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Auslegung der Gleichnisse

Die Auslegung der Gleichnisse

Als Jesus Gleichnisse erzählte, die so gestaltet waren, dass sie Gläubigen Wahrheit vermittelte, erwartete er von den Gläubigen, dass sie die Gleichnisse verstanden, ihre notwendige Übertragung leisteten, um die Wahrheit aufzunehmen, die er zu übermitteln suchte.
Es ist interessant anzumerken, dass von all den Gleichnissen, die erzählt wurden, nachdem die Führer des Volkes gezeigt hatten, dass sie Jesus als Messias ablehnten (Mt 12), nur zwei Gleichnisse von Jesus ausgelegt wurden.
Es war das Gleichnis vom Sämann, der Saat und den verschiedenen Ackerböden und das Gleichnis vom Unkraut.

Da dies eine neue Methode war, die Wahrheit zu übermitteln, legte Jesus diese beiden Gleichnisse aus, um ein Auslegungsmuster für all seine Gleichnisse zu schaffen.

 Die Tatsache, dass er seine darauf folgenden Gleichnisse nicht auslegte, zeigt, dass er von seinen Hörem voll und ganz erwartete, dass sie verstanden, was er lehrte.
 Das ist interessant angesichts der heutigen Verwinung über die Wahrheit, die Jesus durch seine Gleichnisse zu vermitteln suchte, und der Vielzahl von Auslegungen, die es über sie gibt.

Um die Gleichnisse korrekt auszulegen, muss man bestimmte Grundsätze beachten.

 Der erste Grundsatz,
den der Herr selbst festlegte, ist, dass die Gleichnisse vom »König- Reich der Himmel« handeln (Mt 13,11). Das König- Reich der Himmel ist die Sphäre, über die der souveräne Gott herrscht.
 Gott als Souverän hat das Recht, Autorität in der Verwaltung seiner Herrschaft zu delegieren. In alttestamentlichen Zeiten wurde die Gottesherrschaft zu verschiedenen Zeiten auf verschiedene Weise verwaltet.

Als Adam im Garten Eden war, herrschte Gott unmittelbar über ihn.
Gott wies Adam Autorität zu, und er erwartete von ihm, dass er Herrschaft in Gottes Namen ausübte.
Nach dem Sündenfall herrschte Gott indirekt durch das Gewissen, das bezeugte, dass Gottes Gesetz in den Herzen der Menschen geschrieben worden war (Rom 2,15).

In der Zeit nach der Flut herrschte Gott durch eine menschliche Regierung, indem er Statthalter einsetzte, die mit der Verantwortung betraut waren.
Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten und ein Klima zu schaffen, in dem rechtschaffene Menschen in Frieden leben konnten.
Es lag im Verantwortungsbereich derer, die die Regierung verwalteten, Gottes Autorität auszuüben, selbst wenn dies den Tod eines Gesetzlosen bedeutete (Rom 13,1-7).
 Bei der Erwählung Abrahams plante Gott in Bezug auf seine Herrschaft, dass sie sich in dem Volk, das sich aus den Nachkonunen des Patriarchen bilden würde, entwickeln und durch Israel auf die ganze Welt ausgedehnt werden sollte.
Gott wies Patriarchen, Richtern, Königen und Propheten als seine Verwalter in seinem Königreich Autorität zu.
 Damals versprach Gott, dass der endgültige Repräsentant göttlicher Herrschaft aus Davids Stamm baum hervorgehen, Davids Thron einnehmen und über Davids Königreich regieren werde.

Also erwartete das Bundesvolk das Tausendjährige Reich als die höchste Form der Gottesherrschaft.
 Allerdings wurde im Alten Testament nicht deutlich offenbart, dass das Volk den Messias ablehnen und ihn zum Tode verurteilen wird, wenn er kommt und sich dem Volk als König anbietet, um den Bund durch die Aufnchtung des Königreiches zu erfüllen. Aufgrund der Ablehnung des Messias musste die Königsherrschaft Gottes zunächst 18zurückgestellt werden.
Es war Gottes Plan, im jetzigen Zeitalter zwischen Israels Ablehnung und der zukünftigen Annahme des Messias eine neue Gestalt der Gottesherrschaft zu entfalten. Diese neue Gestalt sollte nicht die endgültige Erscheinungsform der Gottesherrschaft sein, sondern vielmehr eine vorläufige.

Als Jesus in Mt 13,11 »die Geheimnisse des Reiches der Himmel« erwähnte, bezog er sich auf bisher unbekannte Einzelheiten über die Herrschaft Gottes, die nicht im Alten Testament offenbart, aber nun durch seine Unterweisung erhellt wurden.

Es ist wichtig zu beachten, dass sich ein großer Teil der Lehre Jesu durch die Gleichnisse mit dieser neuen Form der Gottesherrschaft, nämlich dem Reich der Himmel be schäftigt. Viele der Gleichnisse des Herrn beginnen mit diesen Worten:

»Mit dem Reich der Himmel ist es wie« (vgl. Mt 13,24.31 u.a.), was überdies zeigt, dass in den Gleichnissen vor allem das Programm der Königsherrschaft Gottes im Blick ist.

Da das Konzept der Gemeinde innerhalb des Zeitrahmens entwickelt wird, der durch die Gleichnisse abgedeckt wird, und weil die Gemeinde ein Teil des Programms der Gottesherrschaft ist, haben viele Ausleger fälschlicherweise die Gleichnisse direkt auf die Gemeinde angewendet (als ob sie in erster Linie für die Gemeinde anwendbar wären). Doch wir dürfen nicht vergessen, dass die Gleichnisse erzählt wurden, um Wahrheit zu offenbaren, die das allgemeine Programm der Königsherrschaft Gottes betrifft.

Ein zweiter wichtiger Grundsatz bei der Auslegung ist, den unmittelbaren Kontext zu beachten.
Gleichnisse wurden nie in einem Vakuum erzählt.
Jedes Mal, wenn Jesus ein Gleichnis erzählte, erläuterte er eine Frage oder ein Problem, mit dem seine Hörer konfrontiert waren.

Daher war jedes Gleichnis dazu gedacht, ein Problem zu lösen oder eine Frage zu beantworten. So war beispiels weise das Gleichnis vom beharrlichen Freund (Lk 11,5-7) Jesu Antwort auf die Bitte eines Jüngers: »Herr, lehre uns beten« (V. 1).

 Das Gleichnis vom reichen Mann und von Lazarus (Lk 16,19-31) wurde erzählt, weil die Pharisäer »geldliebend waren« und ihn 19»verhöhnten« (V. 14).

 Dieser Grundsatz gilt für alle Gleichnisse, ganz gleich, ob die Frage oder das Problem genannt, angedeutet oder nur von Jesus selbst erkannt wird.
Der Ausleger muss daher den unmittelbaren Kontext untersuchen, um das Problem oder die Frage zu entdecken, auf die sich Jesus bezog.
 Sobald diese entdeckt sind, kann der Ausleger mit der Auslegung fortfahren, die wiederum eine Antwort auf das Problem geben muss. Wenn die Antwort nicht zu der Frage oder zu dem Problem passt, hat der Ausleger entweder die Frage falsch verstanden oder das Gleichnis falsch ausgelegt.

Dieser Grundsatz setzt der Auslegung Grenzen.
Er wird verhindern, dass man sich seinem Einfallsreichtum hingibt, und er wird fantasievollen Höhenflügen bei der Auslegung Einhalt gebieten.
 Der Teil des Gleichnisses, der die Antwort auf die zugrunde liegende Frage oder das Problem enthält, darf ausgelegt werden.

Und all die Aspekte, die unwesentlich sind und nichts zur Lösung beitragen, dürfen außer Acht gelassen werden. Es mag zuweilen vorkommen, dass das Problem oder die Frage nicht klar erkannt wurde, bevor man das Gleichnis auslegte; dann kann der Ausleger jedoch durch die Erforschung des Kontextes für gewöhnlich einen Hinweis auf das Problem oder die Frage finden, die dazu geführt haben, dass das Gleichnis erzählt wurde. Hat man den weiteren Kontext bestimmt und die Grenze für die Auslegung des Gleichnisses aus dem unmittelbaren Kontext erkannt, kann man damit fortfahren, das Gleichnis selbst auszulegen. Das wird zu einem dritten wichtigen Grundsatz der Auslegung führen; Das Gleichnis selbst muss nämlich untersucht werden, um zu bestimmen, was genau der fragliche Vergleichspunkt ist.
In dem Gleichnis von der beharrlichen Witwe (Lk 18,1-8) beispielsweise liegt die Betonung nicht auf der Person des Richters, sondern auf der Beharrlichkeit der Witwe.

Wenn der Figur des Richters unnötig viel Aufmerksamkeit gewidmet wird, wird das Gleichnis falsch ausgelegt werden.
 Darauf hin müssen wir herausfinden, welche von den vielen Einzelheiten in dem Gleichnis relevant sind.
Es gibt einen vierten Grundsatz.
Da ein Gleichnis Wahrheit aus einem bekannten in einen unbekannten Bereich überträgt,
muss der Ausleger den Gegenstand oder den Sachverhalt des Gleichnisses genauestens untersuchen, auf den angespielt wird und von dem die Wahrheit übertragen werden soll. Man kann das Gleichnis vom Sämann nicht auslegen, solange man nicht den Vorgang der Aussaat gründlich verstanden hat.
Man kann das Gleichnis vom neuen Wein in alten Schläuchen nicht verstehen, solange man nicht mit dem Vorgang der Weinproduktion zur Zeit Jesu gründlich vertraut ist.
 Es ist völlig unmöglich, die Wahrheit in einem Gleichnis zu entdecken, wenn wir unsere Kultur der Kultur der Umwelt Jesu überstülpen.
Deshalb muss der Ausleger von Gleichnissen mit der Geschichte, Geografie, Kultur und den Gebräuchen der biblischen Zeit gründlich vertraut sein.
Man muss lernen, so zu denken, wie es die Menschen taten, die zur Zeit des Herrn lebten.
Daher wird ein Bibellexikon oder ein Buch über biblische Gebräuche bei der Auslegung von Gleichnissen ein Hilfsmittel von unschätzbarem Wert sein.
Eine Schwierigkeit, der wir heute beim Auslegen von Gleichnissen gegenüberstehen, ist das Verstehen des Bezugsrahmens, in dem die Gleichnisse beheimatet sind.

Dieser muss deutlich erkannt werden, bevor wir die Gleichnisse verstehen können. Diejenigen, die Jesus zuhörten, hatten diese Schwierigkeit nicht, denn sie lebten in dieser Kultur und waren gründlich mit ihr vertraut.
Es gab für den Herrn keinen Grund, ihnen die Dinge zu erklären, auf die er sich bezog und auf die hin er seine Gleichnisse konstruierte.
Um ein guter Ausleger zu sein, muss man versuchen, mit der Kultur, den Gebräuchen und dem täglichen Leben in Palästina ebenso vertraut zu werden wie diejenigen, die Jesus zuhörten.
 Wenn man diese Vertrautheit erreicht hat, kann man damit fortfahren, die Gleichnisse auszulegen.
Wenn der Ausleger die Struktur und Funktion einer Tür oder eines Tores kennt, wird er verstehen, was Jesus meinte, als er sagte: »Ich bin die Tür« (Joh 10,7).

Der Ausleger wird wissen, dass Jesus offenbarte, dass er der Weg ist, durch den man Zugang zu Gott findet, und dass er denen Schutz und Sicherheit zuteil werden lässt, die durch ihn zu Gott kommen.
Darüber hinaus wird der Ausleger wissen, dass diejenigen, die in diese Sicherheit eintreten, die Freiheit finden werden und einund ausgehen können.
Wer sich gründlich mit der Arbeit des Hirten vertraut gemacht hat, wird verstehen, dass Jesus, als er sagte:
 »Ich bin der gute Hirte« (V. 14), offenbarte, dass er die Gläubigen als sein Eigentum beanspruchte; er wird sie fuhren, sie beschützen, ernähren und für sie sorgen, ganz nach ihren individuellen Bedürfhissen.
 Daraus wird klar erkennbar, dass man über die Ausdrucksform Bescheid wissen muss, bevor man durch eine solche die Lehre erkennen kann. Die eigentliche Wahrheit, die aus einem Gleichnis gelernt werden kann, hängt vom exakten Verständnis der Bezüge des Gleichnisses ab.
 Der Gebrauch einer Stilfigur erfordert keine bildhafte oder nichtwörtliche Auslegung. Vielmehr erfordert bildhafte Sprache eine wörtliche Auslegung vom bekannten Bereich hin zum unbekannten, wenn die Wahrheit der Stilfigur ermittelt werden soll.
Mit Hilfe dieser einfachen, aber notwendigen Grundsätze können wir mit der Untersuchung der Gleichnisse fortfahren. In jedem Fall wird der Kontext untersucht werden; danach werden wir im Licht des Kontextes versuchen, die ausgedrückte, angedeutete oder erkannte Frage oder das Problem zu entdecken, auf die das Gleichnis ant wortet; und zuletzt werden wir das Gleichnis so auslegen, dass es die Frage oder das Problem beantwortet. Die Auslegung kann dann daran überprüft werden, ob sie die Frage beantwortet, die zu dem Gleichnis gefuhrt hatte.  J.D.P