA; Elb und Elb-CSV setzen Klammern. Schwerer noch wiegt die alexandrinische Verfälschung in Eph 4,6, wo NA wegläßt: „ein Gott und Vater aller, über allen und durch alle und in euch allen“. (Zeugen u.a.: P46, Sinaiticus, Vaticanus). Dieses heidnisch-philosophische „in allen“ wurde übernommen von Lu 84, Zü, Me, revElb, GN, ÖkEinh.

 

Offb 22,21, der letzte Satz des NT, lautet im TR: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch allen! Amen.“ Daraus macht NA: „Die Gnade des Herrn Jesus sei mit allen!“ (Dem folgen u. a. revElb, Lu 84, ÖkEinh.) Damit wird die biblische Lehre verwässert zu einer allumfassenden, verfälschten „Gnade“, wie sie die modernen Anhänger der Ökumene und Welteinheitsreligion predigen.

 

 


 

6. Veränderungen, die die Lehre und Praxis der katholischen Kirche unterstützen

 

Mt 1,25 hat TR „bis sie ihren erstgeborenen Sohn geboren hatte“ NA läßt „erstgeborenen“ aus und stützt somit die katholische Behauptung von der immerwährenden Jungfräulichkeit Marias. (Weggelassen u. a. von Lu 84, Me, ÖkEinh, GN, HFA; Elb-CSV setzt Klammern.)

 

Das wichtige Zeugnis von der christlichen Taufe in Apg 8,37 (s. Punkt 1) fehlt in vielen Bibelausgaben und ist bestenfalls noch in Fn. zu finden. Die Auslassung dieser Worte, die die Taufe vom Glauben des zu Taufenden abhängig machen, stärkt die katholische Sakramentenlehre von der Kindertaufe. (Weggelassen u. a. von Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, Me, GN, ÖkEinh.)

 

Joh 12,47 lautet im TR: „Und wenn jemand meine Worte hört und nicht glaubt, so richte ich ihn nicht...“ Daraus macht NA: „..und nicht bewahrt (= befolgt)“. Damit wird die Rettung vor dem Gericht nicht mehr vom Glauben, sondern von Werken abhängig gemacht – ganz im Sinne der Irrlehre der katholischen Kirche. Dabei zeigt der ganze Textzusammenhang von V. 36 ab und besonders von V. 44 ab, daß es um den rettenden Glauben geht!

 

Röm 11,6 lautet im TR: „Wenn aber aus Gnade, so ist es nicht mehr um der Werke willen, sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade; wenn aber um der Werke willen, so ist es nicht mehr Gnade, sonst ist das Werk nicht mehr Werk.“ NA läßt diese deutliche Bloßstellung der Werkgerechtigkeit weg.

 

In 1Pt 2,2 fügt NA etwas zum überlieferten Text hinzu. Im TR heißt es: „und seid als neugeborene Kinder begierig nach der unverfälschten Milch des Wortes, damit ihr durch sie heranwachst“. NA fügt hinzu „zum Heil / zur Errettung“ und verfälscht damit die ganze Aussage im Sinn katholischer Lehren. Die Rettung ist nicht das Ergebnis von Wachstum, sondern von Glauben an Jesus Christus. Hier sind Kinder Gottes angesprochen, und diese können nicht „zum Heil hin“ wachsen, sondern nur im Glauben, wie das der TR richtig zum Ausdruck bringt. Neben den bekannten Kronzeugen Sinaiticus und Vaticanus nennt NA hier u.a. auch den Gnostiker Clemens von Alexandria. Diese Verfälschung steht u. a. in Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, ÖkEinh, Me.

 

In Offb 2,15 lautet der TR: „So hast du auch solche, die an der Lehre der Nikolaiten festhalten, was ich hasse“. NA läßt diese gewichtigen Worte aus und liest: „die gleicherweise an der Lehre...“ „Nikolaiten“ kommt von Nikolaos (= Bezwinger des Volkes) und ist nach vielen Auslegern ein Hinweis auf die Herrschaft des „eingeweihten, erleuchteten“ Klerus über das Kirchenvolk in der aufkommenden katholischen Kirche. Die textkritischen Bibeln wie Lu 84, Zü, Me, Elb, revElb, Elb-CSV, ÖkEinh, GN, HFA folgen hier NA.

 

 

7. Änderungen, die die Zuverlässigkeit der Heiligen Schrift in Frage stellen

 

Mt 1,7-10 fügt NA in den Stammbaum des Herrn Jesus zwei veränderte Namen ein, die keinerlei Sinn ergeben und dem Zeugnis der at. Stammbäume widersprechen: NA macht aus AsaAsaph“ und aus AmonAmos“, während der TR mit dem at. Schriftzeugnis übereinstimmt.

 

Mt 27,34 lautet im TR: „... gaben sie ihm Essig mit Galle vermischt zu trinken.“ NA macht daraus „Wein“. In dieser verfälschten Fassung widerspricht die Aussage dem Wort des Herrn in Mt 26,29: „Ich werde von jetzt an von dem Gewächs des Weinstockes nicht mehr trinken bis zu jenem Tag, da ich es neu mit euch trinken werde im Reich meines Vaters“ und auch der Prophetie in Ps 69,21. Welche „Lesart“ ist nun echt – die „dunklere“ oder die, die mit dem Gesamtzeugnis der Schrift übereinstimmt und von der großen Mehrheit der Handschriften bezeugt wird? Diese Verfälschung findet sich bei Lu 84, Zü, Me, revElb, Elb-CSV, Ök Einh, GN, HFA.

 

Mk 1,2 lautet bei NA „Wie geschrieben steht im Propheten Jesaja“, bei TR „in den Propheten“. Es folgt unmittelbar ein Zitat aus Mal 3,1, danach eines aus Jes 40,3. Diese willkürliche Änderung unterstellt, daß Markus die Schrift nicht kannte und schmuggelt einen Irrtum in das inspirierte Wort – auf das Zeugnis von ganzen 4 Majuskeln (darunter Sinaiticus und Vatikanus) und 4 Minuskeln hin! Wir finden diese Fassung wieder u.a. in Lu 84, Zü, Me, Elb, revElb, Elb-CSV, GN, HFA, ÖkEinh.

 

In Apg 7,30 bezeugt die übergroße Mehrzahl aller HSS, daß es nicht nur „ein Engel“ war, der sich Mose im Busch offenbarte, sondern der Engel des HERRN. Eine kleine Minderheit (NA nennt 7 HSS, darunter P74, Sinaiticus, Vaticanus) behauptet, es wäre irgendein geschaffener Engel gewesen. Welche Lesart ist ursprünglich? 2Mo 3,2 bezeugt ganz klar: „Und der Engel des HERRN erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Busch.“ In V. 4 wird gesagt, daß dieser Engel Gott, der Herr selbst war. Und das sollte der mit den Schriften vertraute Jude Stephanus nicht gewußt haben? Diese willkürliche Weglassung stellt die Inspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift in Frage. Sie wird u.a. übernommen von Elb, rev. Elb, Elb-CSV, Lu 84, Me.

 

In Lk 23,45 ersetzt NA das von der übergroßen Mehrheit aller HSS bezeugte „und die Sonne wurde verfinstert“ durch ein griechisches Wort (eklipontos), das eine astronomische Sonnenfinsternis bezeichnet. Diese Verfälschung, die aus dem göttlichen Wunder ein natürlich erklärbares Ereignis machen soll, stellt die Inspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift in Frage, denn eine Sonnenfinsternis konnte zu jener Zeit nicht eintreten, was selbst Origenes dazu veranlaßte, in dieser Lesart eine Fälschung der Gegner der Schrift zu vermuten (vgl. Burgon, Revision Revised, S. 61-65). Dennoch behaupten die selbstherrlichen Richter über die Schrift, dies sei der Urtext gewesen – auf das Zeugnis von P75, Sinaiticus, Vaticanus und 2 weiteren HSS hin! Diese offenkundige Verfälschung erscheint in den Übersetzungen nicht, die im Endeffekt den TR wiedergeben.

 

Mk 15,28 folgt laut TR nach dem Bericht über die Kreuzigung des Herrn zwischen zwei Räubern das Wort: „Da wurde die Schrift erfüllt, die spricht: ‘Und er ist unter die Übeltäter gerechnet worden.’“ Diese wichtige geistliche Aussage über die Erfüllung einer messianischen Prophetie streicht NA völlig – auf das Zeugnis von 6 Majuskeln hin, gegen die überwältigende Mehrheit aller HSS. (Ihm folgen u. a. revElb, Elb-CSV, Lu 84, Me, ÖkEinh, GN; Elb setzt in Klammern.)

 

Dasselbe wiederholt sich in Mt 27,35, wo NA wegläßt: „Nachdem sie ihn nun gekreuzigt hatten, teilten sie seine Kleider unter sich und warfen das Los, damit erfüllt würde, was durch den Propheten gesagt ist: ‘Sie haben meine Kleider unter sich geteilt, und über mein Gewand haben sie das Los geworfen’. Dieser wichtige Bezug zu Ps 22,19, der gerade im Matthäusevangelium besonders mit den zahlreichen anderen at. Schrifterfüllungen übereinstimmt, fehlt in den textkritischen Bibeln (u.a. Elb, revElb, Elb-CSV, Lu 84, Me). Ebenso fehlt in Mk 13,14 der Bezug auf den Propheten Daniel.

 

 

8. Sonstige geistlich schädliche Veränderungen

 

Den gnostischen MSS aus Ägypten ist eine asketisch-mönchische Tendenz zur Härte und Unbarmherzigkeit eigen, die das Leben und die Weltanschauung dieser Irrlehrer widerspiegelt. Deshalb finden sich einige Veränderungen in ihren HSS, die Abstriche an der Liebe und Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus machen.

 

Die herausragendste solche Verfälschung ist die Auslassung der Begegnung zwischen dem Herrn Jesus Christus und der Ehebrecherin in Joh 7,53 - 8,11. Dieser Text, der die Barmherzigkeit unseres Herrn und Seine Gnade in der Vergebung von Schuld so groß werden läßt, wurde in den gnostisch-alexandrinischen HSS und ihren wenigen Nachfolgern herausgeschnitten (weggelassen von den asketischen Kirchenvätern Origenes und Tertullian sowie P66, P75, Sinaiticus, Vaticanus und 15 weiteren HSS gegen Hunderte von Textzeugen). In der „Kirchenväter“literatur finden sich Vermutungen, daß einige aus dem katholischen Klerus diese Stelle als gefährlich für die Moral der Christen einstuften. Dieser neben der Auslassung von Mk 16,9-20 schwerwiegendste Eingriff in den nt. Text schlug sich auch in den Bibelübersetzungen nieder: Lu 84, Zü, Me, revElb, ÖkEinh, GN bringen Zweifel erweckende Fußnoten an; Elb setzt in Klammern.

 

Eine weitere ernste Verfälschung ist die Streichung der Worte des Herrn in Lk 23,34: „Jesus aber sprach: Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Dieses kostbare Zeugnis der Barmherzigkeit des Herrn Jesus Christus wird von NA als „frühe Einfügung in den Text“ und damit als unecht bezeichnet. Bei diesem „wissenschaftlich gesicherten“ Befund stützen sie sich auf P75, Sinaiticus (1. Korrektor, ursprünglich war es dort enthalten!), Vaticanus, Codex D sowie ganze 4 weitere Textzeugen – gegen das Zeugnis der überwältigenden Mehrheit der HSS, darunter die ursprüngliche Fassung von Sinaiticus! Für die Auslassung ist vermutlich die feindselige Haltung vieler Irrlehrer gegenüber dem Volk Israel verantwortlich. Manche bezogen wohl die Bitte um Vergebung auch auf die Juden, die doch nach Meinung dieser Häretiker auf ewig verdammt und verworfen waren. Diese Aussage getrauen sich die Bibelübersetzungen nicht auszulassen; revElb setzt aber eine textkritische Fußnote, ebenso ÖkEinh und GN.

 

In Lk 4,18 streichen die alexandrinischen HSS die Aussage unseres Herrn aus Jes 61,1: „... er hat mich gesandt, zu heilen, die gebrochenen Herzens sind, Gefangenen Befreiung zu verkündigen...“ Damit ist ein wesentlicher Teil der Evangeliumsbotschaft in diesem Vers zerstört, und den Auslegern bleibt das Problem, weshalb wohl der Herr diese Worte aus dem Buch Jesaja ausgelassen haben sollte – oder vergaß Lukas sie wiederzugeben? Aber in der überwältigenden Mehrheit der HSS sind sie zuverlässig bezeugt – darunter Codex A (5. Jh.) und Irenäus (2. Jh.). Nur die wenigen alexandrinischen „Zeugen“ lassen sie aus: u.a. Sinaiticus, Vaticanus, D sowie Origenes und sein Schüler Eusebius. Diese willkürliche Auslassung wird von fast allen textkritischen Bibeln nachvollzogen: Lu 84, Zü, Me, Elb, revElb, Elb-CSV, ÖkEinh, GN, HFA. Auf derselben Linie liegt die Auslassung von „Sei getrost, meine Tochter,...“ in Lk 8,48 und der Verse in Lk 9, 55-56.

 

In diesen Zusammenhang gehört auch die Veränderung von 1Kor 7,3, wo TR hat: „Der Mann gebe der Frau die Zuneigung, die er ihr schuldig ist, ebenso aber auch die Frau dem Mann“. Daraus machen die alexandrinischen Asketen: „Der Frau leiste der Mann die schuldige Pflicht“ (Zü), und so steht es auch in den textkritischen Bibeln.

 

 


 

Daß kein blinder Zufall, sondern eine objektive (wenn auch vielleicht den Schreibern nicht bewußte) Absicht hinter den Veränderungen der gnostisch-alexandrinischen Handschriften stehen muß, zeigen einige Querschnittsuntersuchungen:

 

Im Johannesevangelium streichen die gnostischen Abschreiber immer wieder ausgerechnet dort, wo der Herr Jesus Christus als der Sohn Gottes Gott als „meinen Vater“ bezeichnet, und machen daraus das unpersönliche, auch mit den gnostischen Irrlehren über Christus vereinbare „der Vater“. Dies geschieht an sage und schreibe 10 Stellen: in Joh 6,65; 8,28; 8,38; 10,29; 10,32; 14,12; 14,28; 15,10; 16,9; 20,17! Wenn wir das zusammennehmen mit Eph 3,14, wo dieselben Handschriften aus „vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus“ nur noch „vor dem Vater“ machen, dann fragt sich, ob dies nur „Zufall“ ist.

 

 

Wenn wir einen Brief nehmen und einige geistlich bedeutsame Veränderungen von NA aufzählen, so ist das ebenfalls sehr aufschlußreich:

 

 

2. Korintherbrief:

4,6: Jesus gestrichen; 4,10: des Herrn gestrichen; 5,18: Jesus gestrichen; 11,31: Christus gestrichen.

 

Galaterbrief:

1,15: Gott als Zusatz in Klammern; 3,1: daß ihr der Wahrheit nicht gehorcht gestrichen; 3,17: auf Christus hin gestrichen; 4,7: durch Christus gestrichen; 5,19: Ehebruch aus der Liste von Werken des Fleisches gestrichen; 6,15: in Christus Jesus gestrichen; 6,17: Herr gestrichen.

 

Kolosserbrief:

1,2: und dem Herrn Jesus Christus gestrichen; 1,14: durch sein Blut gestrichen; 1,28: Jesus gestrichen; 2,11: der Sünde gestrichen; 3,6: Söhne des Ungehorsams gestrichen.

 

 

1. Petrusbrief:

1,22: durch den Geist gestrichen; 1,23: in Ewigkeit gestrichen; 4,1Da nun Christus für uns im Fleisch gelitten hat: für uns gestrichen; 4,14 wird die Aussage über den Heiligen Geist gestrichen: bei ihnen ist er verlästert, bei euch aber verherrlicht; 5,10: Jesus gestrichen; 5,11: Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht: die Herrlichkeit und gestrichen; 5,14: Jesus gestrichen.

 

 

1. Johannesbrief:

1,7: Christi gestrichen; 3,5: um unsere Sünden hinwegzunehmen: unsere gestrichen; 4,3: Jeder Geist, der nicht bekennt, daß Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, der ist nicht aus Gott: halbfette Worte gestrichen; 4,19: Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt hat: ihn gestrichen; 5,7: gestrichen: im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins, und drei sind es, die Zeugnis ablegen auf der Erde; 5,13: gestrichen die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.

 

 

 

Wir haben diese Zusammenstellung von Beispielen bewußt ausführlich gemacht, damit in etwa ein Eindruck vom Ausmaß und von der Tendenz der gnostisch-alexandrinischen Veränderungen in textkritischen Bibeln entsteht. Es gäbe noch eine ganze Reihe weiterer Beispiele zu nennen; insbesondere haben wir bisher zum größten Teil solche Veränderungen berücksichtigt, die in den Nestle-Aland-Text aufgenommen wurden. Wenn die dort nicht aufgenommenen alexandrinischen Lesarten auch noch untersucht würden, dann kämen vermutlich weitere Beispiele geistlich zersetzender Einflüsse heraus (vgl. Röm 5,1 unter Punkt 2).

 

Möge unser Gott und Vater uns durch Seinen Heiligen Geist Unterscheidungsvermögen und Licht geben, damit wir erkennen, bei welchen Textzeugen die Wahrheit liegt!

 

 

 


 

B. Kurze Erklärung einiger Fachausdrücke

 

 

Leider ist es unvermeidlich, daß in dieser Schrift einige Fachausdrücke aus der Handschriftenkunde und andere Gebieten vorkommen, die dem normalen Bibelleser nicht vertraut sind. Deshalb wollen wir versuchen, sie kurz zu erklären.

 

alexandrinische Überlieferung: Eine aus sehr wenigen alten HSS bestehende Überlieferungslinie, die in der ägyptischen Stadt Alexandria ihren Ursprung hat und durch willkürlichen Umgang mit dem Text, durch Kürzungen und häretische Veränderungen des Bibeltextes gekennzeichnet ist. Diese Überlieferung liegt den modernen textkritischen Ausgaben des NT zugrunde.

 

Allversöhnung: Eine Irrlehre, die das ewige Gericht über die Sünder leugnet und behauptet, daß einmal alle Menschen und auch Satan mit seinen Dämonen gerettet werden. Als ihr Begründer gilt Origenes.

 

allegorisch: (von gr. allegoria = das Anderssagen) sinnbildlich. Die allegorische Schriftauslegung von Origenes und anderen leugnete, daß die Aussagen der Bibel einen wörtlich gemeinten wirklichen Sinn hätten und erklärte sie für einen bloß bildhaften Ausdruck ganz anderer Aussagen, die in sie hineingedeutet wurden.

 

Arianismus: Nach dem in Alexandria beheimateten Kleriker Arius benannte Irrlehre, nach der der Logos, d.h. Christus nur ein Geschöpf sei und nicht wesensgleich mit Gott. Diese Irrlehre hatte großen Einfluß in der frühen Kirche, speziell in Ägypten im 4. Jh., woher die alexandrinischen HSS kommen.

 

Askese: (von gr. askesis = Übung, Lebenweise) Aus der griechischen Philosophie und der Leibfeindlichkeit der Gnosis herrührende übertriebene Enthaltsamkeit und Vernachlässigung des Leibes – ein Kennzeichen vieler mystischer Sekten, aber auch der katholisch-mönchischen falschen Frömmigkeit (vgl. Kol 2,23).

 

Bibelkritik: (auch „historisch-kritische Methode“ o.ä. genannt) Die auf literaturwissenschaftlichen Untersuchungen beruhende Zerschneidung biblischer Bücher in angeblich von unterschiedlichen, späteren Autoren stammende Textstücke. Die moderne Theologie ist von solchen Lehren durchsetzt, die die Inspiration und Einheit von Gottes Wort leugnen.

 

byzantinische Überlieferung: (von gr. Byzantion = Byzanz, Name des späteren Konstantinopel) Bezeichnung für die aus Griechenland und Kleinasien stammende Textüberlieferung des griechischen NT (siehe auch Mehrheitstext), die später im oströmischen (byzantinischen) Reich weitergeführt wurde.

 

Christologie: Die Lehre von Christus.

 

Codex: (von lat. caudex = „Baumstamm“, „hölzerne Wachstafel“, „Buch“) Bezeichnung für ein schon im 1. Jh. gebräuchliches Buch, das aus zusammengebundenen Lagen von gefalteten Pergament- oder Papyrusblättern bestand.

 

Demiurg: (von gr. demiourgos) Der böse „Weltbaumeister“ od. „Weltenschöpfer“ in der gnostischen Irrlehre.

 

Dualismus: (von lat. dualis = eine Zweiheit bildend) Heidnische philosophisch-religiöse Lehre von der Existenz zweier gegensätzlicher Grundprinzipien des Seins (in der Gnosis Geist-Materie).

 

Gnosis/Gnostiker: (von gr. gnosis = Erkenntnis, Wissen) Eine heidnische religiöse Strömung, die Selbsterlösung durch „Erkenntnis“ lehrte, in die christlichen Gemeinden eindrang und großen Schaden anrichtete (vgl. 1Tim 6,20). Ihre Anhänger nennt man Gnostiker.

 

Häretisch: (von gr. hairesis = Irrlehre, Sekte) Von falschen, irreführenden Lehren geprägt. Im biblischen Sinn sind „Häretiker“ solche, die den biblischen Glauben verleugnen und verfälschen. Die katholische Kirche brandmarkte später mit diesem Begriff alle, die sich ihren falschen Lehren nicht beugten.

 

Harmonisierung: Nach den Theorien der Textkritiker die Angleichung paralleler Stellen durch nachträgliche Veränderung und Einfügung von Textgut aus anderen Quellen (besonders in den Evangelien vielfach unterstellt).

 

Humanismus/humanistisch: (von lat. humanus = menschlich, gesittet, gebildet) Geistige Bewegung im 15./16. Jh., der es um die Bildung des Menschen aus den Quellen der antiken Philosophie und Kultur ging. Verbunden mit der Renaissance führte der H. zur Erforschung antiker Sprachen und Dokumente und schuf damit wichtige Voraussetzungen für die Wiederentdeckung der Bibel in den Ursprachen.

 

Hussiten: Protestantische Anhänger des tschechischen Reformators Jan Hus.

 

Inspiration: (von lat. inspirare = einhauchen) Bezeichnung für die göttliche Eingebung der Heiligen Schrift (in der lateinischen Übersetzung des NT bei 2Tim 3,16).

 

Kirchenväter: Kirchliche Bezeichnung für die einflußreichen Lehrer und Schreiber des 2. bis 6. Jh. in der katholischen Kirche. Die meisten dieser K. waren von falschen Lehren schwer beeinflußt. Ihre Schriften haben Bedeutung für die Textforschung, weil die dort angeführten Bibelzitate Rückschlüsse auf den von ihnen verwendeten Text zulassen.

 

Koine-Text: (von gr. koine = gewöhnlich, allgemein verbreitet) Alte Bezeichnung der Textkritiker für den Mehrheitstext.

 

Kursive: Die kursive Schrift war im Altertum die gewöhnliche Schreibschrift für private Briefe und Dokumente, im Gegensatz zur Unzialschrift. Die Minuskeln werden auch Kursivhandschriften genannt.

 

Lesart: Eine in Schreibung und/oder Wortlaut von anderen Textzeugen abweichende Textstelle in einer Handschrift.

 

Majuskeln: In Großbuchstaben (ohne Wortabstände oder Satzzeichen) geschriebene Handschriften (auch Unziale genannt). Diese Handschriftenform findet sich hauptsächlich in den frühen HSS aus dem 4. - 9. Jh.

 

Manuskript: (von lat. manuscriptum = von Hand geschrieben) Handschrift.

 

Mehrheitstext (engl. Majority Text): Bezeichnung für die ca. 90% aller bekannten HSS umfassende griechisch-byzantinische Textform, die ihren Ursprung in Kleinasien hat und durch große Einheitlichkeit und Zuverlässigkeit der Textüberlieferung gekennzeichnet ist. Der Textus Receptus gehört zur Mehrheitstextüberlieferung.

 

Minuskeln: In besonderen für die Buchherstellung entwickelten Kleinbuchstaben (mit Wortabständen und Satzzeichen) geschriebene Handschriften (gebräuchlich vom 9. bis 16. Jh.).

 

Mystik: (von gr. mystes = der [in heidnisch-okkulte Geheimlehren] Eingeweihte) Geheimlehre, heidnisch-pseudochristliche Strömung, die durch Versenkung u.a. Methoden eine „Vereinigung mit der Gottheit“ und Offenbarungserkenntnisse sucht.

 

Neuplatonismus: Besonders im 1.-6. Jh. wirksame heidnische religiöse Strömung, die auf Platons Philosophie zurückging.

 

Ökumene: (von gr. oikoumene = Erdkreis, die bewohnte Erde) Bewegung, die auf die weltweite Vereinigung der christlichen Kirchen und Bekenntnisse unter effektiver Vorherrschaft der katholischen Kirche hinwirkt.

 

Original: Urschrift, im NT die von den Aposteln und Propheten bzw. ihren direkten Schreibern niedergeschriebenen Urschriften.

 

orthodox: (aus gr. orthodoxos = die richtige Anschauung habend, rechtgläubig) Bezeichnung von Christen, die der richtigen Lehre anhängen; von der griechischen Kirche als Selbstbezeichnung gebraucht.

 

Papyrus: Aus den Stengeln der in Ägypten wachsenden Papyrusstaude hergestellter Beschreibstoff, im Altertum und bis ins 6. Jh. weit verbreitet. Zahlreiche frühe Bibelhandschriften waren auf Papyrus geschrieben.

 

Pergament: (von gr. Pergamon, einer kleinasiat. Stadt, in der Pergament hergestellt wurde) Wichtiger Beschreibstoff im Altertum und Mittelalter, hergestellt aus getrockneten und vorbereiteten Tierhäuten. Im Altertum in Rollenform; um das 1. Jh. auch in Codexform. Die meisten Bibelhandschriften sind auf Pergament geschrieben.

 

Peschitta: Syrische Übersetzung des NT, die vermutlich aus dem 2. Jh. stammt und im wesentlichen dem Mehrheitstext folgt.

 

rationalistisch: sich (nur) auf die Vernunft gründend.

 

Reformation: (von lat. reformatio = Umgestaltung, Erneuerung) Bezeichnung für die protestantische Bewegung des 16. und 17. Jh., die ursprünglich die katholische Kirche nach biblischen Lehren umgestalten wollte, dann aber zur Bildung eigener protestanischer Kirchen führte.

 

Revision: (von lat. revisio = prüfende Wiederdurchsicht) Hier: erneute Bearbeitung einer Bibelübersetzung.

 

Textkritik: Bezeichnung für den Versuch, einen ursprünglichen Text aus verschiedenen Abschriften zu erschließen, u.a. durch Bewertung der Textüberlieferung und der einzelnen Unterschiede zwischen den HSS.

 

Textus Receptus: (lat., bed. „der angenommene, akzeptierte Text“) Von Erasmus zuerst herausgegebene Textausgabe des griechischen Neuen Testaments, die im wesentlichen auf der Mehrheitstextüberlieferung beruht und Grundlage aller reformatorischen Bibeln wurde.

 

Unziale: siehe Majuskel.

 

Vulgata: (von lat. vulgatus = allgemein verbreitet) Bezeichnung einer lateinischen Übersetzung der Bibel, die großenteils von Hieronymus bearbeitet wurde und auf ältere lateinische Übersetzungen zurückgeht. Sie wurde in der katholischen Kirche zur Standardbibel erhoben.

 

Welteinheitsreligion: Beschreibung der Bestrebungen der katholischen Kirche sowie des Ökumenischen Weltrates der Kirchen u. a. Kräfte, eine weltweite Zusammenarbeit und Vereinigung verschiedener Religionen zu erreichen (vgl. Offb 17 und 18).

 

 

 

C. Ausgewählte Literatur zur Textus-Receptus-Frage

 

 

1. Erste Einführungen zum Textus Receptus:

 

a) Kürzere Broschüren

 

Karl-Herrmann Kauffmann: Der Text des Neuen Testaments. (26 S.) Manuskriptdruck Albstadt o. J. (Q: Albstadt) [Kurze allgemeinverständliche Einführung in die Frage der Textkritik des NT; mit Tabelle textkritischer Änderungen in verschiedenen deutschen Bibelübersetzungen.]

 

Rudolf Ebertshäuser: Der überlieferte Text des Neuen Testaments – die zuverlässige Grundlage unseres Glaubens. (20 S.) Manuskriptdruck Leonberg 1998 (Q: ESRA) [Erste Einführung in die Geschichte und Bedeutung des Textus Receptus, mit einigen kommentierten Beispielen im Anhang.]

 

Rudolf Ebertshäuser: Der überlieferte Text des Neuen Testaments und die heutigen Bibelübersetzungen. (40 S.) Manuskriptdruck Leonberg 2. Aufl. 2002 (Q: ESRA) [Ausführlichere Darstellung der Geschichte und Bedeutung des Textus Receptus; mit einer Darstellung der geistlich schädlichen Früchte der Textkritik und zahlreichen kommentierten Beispielen im Anhang.]

 

Rudolf Ebertshäuser: Gottes zuverlässiges, bewahrtes Wort. Der Glaube an Gottes Bewahrung in der Textüberlieferung und der Textus Receptus des Neuen Testaments. (ca. 60 S.) Manuskriptdruck Leonberg 1. Aufl. 2002. (Q: ESRA) [Ausführlichere Darstellung der von Gott bewahrten Textüberlieferung des NT, in der besonders auf einige weit verbreitete Argumente gegen den TR eingegangen wird: Erasmus und seine angeblich schludrige Arbeit, die angeblichen Fehler im TR, die Schwachpunkte der wissenschaftlichen Textkritik, die Frage des „Mehrheitstextes“ u.a. – erscheint vorauss. Mitte 2003]

 

G. W. Anderson: What today’s Christian needs to know about the Greek New Testament. (10 S.) London (Trinitarian Bible Society) 1994 (Q: Trinitarian) [Gute grundsätzliche Einführung in die Frage der Textkritik mit engl. Literaturangaben.]

 

God was Manifest in the Flesh (1 Timothy 3.16). Examination of a disputed passage. (16 S.) London (Trinitarian Bible Society) o. J. (Q: Trinitarian) [Einzeluntersuchung der textkritischen Veränderung von 1Tim 3,16 „Gott geoffenbart im Fleisch“, beruhend auf J. W. Burgon.]

 

The Authenticity of the Last Twelve Verses of The Gospel According to Mark (12 S.) London (Trinitarian Bible Society) o. J. (Q: Trinitarian) [Einzeluntersuchung der von der Textkritik betriebenen Abtrennung von Mk 16,9-20 aus der Bibel, beruhend auf J. W. Burgon.]

 

Robert J. Barnett: The Word of God on Trial (38 S.) Grayling, Michigan (Calvary Baptist Church) 5. Aufl. 1994 [Zeigt die geistlichen Gefahren und falschen Ansätze der Textkritik und fordert zu geistlicher Beurteilung der Textfrage durch die Gläubigen auf.]

 

Jacob van Bruggen: The Ancient Text of the New Testament (40 S.) Winnipeg, Canada (Premier Printing) 1976. Deutsch: Der antike Text des Neuen Testaments. (29 S.) Manuskriptdruck Albstadt o. J. (Q: Albstadt) [Der Aufsatz eines Theologen, der die Methoden und Ergebnisse der Textkritik zurückweist und die Glaubwürdigkeit des Mehrheitstextes belegt (zu dem der TR zu rechnen ist).]

 


 

b) Bücher

 

David Otis Fuller (Hrsg.): Which Bible? (350 S.) Grand Rapids (Institute for Biblical Textual Studies) 14. Aufl. 1995 (Q: HdB Zürich) [Sammelband verschiedener Aufsätze über die „King James Version“ mit besonderer Betonung der Textus-Receptus-Frage. Aufsätze u. a. über Burgon, Westcott und Hort.]

 

Edward Freer Hills: The King James Version Defended. (280 S.) Des Moines, Iowa (The Christian Research Press) 1984 (Q: HdB Zürich) [Verteidigung der auf dem TR beruhenden engl. „King-James-Bibel“ mit ausführlicher Berücksichtigung der Textus-Receptus-Frage. Der Autor, ein bibeltreuer Forscher, der selbst früher Textkritik betrieben hatte, begründet die Zuverlässigkeit des TR geistlich fundiert aus dem Wirken der Vorsehung Gottes bei der Textüberlieferung und widerlegt den ungeistlichen Grundansatz der Textkritik.]

 

Wilbur N. Pickering: The Identity of the New Testament Text. (180 S.) Nashville (Thomas Nelson) 1980 Z. Zt. vergriffen; als Kopie erhältlich. (Q: Albstadt) [Gründliche Arbeit eines amerikanischen Textforschers, der die Unhaltbarkeit der Westcott-Hortschen Textkritik nachweist und die byzantinische (= Mehrheits-) Textüberlieferung verteidigt.]

 

 

2. Ausführlichere Untersuchungen:

 

John William Burgon: The Revision Revised. (1883) (549 S.) Reprint Collinswood, New Jersey (Dean Burgon Society Press) o. J. (Q: BFT; HdB Zürich) [Die ausführliche Auseinandersetzung des gläubigen englischen Textforschers Burgon mit der englischen Revised Version von 1881, mit dem zugrundeliegenden griechischen Text und mit der textkritischen Theorie von Westcott und Hort. Sehr aufschlußreich.]

 

John William Burgon: The Traditional Text of the Holy Gospels (hg. von Edward Miller) (1896) (317 S.) Reprint Collinswood, New Jersey (Dean Burgon Society Press) 1998. (Q: BFT, HdB Zürich) [Eine gründliche Untersuchung des alten Ursprungs des Traditionellen Textes (= byzantische Mehrheitstextüberlieferung) anhand der Evangelien. Mit zahlreichen Nachweisen aus Kirchenväterliteratur und alten Übersetzungen und grundsätzlichen Überlegungen zur Textkritik. Ziemlich anspruchsvolle Lektüre.]

 

John William Burgon: The Causes of Corruption of the Traditional Text. (hg. von Edward Miller) (1896) (290 S.) Reprint Collinswood, New Jersey (Dean Burgon Society Press) 1998. (Q: BFT, HdB Zürich) [Gelehrte Abhandlung über die Ursachen der entstellenden und verfälschenden Einflüsse auf den überlieferten Text des NT. Burgon zählt verschiedene Möglichkeiten von Abschreibfehlern bei alten HSS auf –  bis hin zu absichtlichen Veränderungen, jeweils mit vielen Beispielen.]

 

John William Burgon: The Last Twelve Verses of the Gospel According to S. Mark. (1871) (334 S.) Reprint Collinswood, New Jersey (Dean Burgon Society Press) o. J. (Q: BFT, HdB Zürich) [Eine gründliche und gelehrte Untersuchung, die anhand des Textes, der Handschriftenüberlieferung, der Bezeugung durch Kirchenväter u.a. die Echtheit des überlieferten Markusschlusses nachweist und die Argumente der Textkritiker widerlegt. Sehr wertvoll und lesenswert.]

 

John William Burgon: Unholy Hands on the Bible. Vol. I. Hrsg. Jay P. Green sen. (624 S.) Lafayette, Indiana (Sovereign Grace Trust Fund) 1990 (Q: HdB Zürich) [Eine gekürzte Sammlung der o. g. Werke des englischen Textforschers John William Burgon (1813-1888), der mit als erster die Verfälschungen und glaubenszerstörenden Tendenzen der Westcott-Hortschen Textkritik erkannte und aufgrund fundierter eigener Kenntnisse der alten Handschriften widerlegte. Sehr wertvolle, bis ins Einzelne gehende Grundlagenarbeit, wenn man sich tiefer in das Thema einarbeiten will.]

 

Theodore P. Letis (Hrsg.): The Majority Text: Essays and Reviews in the Continuing Debate. (210 S.) Grand Rapids, Michigan (Institute for Biblical Textual Studies) 1987 (Q: HdB Zürich) [Sammelband, der die Frage des „Mehrheitstextes“ (textkritische Ausgabe der byzantinischen Textüberlieferung) und des Textus Receptus behandelt. Interessanter Aufsatz über die frühe Textkritik als Waffe der Jesuiten gegen die Protestanten.]

 

 

3. Ausgaben des Textus Receptus und Arbeitshilfen:

 

The Interlinear KJV Parallel New Testament in Greek and English. Based on the Majority Text [sic] With Lexicon Synonyms. George Ricker Berry. Grand Rapids (Zondervan Publishing House) 37. Aufl. 1994 (Q: HdB Zürich) [Ungeachtet des irreführenden Untertitels wird hier nicht der Mehrheitstext, sondern der Textus Receptus (Stephanus 1550) wiedergegeben, mit wortgetreuer englischer Interlinearübersetzung, dem King-James-Text in der Randspalte und einem wertvollen Fußnotenapparat, der die textkritischen Abweichungen früherer Wissenschaftler festhält, sowie die vereinzelten Unterschiede zum TR von Elzevir 1624. Trotz etwas schwacher Druckqualität die beste Ausgabe zum Erforschen des TR.]

 

H KAINH DIAFHKH. The New Testament. The Greek Text Underlying the English Authorized Version of 1611. (480 S.) London (Trinitarian Bible Society) o. J. (Q: HdB Zürich) [Ausgabe des Textus Receptus, wie er der Authorized Version von 1611 zugrundeliegt, nach Beza 1598 und einer Edition von F. H. A. Scrivener (s. nächster Titel). Nur griechischer Text, sehr gute Type.]

 

Scrivener’s Annotated Greek New Testament. Being the Exact Greek Textus Receptus that Underlies the King James Bible. Collingswood, N.J. (Dean Burgon Society Press) 1. Aufl. 1999 [Guter Nachdruck von F.H.A. Scrivener: The New Testament in Greek According to the Text Followed in the Authorized Version Together With the Variations Adopted in the Revised Version, Cambridge 8. Aufl. 1908. Gr. Text der King-James-Bibel, im wesentlichen der TR von Beza 1598, mit den wichtigsten textkritischen Varianten von Westcott-Hort (bzw. der Revised Version von 1881) in Fußnoten]

 

The Interlinear Greek-English New Testament. Hrsg. v. Jay P. Green. (The Hebrew-Greek English Bible Vol. IV). o. O. (Hendrickson) 2. Aufl. 1985 (Q: HdB Zürich) [Oben erwähnter Trinitarian-Text mit engl. Interlinearübersetzung von Jay M. Green, einer weiteren Übersetzung in der Randspalte sowie wertvollerweise den Nummern des Strong-Nummernschlüssels über den gr. Wörtern.]

 

The New Englishman’s Greek Concordance and Lexicon (Hrsg. Jay P. Green) (940 S.) Peabody, Mass. (Hendrickson) 1982 (Q: HdB Zürich) [Überarbeitete Ausgabe der berühmten Wigram-Konkordanz mit engl. lexikalischen Erklärungen und Strong-Nummern. Auf der Grundlage des Textus Receptus finden sich hier alle griechischen Wörter des NT in gr. Schrift aufgeführt; die Bibelstellen werden vollständig angegeben und mit dem KJV-Text zitiert.]

 

The New Analytical Greek Lexicon. Hrsg. v. Wesley J. Perschbacher. (450 S.) Peabody, Mass. (Hendrickson) 2. Aufl. 1992. (Q: HdB Zürich) [Diese zuverlässige Arbeitshilfe bringt für jede im griechischen NT vorkommende Wortform die grammatikalische Analyse sowie die Strong-Nummern. Für die Arbeit mit dem TR sehr gut geeignet, weil auch alle Verbformen berücksichtigt sind, die nur im TR und nicht in den kritischen Textausgaben enthalten sind.]

 

Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift Alten und Neuen Testaments nach der Übersetzung Dr. Martin Luthers vom Jahre 1545. Bielefeld (Missionsverlag der Evangelisch-Lutherischen Gebetsvereine e. V.) 1990. [Vollständige Wiedergabe der Lutherbibel von 1545, die auf dem Textus Receptus bzw. dem Masoretischen Text des AT beruht. Leichte Bearbeitung der Sprache und Rechtschreibung.]

 

Froschauer-Bibel: Die gantze Bibel, das ist alle bücher allts und neüws Testaments, den ursprünglichen spraachen nach, auffs aller treuwlichest verteutschet ... Getruckt zu Zürich bey Christoffel Froschouer, im Jar als man zalt M.D.VVVVI. Nachdruck Amos B. Hoover, Denver, PA, 1975. [Fotomechanischer Nachdruck der ursprünglichen Zürcher Bibel von 1536, die ebenfalls im NT auf dem Textus Receptus und im AT auf dem Masoretischen Text beruht.]

 

Die Bibel. Übersetzt von Franz Eugen Schlachter nach dem hebräischen und griechischen Grundtext. Neue revidierte Fassung / Version 2000 Genf/Zürich/Basel (Genfer Bibelgesellschaft) und Bielefeld (Christliche Literatur-Verbreitung) 2002. [Revision der Schlachterbibel von 1905/1951. Beruht im NT vollständig auf dem Textus Receptus, im AT auf dem Masoretischen Text. Taschenbibel mit wenigen Fußnoten. Eine Ausgabe mit zahlreichen erklärenden Fußnoten und ca. 100 000 Parallelstellen ist für Sommer/Herbst 2003 geplant.]

 

Die Briefe des Neuen Testamentes. Römerbrief – Offenbarung. Übertragen von Herbert John Jantzen. Hagen (Schwarzkopf) 1999. [Teilausgabe des NT auf der Grundlage von Stephanus 1550.]

 

 

 

 


 

Bezugsquellen (= Q)

 

 

Albstadt = Freie Brüdergemeinde Albstadt, Primelweg 11, D-72461 Albstadt-Tailfingen

 

Trinitarian = Trinitarian Bible Society, 217 Kingston Road, GB-London SW19 3NN

 

HDB Zürich = Haus der Bibel Zürich, Stockerstr. 46, CH-8039 Zürich; Tel. (0041) -1-201-2941; h.p.wepf_______bibelkreis.ch 201-1240

 

BFT = The Bible for Today, 900 Park Ave., Collinswood, N.J. 08108, U.S.A. eMail BFT@Juno.Com (Bei The Bible for Today kann mit der „BFT Brochure # 1“ die mit ca. 900 Titeln beste und ausführlichste Material- und Bestelliste zum Thema Textus Receptus in englischer Sprache angefordert werden.)

 

ESRA = ESRA-Schriftendienst, Postfach 1910, D-71209 Leonberg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ESRA-Schriftendienst

Postfach 19 10, D-71209 Leonberg

© Rudolf Ebertshäuser

2. Auflage Januar 2003 (entspricht dem Text der 1. Auflage der ESRA-Broschüre)

Schriftzitate sind in der Regel der revidierten Schlachter-Bibel entnommen

Das vollständige Vervielfältigen und Verteilen dieser Schrift ist ausdrücklich erlaubt

 


 

[1] Dieser Begriff und weitere ungebräuchliche Begriffe werden in den Worterklärungen im Anhang kurz erläutert.

[2] Grundlegendere Informationen über den Textus Receptus geben die folgenden Titel, die auch für diese Schrift mit verwendet wurden: David Otis Fuller (Hrsg.): Which Bible?; Theodore P. Letis (Hrsg.): The Majority Text: Essays and Reviews in the Continuing Debate; Edward Freer Hills: The King James Version Defended. Der Text selbst kann am besten in folgender Ausgabe studiert werden, die auch die meisten textkritischen Veränderungen im Fußnotenapparat enthält: The Interlinear KJV Parallel New Testament in Greek and English. Based on the Majority Text [tatsächlich: Stephanus 1550] With Lexicon Synonyms. George Ricker Berry. Vgl. die Literaturangaben im Anhang.

[3] In den Anmerkungen zu seiner Ausgabe diskutiert Erasmus zahlreiche „Nestle-Aland“-Lesarten wie etwa Joh 7,53-8,11 oder 1Tim 3,16 – vgl. Hills, King James Version, S. 194-199.

[4] Vgl. seine Vorrede zum griechischen NT von 1516 in: Wegbereiter der Reformation (Hg. G. A. Benrath), Wuppertal (R. Brockhaus) 1988, S. 527-537.

[5] Hiermit ist nicht die unbiblische Sekte der Münsteraner „Täufer“ gemeint, sondern die ernsten bibeltreuen Täufergemeinden etwa um Menno Simons, aus denen später u.a. die Mennoniten entstanden.

[6] Vgl. dazu die sehr aufschlußreichen Beiträge in Letis (Hrsg.) The Majority Text, bes. S. 126f.; S. 145-190.

[7] Eine sehr gute kritische Darstellung der Methoden und Grundlagen der Textkritik gibt Wilbur N. Pickering: The Identity of the New Testament Text. (180 S.) Nashville (Thomas Nelson) 1980.

[8] Vgl. dazu Pickering, Identity, S. 93ff.

[9] Vgl. Bruce M. Metzger, A Textual Commentary on the Greek New Testament, 2. Aufl. Stuttgart (Dt. Bibelgesellschaft) 1994, S. 7*; Kurt u. Barbara Aland, Der Text des Neuen Testaments. Einführung in die wissenschaftlichen Ausgaben und in Theorie wie Praxis der modernen Textkritik. Stuttgart (Dt. Bibelgesellschaft) 2. Aufl. 1989, S. 79.

[10] zit. n. Pickering, Identity, S. 31. Übersetzung R. E. Im Original lautet die entscheidende Passage: „... and dragged on with the villainous [= schurkisch, scheußlich, abscheulich, gemein...] Textus Receptus ... Think of that vile [= abstoßend, miserabel, schändlich...] Textus Receptus...“

[11] d.h. HSS, die in Großbuchstaben geschrieben wurden.

[12] d.h. in Kleinbuchstaben geschriebene HSS.

[13] Die Werke, in denen der englische Textforscher John W. Burgon die Textkritik Westcotts und Horts mit gründlichen Argumenten zurückwies, sind bis heute unwiderlegt und von bleibendem Wert für jeden, der sich vertieft mit diesen Fragen auseinandersetzen möchte. Sie sind in einem gekürzten Sammelband neu veröffentlicht worden: John William Burgon: Unholy Hands on the Bible. Vol. I. Hrsg. Jay P. Green sen. (624 S.) Lafayette, Indiana (Sovereign Grace Trust Fund) 1990. Die Einzelausgaben mit vollem Anmerkungsgapparat wurden nachgedruckt von „The Bible for Today“, 900 Park Ave., Collinswood NJ 08108, USA (s. Literaturliste).

[14] Aland/Aland, Der Text..., S. 69 u. 79; vgl. auch S.60.

[15] Über diese Zusammenhänge vgl. u.a. Heussi, Kompendium der Kirchengeschichte, 10. Aufl. Tübingen (J.C.B. Mohr) 1949, S. 50-106.

[16] Diese Gesichtspunkte sind sehr gut erklärt bei Pickering, Identity, S. 99ff.

[17] Aland/Aland, Der Text..., S. 62/63 u. 77.

[18] Dies ist in der Textforschung des Alten Testamentes übrigens weithin anerkannt; dort halten die meisten Gelehrten an der Zuverlässigkeit und Überlegenheit des Masoretischen Textes (der auch nur durch „späte“ Handschriften aus dem 10. Jh. überliefert ist und das Gegenstück zum Textus Receptus darstellt) auch über ältere Handschriften fest (vgl. dazu Ernst Würthwein, Der Text des Alten Testamentes, Stuttgart 1952, S. 19 u. 83).

[19] vgl. Burgon, The Traditional Text of the Holy Gospels, London (George Bell and Sons) 1896, S. 159-160.

[20] Aland/Aland, Der Text..., S. 118.

[21] Belege dafür bei Burgon, The Revision Revised, Nachdruck, Collinswood N.J. (Dean Burgon Soc. Press) o.J., S 12; vgl. auch Mauro in Fuller (Hg.), True or False? The Westcott-Hort Textual Theory Examined, Grand Rapids (Institute for Biblical Textual Studies), S. 72-80.

[22] Der Kommentar von Aland/Aland zu diesem „wissenschaftlich begründeten“ Vorurteil von Westcott und Hort anläßlich Mt 21,28: „(...) hier führt ihre Bevorzugung von B (Codex Vaticanus) sie (wie so oft) in die Irre.“ Der Text..., S. 262.

[23] vgl. William P. Grady, Final Authority, Schererville, Indiana (Grady Publications) 7. Aufl. 1995, S. 98.

[24] Eindrückliche Beispiele hierfür führt Pickering, The Identity..., an (S. 121-125).

[25] Vgl. hierzu die Untersuchungen von Textforschern bei Pickering, The Identity..., S. 76-77.

[26] Vgl. Aland/Aland, Der Text..., S. 118-119.

[27] vgl. dazu Aland/Aland, Der Text..., S. 61, wo auch Codex D ein ägyptischer Ursprung zugeschrieben wird. Vgl. auch S. 79

[28] Aland/Aland, Der Text..., S. 114.

[29] zit. n. Pickering, Identity, S. 32, Übers. R.E.

[30] Aland/Aland, Der Text..., S. 21.

[31] zit. n. Pickering, Identity, S. 32.

[32] vgl. Aland/Aland, Der Text..., S. 69.

[33] Näheres dazu vor allem bei Pickering, Identity, S. 31-98 und Hills, King James Version, S. 62-114 sowie Burgon, Unholy Hands. Das auch wissenschaftlich unsolide Vorgehen von Westcott und Hort wird deutlich aus Aland/Aland, Der Text..., S. 28.

[34] Westcott und Hort etwa, als Überwinder des Textus Receptus von der Textkritik hoch geehrt, hatten ausgesprochen bibelkritische Ansichten, vertraten einige Irrlehren und engagierten sich als Mitglieder der „Ghostly Guild“ in parapsychologischen und spiritistischen Experimenten. Hort war ein Verehrer Darwins und des Katholiken Newman; beide sympathisierten mit der katholischen Kirche. Vgl. dazu Grady, Final Authority, S. 213-242. Aland/Aland geben ihren bibelkritischen Standpunkt zu erkennen, indem sie einige Paulusbriefe als „Deuteropaulinen“ (= unechte spätere Schriften) bezeichnen, Der Text..., S. 92.

[35] Der Hochmut und die geistliche Blindheit ungläubiger Textkritiker zeigt sich besonders eindrücklich, wenn Aland/Aland allen Ernstes ihr Urteil verteidigen, im Text von 1Th 2,7 habe ursprünglich gestanden: „sondern wir sind in eurer Mitte Unmündige gewesen, wie eine stillende Mutter ihre Kinder pflegt“ [gr. nèpioi statt MT/TR èpioi = zart, liebevoll], Der Text..., S. 287-288. Diese „wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnis“ ist so offenkundig falsch, daß sich keine Bibelübersetzung getraut, hier nach NA zu übersetzen.

[36] Aland/Aland sehen das ganz klar: „Es handelt sich hierbei ja nicht um einen beliebigen Text, sondern um die Grundlage für die Auslegung des Neuen Testaments durch alle Theologen aller Konfessionen und Denominationen in aller Welt.“ Der Text..., S. 44-45.

[37] Die „Schwesterausgabe“ des NA 26, das Greek New Testament der United Bible Societies, enthält für jede in den Text aufgenommene Lesart eine abgestufte Bewertung ihrer Wahrscheinlichkeit von A bis D, von „So gut wie sicher“ über „ein gewisses Maß an Zweifel“ bis „hochgradiger Zweifel in bezug auf die gewählte Lesart“. Aland/Aland, Der Text..., S. 54/55.

[38] Aland/Aland, Der Text ..., S. 45; Hervorhebung R. E.

[39] Aus dem Vorwort der revidierten Elberfelder Bibel: „Hier hat die gelehrte Arbeit am Text sowie die Entdeckung älterer und besserer Handschriften inzwischen zu beachtlichen Ergebnissen geführt, so daß uns heute der Grundtext der Bibel in erheblich zuverlässigeren Textausgaben zur Verfügung steht. Bei der Revisionsarbeit an der Elberfelder Bibel wurden diese Ausgaben zugrunde gelegt“.

[40] Einen sehr gut aufgeschlüsselten Überblick gibt E. W. Fowler, Evaluating Versions of the New Testament, Cedarville (Strait Street Inc.) 2. Aufl. 1986. Im Deutschen fehlt ein gründlich ausgearbeiteter Überblick leider noch; als Manuskriptdruck erhältlich ist Karl-Herrmann Kauffmann, Der Text des Neuen Testaments (Eigenverlag Albstadt 1997). In absehbarer Zeit soll auch eine Aufstellung von Dieter Zimmer über die Abweichungen der NA-Texte vom Textus Receptus als Manuskript erhältlich sein.

[41] Aland/Aland, Der Text..., S. 16.

[42] Hier hat der TR folgenden Text: „7 Denn drei sind es, die Zeugnis ablegen im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins; 8 und drei sind es, die Zeugnis ablegen auf der Erde: der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei stimmen überein.“ (revidierte Schlachter).

[43] Zum Mehrheitstext vgl. Zane C. Hodges/Arthur L. Farstad, The Greek New Testament According to the Majority Text, Nashville/Camden/New York (Thomas Nelson) 2. Aufl. o. J. Zu den angesprochenen Problemen dieser Herangehensweise vgl. Vorwort und Einleitung zu dieser Ausgabe.

[44] Hier muß darauf hingewiesen werden, daß der Bibelübersetzer, der den Textus Receptus übersetzt, an einer kleinen Zahl von Stellen entscheiden muß, welcher der verschiedenen Ausgaben des TR er folgt. Wenn der NA-Text an etwa 10% des Wortbestandes des NT Änderungen hat, so erhöht die Mehrheitstextüberlieferung die Gewißheit über den Textbestand auf vielleicht 95%. Beim TR bleiben lediglich weniger als 100 Stellen unter all den ca. 140.000 Worten übrig, an denen sich der Text von Stephanus 1550 und Elzevir nennenswert unterscheidet.

[45] Bekenntnisse der Kirche. Bekenntnistexte aus zwanzig Jahrhunderten. Hg. v. H. Steubing u. a. Wuppertal (Brockhaus) 1985, S. 210 (Hervorhebung R.E.).