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2. Thessalonicher 2.3 wdbl

3. Die dem Tag des Herrn vorhergehenden Ereignisse (2,3-5)

3_Sie sollten sich von niemand verführen oder betrügen lassen, auf keinen Fall. Beachten wir die doppelte Verneinung als Ausdruck der Betonung. Der Herr Jesus kommentierte diese grundsätzlichen Ereignisse in Mt 24,4-6 mit ähnlichen Worten.

Betrügen oder verführen, wie im Fall Evas in 1Tim 2,14, steht oft in Verbindung mit Satan. »Auf irgendeine Weise« erweitert das Spektrum hinsichtlich der in V. 2 erwähnten Methoden.

Paulus war sich ständig des möglichen Wirkens betrügerischer Arbeiter (2Kor 4,2; 11,13) bewusst und derer, die viele »verführen« (2Tim 3,13). 2Jo 1,7 verbindet zutreffend Verführung mit dem Antichristen, in Übereinstimmung mit 2Thes 2,10.

 »Dieser Tag kommt nicht« (obwohl nicht im Grundtext) ist hier zu Recht eingefügt worden (so auch bei Luther ’12 und ’56, Rev.Elberf, Wilckens) um den Sinn der Stelle zu verdeutli-
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2. Thessalonicher 2,3-5
chen. »Es sei denn, dass zuerst der Abfall komme« ist wörtlich »weil wenn nicht der Abfall zuerst kommt«. Die Majestät dieses Ausdrucks sollte uns deutlich werden: Alle hier detailliert genannten Geschehnisse sind Gottes Zeitplan unterworfen.

Das Wort »denn« oder »weil« (hoti) ist bedeutsam für die Darlegung des Grundes für Paulus’ Behauptung, dass »der Tag« noch nicht über sie gekommen sei, ja in der Tat überhaupt nicht über sie kommen könne. Beachten wir den bestimmten Artikel vor »Abfall«, der deutlich macht, dass es nicht nur ein den Thessalonichern bekanntes Ereignis war, aber auch weit mehr als eine einzelne Person, die vom Glauben abfiel wie in 1Tim 4,1,
 ja viel mehr sogar als der teilweise Abfall im Zeitalter der Gemeinde.

Es war das, was Paulus ihnen, als er noch unter ihnen war, über den schrecklichen letzten Akt der trotzigen Herausforderung des Menschen gegenüber Gott gesagt hatte; die Rebellion gegen jedes Wort, Werk, ja jeden Gedanken von und über Gott. Es ist ein Geschehnis, ebenso gekennzeichnet, spezifisch und einzigartig wie jenes andere große Geschehen, das noch kommen muss und ebenso den bestimmten Artikel zur besonderen Kennzeichnung trägt, nämlich »die Drangsal«.

 Es stellt ein Ereignis ohne jede Präzedenz und Beispiel dar. Im Griechischen wird das Wort »Abfall« (apostasia) im militärischen Sinn für die Fahnenflucht eines Soldaten von seiner Armee gebraucht; in der politischen Sphäre für Rebellion gegen die Autorität; in der Schrift spricht es vom Verlassen oder der Abkehr von einmal gekannter Wahrheit über Gott, einer totalen Absage an die Wahrheit.

 Dies ist der abschließende Akt des »Tages des Menschen«, der seinen Keim in der Versuchung in Eden hatte, sich deutlich in Babel zeigte (wo Nimrod der große Typus des Antichristen ist), dessen Bekenntnis: »Es gibt keinen Gott für mich!« (Ps 14,1) ist und dessen Kurs in Röm 1 beschrieben ist. Einige vertreten die Auffassung, dass das griechische prôton (»zuerst«) das erste von zwei aufeinander folgenden Ereignissen andeute, und zitieren Apg 1,1 als Beispiel. Während dies im Allgemeinen die Bedeutung des Wortes ist, so ist es doch nicht korrekt, daraus abzuleiten, wie es einige getan haben, dass »der Abfall« und »das Geoffenbartwerden des Menschen der Sünde« die beiden angedeuteten Ereignisse wären, denn es sind »der Abfall« und »der Tag des Herrn«.

 Der Apostel zeigt nun das letztendliche und schreckliche Resultat der Abkehr von Gott, indem er es in einer einzigen Person gipfeln lässt. Der Mensch muss einen Gegenstand der Verehrung haben.
Röm 1 macht dies klar, denn als er sich von der Verehrung Gottes abwandte, tauschte er die Herrlichkeit seines Schöpfers gegen ein in Gleichheit des Geschöpfs gemachtes Götzenbild ein, wenn er auch in gewissem Sinn mit diesem Götzenbild Gott gedanklich verband (2Mo 32,5); daraus folgen zwangsläufig furchtbare moralische Konsequenzen. Aber einige mussten noch weitergehen; der Mensch gab seinem Unwillen Gott gegenüber Ausdruck, indem er die Wahrheit Gottes gegen »die Lüge« eintauschte (Röm 1,25).

 Gott war bis zu einem gewissen Grad beiseitegesetzt und ersetzt, die Sünde vertieft worden, und doch, das Herz des Menschen verlangte nach Anbetung, und Satan füllte das Vakuum aus, und lieferte dem Menschen ständig eine Alternative für sein Herz, bis zu dieser Zeit absoluten Niedergangs, wenn der Mensch sein tiefstes Tief der Schande erreicht, die Frucht seiner Abkehr von Gott und das Ziel allen Götzendienstes, das Auftauchen des Menschen der Sünde.

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Der Ausdruck »der Mensch der Sünde« wird besser übersetzt mit
»Mensch der Gesetzlosigkeit«,
 denn das Wort ist anomia, zusammengesetzt aus dem Wort für »Gesetz« und dem Alpha privativum (das Zeichen für »Abwesenheit, Nichtvorhandensein von«). Vgl. Einh. (»Gesetzwidrigkeit«) Interlinear (»Ungesetzlichkeit«), Jerusalemer, Konkordante, Menge, MNT, Rev.Elberf (»Gesetzlosigkeit«), Zink (»gesetzlos«), Zürcher (»Gesetzesfeindschaft«).

Wer ist dieser »Mensch der Gesetzlosigkeit«? Wenn wir uns mit der Frage beschäftigen, müssen wir natürlich die vielen fantasievollen Auslegungen berücksichtigen, die im Lauf der Kirchengeschichte entstanden sind, besonders wenn die Heiligen es genauso wie die Thessalonicher gemacht haben, nämlich die Prophetie im Licht ihrer eigenen Erfahrung bestimmter Geschehnisse auszulegen.
Darin liegt aber eine große Gefahr, die Schrift allein muss ihre eigene Auslegerin sein.
Doch kamen selbst unter dieser Voraussetzung gottesfürchtige Gelehrte zu verschiedenen Ergebnissen, obgleich allgemeine Übereinstimmung darüber herrscht, dass der Apostel in den folgenden Versen ausreichende Hinweise liefert, aufgrund derer diese schreckliche Persönlichkeit identifiziert werden kann, obgleich die Antwort nicht direkt auf der Hand liegt. Es wird weithin akzeptiert, dass sich diese Stelle auf das in Offenbarung erwähnte »Tier« bezieht, aber dies kann keine vollständige Antwort sein, denn dort wird von zwei Tieren gesprochen, und man muss zugeben, dass die Züge und Eigenschaften von beiden in großem Maß zu der in unserem Kapitel gegebenen Beschreibung passen. Dies hat zu einiger Verwirrung geführt, aber es gibt unterscheidende Faktoren, die die Frage mit ausreichender Klarheit beantworten.

 Wenn wir Schriftwort mit Schriftwort vergleichen, scheint es klar, dass der »Mensch der Gesetzlosigkeit« das zweite Tier von Offb 13 ist, das Tier aus der Erde.

 Uns ist bewusst, dass viele das andere Tier in Entsprechung zu dieser furchtbaren Person sehen.
 Aber welche Ansicht man auch vertreten mag, es muss jedenfalls in dem Bewusstsein geschehen, dass in Fragen der Auslegung von Prophetie keiner ein besonderes Vorrecht genießt, und es deshalb auch keinen Platz für einen Parteigeist gibt.
Wie in allen Fragen christlichen Wandels sind auch hier Takt und Langmut angebracht (siehe den Anhang hinsichtlich des »Menschen der Gesetzlosigkeit«),
Dieser Mensch der Gesetzlosigkeit, und wir wollen deutlich sagen, dass er ein Mensch ist und nicht ein System, ist die Inkarnation des Bösen, wie Christus die Fleischwerdung alles Heiligen, Guten und Wahren ist. Der Ausdruck »Gesetzlosigkeit« zeigt seinen Charakter.

 Anomia bedeutet ohne jegliches Gesetz, und dies wird auch in seiner Beschreibung durch Daniel als »nach seinem Gutdünken handelnd«

(Dan 11,3.36) deutlich, was bewusste, arrogante Perversion und Eigenwillen andeutet. Der Mensch am Tiefpunkt seines Irrwegs, die Sünde ohne Begrenzung, das Fleisch ohne Schranken, die Bosheit wie ein tosender Strom ohne Ufer, keinerlei Zurückhaltung mehr, der Mensch, seinen Machenschaften überlassen, völlig ohne Gott, und Satan das Vakuum mit sich selbst ausfüllend. »Geoffenbart« (apokalyptô) steht in diesem Satz an der Stelle der Betonung und bedeutet, wie bei Christus in 1,7 eine plötzliche Offenbarung von jemandem, der bisher verborgen war; der Ausdruck vermittelt ganz und gar den Eindruck der Handlung einer übermenschlichen Macht.

 Ebenso wie Gottes Sohn geoffenbart werden wird, so wird auch Satan sein abscheu-

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 liches Gegenstück offenbaren (siehe V. 9). »Der Sohn des Verderbens« (apôleia) wird für Judas Iskariot in Joh 17,12 gebraucht; »Sohn« ist ein Hebraismus zur Bezeichnung von Charakter und Schicksal, hier des Verderbens (Zugrundegehens); er wird durch Aktivität charakterisiert, die ihn als für das Verderben bestimmt kennzeichnet (siehe V. 8).

 Die Frage wurde gestellt, ob der »Mensch der Gesetzlosigkeit« identisch ist mit »dem Abfall«.
Während wir dies verneinen müssen, denn jeder Ausdruck hat den bestimmten Artikel, ist es doch notwendig, das Geschehen und die Person als eng miteinander verknüpft zu sehen.
 Abfall zeigte sich bereits seit den frühesten Zeiten der Gemeinde (1Jo 2,18), ebenso wie in Israel; doch in der Endzeit wird er sich beschleunigen und seinen furchtbaren Gipfelpunkt erreichen, wenn die Gemeinde heim in die Herrlichkeit gerufen worden ist.

Die extreme Abscheulichkeit dieses Gott verwerfenden Zustands wird dann so reifen (wenn für solch schreckliche Umstände dieses Wort gebraucht werden darf), dass sie das Auftauchen des Mannes nötig macht, der sie personifiziert.
So ist also »der Abfall« das Geschehen selbst, der »Mensch der Gesetzlosigkeit« das Ziel, das sein Anstifter, Satan, im Auge hatte bei der Verfolgung seiner Absicht, Gott zu entthronen und sich selbst weltweit verehren zu lassen (Jes 14,12-15).

 Der Geist des Antichristen verleugnet den Vater und den Sohn in jedem Zeitalter, aber zu jener Zeit wird dies einen derartigen Grad erreichen, dass diese Leugnung ihren Mittelpunkt in einer Person hat, die sie durch öffentliches Gesetz geschehen lässt.

Dann wird einerseits Israel Jahwe Gott und Seinen Messias verleugnen, und andererseits die Hurenkirche Christus und den Vater, den Er geoffenbart hat.

Auf diese Weise steht der Weg offen für das Tier und seinen Anspruch, Gott zu sein und für Juden und Nationen einheitlich einen falschen Christus zu proklamieren. 4_Dies ist sicherlich die düsterste Beschreibung des Menschen in der ganzen Heiligen Schrift: der Mensch unter der Macht Satans, in trotziger Herausforderung gegen Gott handelnd. In seinem persönlichen Bemühen sich zu erhöhen wird er den Platz jedweder Religionsausübung beanspruchen, bis zu dem Punkt, sich an die Stelle Gottes selbst zu setzen. Welch absoluter Gegensatz ist dieser, der hochmütig »in seinem eigenen Namen« (Joh 5,43) kommt, zu dem, der im Namen Seines Vaters gekommen ist und sich selbst erniedrigt hat, um daraufhin aber von Gott über alles erhöht zu werden (Phil 2).

 Doch in Übereinstimmung mit den Grundsätzen von Gottes gerechtem Gericht wird dieser stolze, ehrgeizige Mensch aufs Tiefste erniedrigt werden (Offb 19,20), bis in Tiefen hinab, die seiner abscheulichen Anmaßung und Sünde entsprechen.

In »welcher widersteht und sich selbst erhöht« vermittelt die wörtliche Wiedergabe des Partizips einen noch tieferen Eindruck vom Charakter des Menschen der Gesetzlosigkeit, nämlich »der sich Widersetzende und sich Überhebende über alles« (MNT, vgl. Interlinear).
 Alle trotzige Herausforderung, Überheblichkeit und starrsinnige Arroganz dieses Widersachers Gottes kommen in dieser kurzen Beschreibung zum Ausdruck. »Welcher widersteht (oder: der sich Widersetzende, der Widersacher)«, von antikeimai, wird in Lk 13,17 für die Widersacher des Herrn Jesus gebraucht; in Gal 5,17; 1Tim 1,10
wird es übersetzt mit »gelüsten wider« bzw. »zuwider sein«.

Es stellt das Tier in seiner Rolle als Antichristus dar, nämlich als den »sich Christus Widersetzenden«.

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 »Sich erhöht« (hyperairô), in 2Kor 12,7 »sich überheben« (Phil 2,9), wird von Bloomfield im Blick auf den Menschen der Sünde als »das äußerste Extrem der Sünde« definiert, während Alford auf die Note trotziger Feindschaft hinweist, die in dem Wort mitschwingt,
auf die auch Darby – im Hinblick auf den Gedanken des sich Widersetzens – aufmerksam macht.

Er beansprucht den Vorrang über »alles Gott genannt Werdende« (so wörtlich, vgl. Interlinear), d.h. über jede Vorstellung einer Gottheit, wahr oder falsch, denn er brüstet sich öffentlich mit seiner Verachtung alles dessen (Dan 11,37).
Furchtbarer Gedanke! »... oder ein Gegenstand der Verehrung« (sebasma, vgl. Apg 17,23) erweitert noch seine Ansprüche auf Ehrerbietung anstelle von allem anderen, was das Herz des Menschen erfüllt, und bezieht sich erst recht auf jede Form von Religion. In »so dass er sich selbst in den Tempel Gottes setzt und sich selbst darstellt, dass er Gott sei« ist »Tempel« naos, das innere Heiligtum (siehe Elberf Fußnote), der Ort, der einst in vergangenen Zeiten durch heidnische Götzenbilder verunreinigt und einmal durch einen anderen »Sohn des Verderbens« durch dreißig Silberstücke entweiht wurde, den Preis seines abscheulichen Verrats. Schon die Worte allein müssen uns einen Eindruck geben von der furchtbar düsteren und schrecklichen Realität dieser Szene, denn dies ist die Verwerfung Golgathas, besiegelt im Herzen des Menschen.

Es gibt keinen Grund, naos als Symbol der Gemeinde zu betrachten. Nicht nur ist die Gemeinde als Voraussetzung für dieses Ereignis bereits entrückt worden, sondern der ganze Hintergrund des Auftretens des Tieres ist die Zusammenführung der abgefallenen Juden- und Christenheit.
Und welch passenderen Platz gäbe es für die Christenheit, als das Endprodukt ihrer Verbindung mit überholten judaistischen Praktiken im Tempel in Jerusalem zu erleben.

 Der Weg, den wir heute beschritten sehen, muss zwangsläufig dorthin führen. »Und sich selbst darstellt, dass er Gott sei« bedeutet nicht, dass er sich als Jahwe ausgibt, sondern dass Jahwe nicht Gott ist, denn Er wurde im Zuge des Abfalls schlichtweg beiseitegesetzt.

 Der Punkt hier ist, dass dort in Jerusalem, wo Gott Seinen Namen hatte wohnen lassen, ein Mensch, ein Jude, behauptete, er, und nicht Jahwe, sei Gott.
Beachten wir das Fehlen des bestimmten Artikels vor »Gott«, was dies bestätigt.
 »Darstellt«, Partizip Präsens Aktiv von apodeiknymi (und mit »sich selbst« verbunden)
 kennzeichnet dies als einen festen Zustand und nicht als vereinzelte Demonstration. Es herrscht allgemeine Übereinstimmung darüber, dass dieser Ausdruck für die Einsetzung eines Würdenträgers in sein Amt verwendet wird oder für die feierliche Proklamation eines Königs bei seiner Thronbesteigung; es hat den Unterton von »nach Recht und Gesetz« und wird in Apg 2,22 auch mit »beglaubigt« (Interlinear) oder »ausgewiesen« (MNT) übersetzt.

In Apg 25,7 wird es mit »beweisen« wiedergegeben. Aber seine hauptsächliche Verwendung ist für Proklamation, öffentliche Deklaration, wie in 1Kor 2,4, wo das Hauptwort apodeixis steht. Siehe auch 1Kor 4,9: (als Schauspiel) »dargestellt«. Der Gedanke der Proklamation in diesem Vers ist sehr stark.
Beachten wir auch den Zusatz des öffentlichen Redens in den verwandten Stellen Dan 11; Offb 13. 5_Wörtlich:
 »Erinnert ihr euch nicht, dass, als ich noch bei euch war, ich dies euch zu sagen pflegte«; manche Grammatiker geben wieder im Sinn von: »ich habe euch diese Dinge immer und immer wieder ge-

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sagt« (vgl. Menge: »... während meiner Anwesenheit bei euch wiederholt gesagt habe«). Dieser Vers ist von beträchtlicher Bedeutung zum Verständnis von
 1._der gegen Paulus in Thessalonich im Nachgang zu ungenauen Berichten über seine Verkündigung vorgebrachten Beschuldigung (Apg 17,7), nämlich dass er angeblich gesagt hätte, »dass ein anderer König sei – Jesus« und

2._der wahren Bedeutung des nächsten Verses, über den sich die Gelehrten im Blick auf die richtige Auslegung des winzigen Wörtchens »jetzt« streiten. Die meisten Ausleger entdecken einen Unterton leisen Ungehaltenseins oder Tadels in diesem Vers, und dies wäre verständlich (auch bei einer stillenden Mutter gegenüber ihren eigenen Kindern).
Denn wenn diese Lehre begriffen worden wäre, wäre die gegenwärtige Schwierigkeit, die zu dem Brief geführt hatte, nicht aufgetreten. Doch scheint es, dass der wirkliche Grund für die in diesem Stil gehaltene Bemerkung des Apostels der ist, dass er jetzt zum entscheidenden Argument der bis jetzt entwickelten Beweisführung gekommen ist, um gegen die Ängste der Thessalonicher anzugehen. Eines kommt jedenfalls klar zum Ausdruck: die Tiefe der Belehrung, die Paulus solch jungen Bekehrten vermittelt hatte und das in der kurzen Zeit, die er bei ihnen verbracht hatte.
Vielleicht ist hier eine Bemerkung zum Vorwurf mancher Kritiker am Platz, manche der Aussagen in diesem Teil des Briefes seien »relativ dunkel und unverständlich«.

 Während man darauf zum großen Teil mit dem Hinweis antworten kann, dass ein Brief an die Familie keiner langen und detaillierten Erklärungen zu sattsam bekannten Familienangelegenheiten bedarf, verdient noch ein anderer Punkt Beachtung.
Der Brief war dazu bestimmt, persönlich überbracht und dann öffentlich vorgelesen zu werden.
Schließlich sollte er zirkulieren und dann (für uns) bewahrt und überliefert werden.
Dadurch wurde eine eventuelle Entdeckung und ein darauffolgendes missverstehen des Briefes (wie auch Paulus’ mündliche Botschaft in Apg 17,7 missverstanden wurde) zu einer Gefährdung der beteiligten Personen. Deshalb, so glauben wir, ist eine gewisse Zurückhaltung bei den Bemerkungen des Paulus durchaus verständlich.
Doch müssen wir um der Ausgewogenheit unserer Aussagen willen auch hinzufügen, dass die Verstehensschwierigkeiten, wie sie von manchen geäußert werden, diejenigen der »Weisen und Verständigen« sind, und es hat Gott Wohlgefallen, sie Unmündigen zu offenbaren, sowohl damals wie auch heute (Mt 11,25; 1Kor 1).
Um von wirklichem Nutzen zu sein, sollte die Verkündigung von der Art sein »dass man sich leicht daran erinnern kann«. Und wir betonen auch wiederum die Wichtigkeit der Wiederholung bereits vermittelte